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Was haben Lieferdienste wie Deliveroo oder Foodora, Uber-Fahrer und TaskRabbits gemeinsam? Sie alle sind Teil der Gig Economy, und ihre Auslegung von Angestelltenverhältnis könnte tatsächlich zu neuen Arbeitsgesetzen führen.

Schon im Juli 2017 veröffentlichte Matthew Taylor die Forderung, dass eine neue Kategorie Arbeitnehmer geschaffen werden soll, die den Beschäftigten in der Gig Economy die nötigen Sozialleistungen und angemessenen Lohn gewährleisten könnte. Gerade, weil man ihnen nicht den Status eines Vollzeit-Mitarbeiters und die damit verbundenen umfassenden Arbeitsschutzgesetze geben kann.

Woher kommt der Begriff ,,Gig Economy“?

Der Name “Gig Economy“ beschreibt alle Tätigkeiten, bei denen die Hauptaufgabe in kleinere individuelle Arbeiten, ähnlich wie “Gigs“ (englisch für bezahlten Auftritt) unterteilt wird. Für diese Art von Jobs gibt es noch andere Bezeichnungen, wie :

  • “Sharing Economy“: z.B. Airbnb, Carsharing
  • „Collaborative Economy“
  •  “Plattformökonomie“

Im Mittelpunkt stehen app-basierte Plattformen, welche die Arbeit in kleinen Einzelaufträge unterteilen.

Dabei ist es egal ob es sich um Lieferungen, Fahrgastbeförderung oder das Reinigen von Wohnungen handelt. Doch Gig Economy-Mitarbeiter können genauso gut für traditionellere Unternehmen arbeiten, die lediglich die Funktionen der Plattformökonomie für ihr Personalsystem verwenden. Lieferfahrer für Hermes beispielsweise arbeiten ebenfalls immer nur Auftrag für Auftrag – und bei ihrem Arbeitgeber kann man nicht gerade von einem Startup sprechen.

Gig Working & Null-Stunden-Verträge

Die Gig-Economy hat einige Ähnlichkeiten mit den sogenannten Null-Stunden-Verträgen. Beide behandeln die Arbeitskräfte als Vertragspartner und bieten keine Lohngarantie. Der Unterschied: Angestellte der Gig-Economy werden normalerweise pro Stück bezahlt, beispielsweise mit einem Pauschalpreis, um ein Paket zu liefern oder einen Fahrgast an einem bestimmten Ort zu bringen. Innerhalb eines Null-Stunden-Vertrags wird der Arbeitende dagegen stündlich bezahlt, allerdings ohne ein festgelegtes Minimum.

Die #Mitarbeiter werden im Unklaren gelassen, wie viel genau sie verdienen. #GigEconomy Klick um zu Tweeten

Beide Arbeitsformen sind das Ergebnis von Bestrebungen der Unternehmen, die Personalkosten zu senken und gering zu halten.

Pro und Contra der Gig Economy

Führende Unternehmen der Gig Economy-Branche argumentieren damit, dass sie die nötige Flexibilität mitbringen, um den Arbeitnehmer selbst entscheiden zu lassen, wann genau er arbeiten möchte. Kritiker hingegen sagen, dass es den Arbeitnehmern nicht nur an Schutz und fairer Bezahlung fehlt, sondern auch, dass die Rollen nicht so flexibel sind, wie sie scheinen.

Die Arbeitskräfte werden mit bestimmten Anreizen motiviert oder unter Druck gesetzt, dann zu arbeiten, wenn die Unternehmen sie brauchen.

Darüber hinaus werden den Arbeitnehmern keine Leistungen wie Urlaubs- oder Krankengeld gezahlt, und Berichte deuten darauf hin, dass einige Unternehmen nicht einmal den Mindestlohn zahlen. Das ist rechtlich deshalb möglich, weil Gig-Arbeiter nicht für die Unternehmen als Angestellte arbeiten, sondern als unabhängige Selbständige gesehen werden.

Wie können diese Probleme gelöst werden?

Taylor hofft darauf, die Problematik zu beheben. Sein Vorschlag: Die Regierung muss eine neue Kategorie von Arbeitnehmern schaffen, die als „abhängige Auftragnehmer“ bezeichnet werden und zwischen Auftragnehmern und Vollbeschäftigten eingeordnet werden.

Der gewerkschaftliche Dachverband Großbritanniens (Trades Union Congress) hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass der Staat bei Unterbezahlung der Arbeitnehmer weniger an Steuern und Sozialversicherung verdient und dagegen mehr an Krediten und Leistungen zahlen muss. Sie berechnen den Verlust auf Milliarden Pfund pro Jahr.

Reaktion der britischen Regierung

Als Antwort auf Taylors Forderung, erklärt die Regierung nun, dass es eine strengere Durchsetzung der Rechte auf Urlaubs- und Krankengeld für Beschäftigte in der Gig Economy geben wird. „Wir wollen neue Arbeitsformen einführen.“, so Wirtschaftsminister Greg Clark.

Die Gewerkschaften kritisieren die Pläne der Regierung, wonach 1,8 Millionen Arbeitnehmer noch immer ohne die grundlegenden Rechte auskommen müssen.

1,3 Millionen beschäftigte Briten in der Gig Economy

Die Zahl der derzeit Beschäftigten in der Gig Economy ist schwer zu schätzen. Laut einem parlamentarischen Bericht sind 15 Prozent der britischen Arbeitnehmer selbständig – das wären etwa fünf Millionen Menschen. Allerdings arbeiten davon nicht alle in der Gig Economy, sondern es werden auch traditionelle Freelancerrollen und Tätigkeiten als Auftragnehmer dazugezählt.

Das Chartered Institute for Professional Development schätzt, dass im Jahr 2017 rund 1,3 Millionen Briten in der Gig Economy beschäftigt waren, während die Gewerkschaften davon ausgehen, dass jeder zehnte britische Arbeiter in “ unsicherer Arbeit „ beschäftigt ist. Das rasante Wachstum der Gig-Wirtschaft deutet darauf hin, dass dies das Trend-Modell der Zukunft ist.

Sind mangelnde Arbeitsplatzsicherheit, niedrigere Löhne und schlechte Arbeitgeberleistungen also wirklich die Zukunft, die wir aufbauen wollen?

Dieser Artikel wurde von Nicole Kobie auf Englisch verfasst und am 14.09.2018 auf www.wired.co.uk veröffentlicht. Wir haben ihn für euch übersetzt, damit wir uns mit unseren Lesern zu relevanten Themen austauschen können!

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