Die Verhandlungsführung ist eine der Kernaufgaben jeder Einkaufsabteilung. Die Anforderungen an ein erfolgreiches Verhandlungsmanagement sind jedoch in den einzelnen Branchen mitunter sehr unterschiedlich. Insbesondere in Branchen, in denen Marken einen hohen Stellenwert haben – wie zum Beispiel der Mode-, Schmuck- und Uhrenhandel – stellen die Lieferantenverhandlungen eine große Herausforderung dar.
Warum sind Preisverhandlungen mit Lieferanten so schwer?
Um die Exklusivität der im Portfolio befindlichen Marken zu steigern, verknappen einige Lieferanten künstlich ihr Angebot. Diese Lieferanten sorgen so für eine höhere Nachfrage und können dann in der Regel zwischen ihren Kunden wählen. Konditionsverbesserungen sind mit diesen Lieferanten nur schwer auszuhandeln.
Ebenso verteilen sich Lizenzrechte vieler Marken auf einige wenige international tätige Konzerne, was die Verhandlungsmacht der Lieferanten ebenfalls stark erhöht. Dies sind nur einige Eigenheiten, die Konditionsverhandlungen mit Markenlieferanten zu einer großen Herausforderung machen.
So meistern Sie Verhandlungen erfolgreich:
Wie also können unter diesen erschwerten Bedingungen Verhandlungserfolge erzielt werden?
Eine gründliche Verhandlungsvorbereitung ist hierbei essenziell wichtig und entscheidend für den Verhandlungserfolg. Dementsprechend sollte die sogenannte 80/20-Regel befolgt werden, die besagt, dass
- 80 Prozent der für die Verhandlungen verfügbaren Kapazitäten auf die Verhandlungsvorbereitung und
- die restlichen 20 Prozent auf die Durchführung und Nachbereitung der Verhandlungen verwendet werden sollen.
So erarbeiten Sie Ihre Verhandlungsposition!
1. Schritt: Sie müssen Ihren Lieferanten kennen!
Um die eigene Verhandlungsposition identifizieren zu können und in Verhandlungen mit Markenlieferanten zu bestehen, ist die Grundvoraussetzung, den Lieferanten und den Markt, in dem er sich bewegt, zu kennen. Deshalb sollten alle wichtigen Schlüsselfragen erschöpfend beantwortet werden. Zu diesen Fragen gehören zum Beispiel:
- Welcher Umsatz wird in Zukunft mit dem Lieferanten erwartet?
- Wie entwickelten sich die Marktanteile des Lieferanten in der Vergangenheit?
- Wie hoch ist unser Anteil des Einkaufsvolumens am Gesamtumsatz des Lieferanten (A-/ B-/ C-Kunde)?
- Gibt es Alternativen zu den Marken des Lieferanten, die von den Kunden ebenfalls angenommen werden?
- Welches Geschäftsergebnis hat der Lieferant im vergangenen Jahr erzielt?
- Was kauft der Lieferant wo ein?
- Wie hat sich der Rohmaterialpreis in der Vergangenheit entwickelt?
Als Informationsquellen können
- Branchenzeitschriften,
- Verbände, der Bundesanzeiger,
- Marktforschungsinstitute,
- externe Experten oder
- Lieferanten
- sowie die Fachabteilungen und
- das eigene ERP-System
herangezogen werden.
Das eigene ERP-System sollte es hierbei idealerweise ermöglichen, eine „Netto-Netto-Marge“ je Artikel, Warenbereich, Standort etc. auszuweisen.
Was ist die „Netto-Netto-Marge“?
Die „Netto-Netto-Marge“ ist die Darstellung des Rohertrages, der um entstehende Kosten für beispielsweise Displays, Shop-In-Shops etc. bereinigt und um gewährte Konditionen des Lieferanten wie z.B. Werbekostenzuschüsse, Umsatzboni usw. ergänzt wurde.
Dieser Wert ermöglicht den Vergleich der einzelnen Markenlieferanten. Beantwortet man anhand dieser Quellen gründlich alle Schlüsselfragen, erhält man Auskunft über die eigene Verhandlungsposition gegenüber dem Lieferanten.
So lohnt sich zum Beispiel ein Blick in den Geschäftsbericht des Lieferanten. Dieser kann über den Bundesanzeiger oder auch auf der Homepage des Lieferanten eingesehen werden. Beispielsweise kann anhand des Geschäftsberichts der eigene Umsatzanteil bei dem Lieferanten ermittelt werden. Umso höher der eigene Anteil am Umsatzvolumen des Lieferanten ist, umso stärker ist die eigene Verhandlungsposition.
2. Schritt: Analysieren Sie die Kostenstruktur Ihres Lieferanten!
Die Kostenstruktur des Lieferanten zu analysieren, hilft zudem zu verstehen, wie das Gegenüber in den Verhandlungen „tickt“. Entfallen zum Beispiel ein Großteil der Kosten des Lieferanten auf Rohmaterialien und nur ein geringer Anteil auf Personalkosten und sonstige fixe bzw. variable Kosten, so ist die Entwicklung des verwendeten Materials entscheidend für den Profit des Lieferanten.
Beispiel: Der Silberpreis in der Schmuckbranche
Der Silberpreis ist beispielsweise in dem letzten Jahr signifikant um mehr als 25% gesunken. Verwendet ein Markenlieferant in der Schmuckbranche hauptsächlich Silber in seinen Produkten und wurden die Preise in der Vergangenheit nicht an die Silberpreisentwicklung angepasst, können so erste Forderungen an den Lieferanten begründet werden.
3. Schritt: Kennen Sie Ihre Druckpunkte & Anreize!
Es sollten außerdem alle Anreize und Druckpunkte identifiziert werden, die in den Verhandlungen angesprochen werden können.
1. Anreize für die Verhandlung mit Ihrem Lieferanten:
Mögliche Anreize, um den Lieferanten zu Zugeständnissen zu bewegen, könnten z.B.
- die Aufschaltung neuer, zusätzlicher Sortimente in Testfilialen oder
- die Änderung des Bestellverhaltens, z.B. durch Reduzierung von Einzelbestellungen, sein.
2. Druckpunkte für die Verhandlung mit Ihrem Lieferanten:
Als Druckpunkte, um den Lieferanten zur Erfüllung der Forderungen zu bewegen, können je nach Verhandlungsposition und -situation beispielsweise
- die Streichung von Promotionen oder
- die Auslistung eines Sortiments in Erwägung gezogen werden.
Vorsicht: Anreize & Druckpunkte bedacht einsetzen!
Zu beachten ist hierbei, dass in den Verhandlungen geäußerte Anreize oder Druckpunkte auch tatsächlich in der Praxis durchgesetzt werden. Es muss deshalb vorab genau definiert werden, was ein solches Vorgehen das eigene Unternehmen zusätzlich kostet. Nennt man Anreize oder Druckpunkte, die dann nach den Verhandlungen nicht erfüllt werden, so hat man an Glaubwürdigkeit gegenüber dem Lieferanten eingebüßt und ist in dem nächsten Jahresgespräch in einer schlechteren Ausgangsposition.
Die weiteren Teile dieser Serie nicht verpassen!
In den nächsten Teilen dieser Serie erfahren Sie die weiteren Schritte zu den Faktoren:
- Definition der Verhandlungspunkte und Verhandlungsziele
- Entwicklung der Argumentationskette
- Planung des Verhandlungstermin
Die Autoren dieses Artikels sind Jan Laakmann, welcher als Project Manager für Höveler Holzmann Consulting arbeitet, Deborah Kanthack, Consultant für die Höveler Holzmann Consulting sowie Dr. Bernhard Höveler.
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