Der Vortrags- und Firmeneventmarkt ist eine Wachstumsbranche. Jährlich gibt es eine siebenstellige Zahl von Veranstaltungen, in denen Kunden „gebunden“, begleitende Damen unterhalten, Mitarbeiter und Führungskräfte fortgebildet werden; Einzelcoachings, Trainings oder Supervisionen noch nicht mitgezählt. Für Jahresauftakt, Jubiläen, Weihnachtsfeiern, Hauptversammlungen etc. gibt es weiteren Bedarf an Rednern. Es werden jährlich mehr als 20 Milliarden Euro in Deutschland dafür ausgegeben.
Vom Stiefkind zum Bullenmarkt
Getrieben wird das Wachstum in diesem Markt von zwei Trends, 1. dem Wissenszeitalter, das als Tribut von seinen Kindern stets und ständig berufliche und persönliche Weiterentwicklung fordert und 2. den neuen Biografien. Viele Menschen entdecken gerade in der Lebensmitte, dass ihr bisheriges berufliches Leben sie nicht mehr erfüllt oder sich mit ihren Werten nicht mehr deckt, und werden nicht etwa Bäcker, Lehrer oder Blumenhändler sondern Berater, Trainer oder Referent. Oft spielen persönliche Erlebnisse eine Rolle, die sie erkennen lassen, wie wichtig es ist, umzudenken und dass uns die nötigen Handwerkszeuge dafür fehlen. Andererseits locken die Chancen eines freien Marktes, auf dem es keine allgemein gültigen Gütesiegel oder Zulassungsvoraussetzungen gibt.
Angespornt durch Bücher erfolgreicher Referenten hoffen immer mehr Menschen mit scheinbar schneller Arbeit sehr viel Geld zu verdienen. Doch abgesehen davon, dass maximal 5% der Freiberufler Millionäre werden, gibt es inzwischen ein Überangebot von Trainern und Referenten, und in Unternehmen wird nicht nur in Zeiten der Wirtschaftskrise bei den Investitionen in Mitarbeiter gestrichen und gespart.
Dies hat zur Folge, dass auf der einen Seite Unternehmen Preise drücken und insbesondere Trainer für Einkünfte arbeiten – um überhaupt zu arbeiten – für die sie in keinem Angestelltenverhältnis antreten würden.
Auf der anderen Seite gibt es außergewöhnlich erfolgreiche Referenten, von deren Honoraren andere nicht einmal träumen. Wenn Jörg Löhr, Matthias Horx und Gertrud Höhler EUR 12.000 für einen Vortrag erhalten (FAZ 22.1.2012), lassen diese Aussichten die Träume der Neueinsteiger in die Wolken wachsen. Vergessen wird dabei, dass dahinter Marken und Positionierungen wie bei anderen Luxusgütern stehen, die jahrelang erarbeitet sind und eher mit den Menschen als mit dem Thema zu tun haben.
Petra Spiekermann von PSPR berät Referenten in Sachen PR und weiß: „Derzeit kommen viele Trainer in den Referentenmarkt, die ihre Trainingsthemen einfach nur umbauen. Manchen locken die guten Verdienstmöglichkeiten, ohne dass klar ist, dass Topreferenten mit Tophonoraren auch richtig Zeit in Thema und Tiefgang investieren“.
Wer soll sich im Angebotsdschungel zu Recht finden?
Noch entscheidender aber ist, dass Unternehmen gar keinen Überblick mehr haben können, wer zu welchem Thema der geeignete Referent für ihre Veranstaltungen ist und den qualitativen Erwartungen genügt. Der Markt wird durch die Vielzahl der Angebote und Anbieter immer intransparenter. „Etwa 35.000 Coaches tummeln sich hierzulande, nur etwa 5.000 davon gelten als seriös.“ (Zeit-online 2011) Die Gefahr, Geld und Zeit falsch zu investieren, wächst.
Glaubt man den „Stimmen“ auf den Homepages von Vortragsanbietern, gibt es ausschließlich zufriedene Kunden. Spricht man mit Unternehmen, klingt das etwas anders. Da erkennt man erst auf der Bühne, dass die Fotos des Referenten auf der Webseite viele Jahre alt sein müssen, der schwäbische Dialekt in Hamburg ganz schlecht ankommt oder der Kontakt zum Publikum einfach nicht zustande kommt. Wolfgang Fessler, Geschäftsführer der Fessler-Mühle bringt es auf den Punkt: „Wenn sich Referenten, aber auch Musiker oder Mitarbeiter vorstellen, wird oft manches versprochen, was dann nicht gehalten wird. Es passt auch nicht jeder gute Referent zu jedem Event. Da muss genau abgestimmt werden. Und am Ende bleibt es immer spannend, ob der Referent die Vorstellungen tatsächlich erfüllt.“
Häufig werden Events von ohnehin schon unter Zeitmangel stehender Assistenz geplant. Und auch die Personalabteilungen haben so viel anderes zu tun, dass eine strategische und punktgenaue Vorbereitung kaum geleistet werden kann. Im Ergebnis werden gern hauseigene Referenten gebucht oder die genommen, die man schon immer hatte. Das kann funktionieren, muss aber nicht. Erstere bringen keine externen Perspektiven, letztere werden den Anforderungen an neue Themen eventuell nicht gerecht. Denn alle befragten Experten waren sich einig, dass eine große Trendwende stattgefunden hat. Wurden bislang vorwiegend Fachthemen und Skills wie Kommunikation angeboten, sind jetzt Themen der Persönlichkeitsentwicklung und Motivation gefragt.
(Bild: © scusi – fotolia.de)
In der Tat, das ist wohl so. Hinzu kommt, dass auch die Themen alle rauf- und runtergenudelt sind. Am erfolgreichsten sind heute die Speaker, die entweder hochspezialisiert sind und Tips für den beruflichen Alltag geben können oder Referenten, die in der Lage sind, ganz ungewöhnliche Verknüpfungen in bekannten Thema herzustellen (Kultur/Business o.ä.). Drittens werden ja die Personen mit einem außergewöhnlichen Lebenswandel gesucht (Weltumsegler, Marathonläufer, Nonnen, Einsiedler…). Unternehmen finden im Markt schon das Richtige. Vielleicht ist es aber auch Aufgabe der Redner selber, die Unternehmen zu beraten und nicht darauf zu warten, dass der Unternehmer Vorgaben macht. In der Regel kann er das nicht, will er das nicht und macht es auch nicht. Und dann kommt eben der tägliche MischMasch raus….
Ein klasse Beitrag!
Vielen Dank!
Ich kenne zufällig einige Trainer, da ich in unserem Unternehmen noch das Glück habe geschult zu werden. Viele schmimmen einfach nur so mit, doch es gibt einige die wirklich obenauf sind. Die Gewinner sind wie immer diejenigen die Qualität liefern und nicht einfach nur ihr Programm abspulen.
Vor allem bei Trainern merkt man sehr schnell ob diese motiviert sind und hinter dem Programm stehen bzw. dafür brennen oder nicht.
DIe 9 goldenen Regeln finde ich richtig passend.
Cheers
Anton
Bitte, bitte :) gern geschehen und vielen Dank für das positive Feedback!
Grüße aus der Redaktion