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Es gibt SaniererInnen und SaniererInnen. So, wie es Ärztinnen und Ärzte sowie Ärztinnen und Ärzte gibt. Man kann sagen, Letztere beherrschen ihren Job, während sich Erstere immer noch damit schwertun, die wahre Ursache eines erkrankten Körpers oder eines in der Krise befindlichen Unternehmens zu durchleuchten. Dann will die Routine und der Blick des vermeintlich Wesentlichen zum Vorschein kommen. Mit ihnen und einer geglaubten Allwissenheit sind Dysfunktionalitäten auch schnell ausgemacht. Bei dem einen ist es etwa das übermäßige Körpergewicht, beim anderen die fehlende Liquidität. Es gibt nichts Offensichtlicheres. 

Symptombehandlungen schaffen Mehrwert…

Eine ausgeprägte Adipositas (Fettleibigkeit) zweiten Grades lässt sich mit einem Diätplan und regelmäßigen Besuchen in eine mit klassischer Musik und verlockenden Illustrierten eingerichteten Praxis durchaus in den Griff bekommen. Eine Frage der Zeit. Woanders allerdings sorgt der Faktor Zeit für Kopfschmerzen. Löhne und Gehälter können nicht mehr bezahlt werden. Lieferantenrechnungen haben schon längst das ausgemachte Zahlungsziel überschritten; MitarbeiterInnen fürchten um ihre Arbeitsverträge. Dort, auch in den unteren Chargen, weiß man eines: Mit InsolvenzverwalterInnen im Hause sinkt auch die Hoffnung auf ihren tiefsten Stand.

Nur kurzfristige Hilfen

Vorerst, denn die Rettung naht in Form von SaniererInnen, mit InvestorInnen im Gepäck und einem erprobten Wissen nebst Fähigkeiten, die man jetzt dringend benötigt. Mit frischem Geld kann und soll saniert werden: Preise werden angehoben. Vertriebskanäle und Kundenstrukturen werden nach dem Pareto-Prinzip optimiert. Gemeinkosten werden abgebaut, und durch die Verschlankung ineffizienter Produktionsprozesse sollen nun auch Köpfe rollen, betriebsbedingt, weil das Organigramm ohnehin geändert worden ist. Man ist jetzt lean, so halbwegs, agil sowieso, und man ist sicher, einen Mehrwert geschaffen zu haben, zumindest für die nächsten zwei oder drei Jahre. 

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Mit drei Ingredienzen gesunden

1. Vitamin L, wie Leistungsfähigkeit:

Ende gut, alles gut? Von wegen. Auch wenn es gelingen sollte, die Finanzierung für eine gesteckte Periode sicherzustellen (dispositive Sanierung), bleiben fundamentale Fragen offen. Denn wer sich in der Krise – und auch sonst nicht – um die Leistungsfähigkeit innerhalb des Unternehmens kümmert, der wird eines Tages bekümmert. Und Kummer macht krank. Sind Kompetenzen und Kapazitäten vorhanden, um sich den Herausforderungen im Markt langfristig zu stellen? Ist man technisch als auch mental entwicklungsfähig? Wie ist es mit Innovationen und der Kontinuität bestellt? Denn Leistungsabfälle werden immer mit Ignoranz bestraft. Insofern sind folgende, sorgenmindernde Aspekte zu berücksichtigen:

  • Portfolio-Analysen und -Optimierungen
  • Transparente Darstellung der KundenInnenbedürfnisse
  • Optimierung der Aufbauorganisation, Lean Workflow 
  • Qualitative & quantitative Anpassungen des Managements, Kompetenzmanagement

2. Vitamin S, wie Strategie:

Der Verdienst um das liebe Geld ist keine Erfolgsgröße; er ist eine Folgeerscheinung, wenn alles richtig gemacht wurde. Eine nachhaltige Sanierung benötigt also einen tieferen Atemzug. Nicht nur, weil der Mensch heute nach Sinnhaftigkeit fragt, müssen demnach Leitbilder (Visionen und Grundsätze) geschaffen werden. Berechtigterweise will er wissen, wohin die Reise geht, damit er sich mit den Zielen und den dazugehörigen Maßnahmen identifizieren kann. Unabdingbare Heilmittel ohne Placebo-Effekte sind hier zu finden: 

  • SWOT-Analysen, Strategische Erfolgsfaktoren
  • Definition der Geschäftsfelder/Geschäftseinheiten
  • Markt- und Wettbewerb
  • Mehrwert innen und außen: Purpose

3. Vitamin M, wie Mensch:

Das Ziel der strategischen Sanierung ist die Erschaffung, die Erhaltung und der Ausbau der Erfolgsfaktoren. Man tut gut daran, die Software, die in unserem Verstand verankert ist, den Gegebenheiten anzupassen, denn nur der Mensch kann erfolgreich sein. Will man einen langfristigen, nachhaltigen Erfolg, müssen Maßnahmen etabliert werden, mittels derer MitarbeiterInnen Anreize entwickeln, Potentiale im beiderseitigen Interesse zu entdecken und zu steigern. Die Wissenschaft hat bereits auf bestimmte Selbstgesundungsmechanismen hingewiesen. Dennoch:

Bei

  • Mitarbeiterbindungsplänen,
  • Individuellen Weiterbildungsmaßnahmen, Trainings & Coachings,
  • Wertschätzung durch Aufmerksamkeit & Respekt, 
  • und bei Förderung einer selbstlernenden, verantwortungsvollen Organisationen

wurden noch nie schädliche Nebenwirkungen entdeckt. 

Fazit: Die Ursache finden und bekämpfen

Es gibt SaniererInnen und SaniererInnen. So, wie es Ärztinnen und Ärzte sowie Ärztinnen und Ärzte gibt. Einer solcher Ärzte hat bei jenem korpulenten Patienten die Gesundung darin sehen wollen, Eheberatungsgespräche zu verschreiben. Da war nämlich nichts Pathologisches zu finden. Lediglich die Tatsache eines ehelichen Auseinanderlebens, das emotionale Störung hervorgerufen hatte. Das Gefühl der Nutzlosigkeit und der Vernachlässigung wollten durch bewusstlose Attacken der Nahrungsmittelzufuhr kompensiert werden. 

Ralph Goltdammer

Ralph Goltdammer ist selbständiger Unternehmensberater und Interim Manager für Restrukturierung und Transformation und assoziierter Partner von Dr. Kraus und Partner, die Change Berater. Kontakt: r.goltdammer@goltdammer-partner.de

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