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Führungskräfte als ReputationsbotschafterViele Unternehmen nutzen Lean Management primär als Instrument, um top-down die Prozesse zu optimieren. Hierdurch werden zwar kurzfristige, aber keine nachhaltigen Erfolge erzielt. Letztere setzen einen Wandel der Unternehmenskultur und der Einstellungen der Mitarbeiter voraus.

Dr. Maier, der bei der Firma Müller für das Einführen eines Lean Management-Systems nach Vorbild von Toyota verantwortlich ist, versteht die Welt nicht mehr. Er besuchte zahlreiche Veranstaltungen zur Einführung von „Lean“. Zudem las er alle auf dem Markt sich befindenden Bücher und Publikationen zum Thema. Und die Abteilungsleiter in den Bereichen Fertigung, Logistik, Einkauf und Entwicklung? Sie wurden intensiv geschult und können über „SMED, Poka Yoke, Kaikaku und Co“ beinah im Schlaf referieren.

Kurz gesagt: Das Unternehmen scheute in den letzten Jahren keinen Aufwand, um die Mitarbeiter auf die Lean- Methoden und -Tools zu schulen. Und alle Führungskräfte haben das Einführen von „Lean“ in ihren Zielvorgaben stehen. Und es gibt sogar ein Team, das sich ausschließlich mit dem Einführen von Lean Management befasst.

Trotzdem bleiben die erhofften Ergebnisse aus. Und das Management? Es sitzt Dr. Maier im Nacken. Es erwartet konkrete Resultate, die aber nicht so recht kommen wollen. Dabei war Dr. Maier so zuversichtlich. Eindrucksvoll sprach er beim Kick-Off zum Auftakt des Projekts über die stärkere Kundenausrichtung, die stabilere Qualität und das alles bei niedrigeren Kosten als Folge der Einführung eines Lean Programms. Und die kontinuierliche Verbesserung als Erfolgsgarant, um sich schneller auf neue Marktgegebenheiten einzustellen zu können? Die wollte er sozusagen nebenbei miteinführen. Denn sein damaliges Credo lautete: So schwierig kann das Einführen von Lean nicht sein; folglich wird es in unserer Organisation auch keine Probleme hiermit geben. Doch nun sitzt er sozusagen in der Patsche, weil er nicht wie versprochen liefert.

Dr. Maier ist nicht der einzige Manager und Organisationsentwickler, der die beschriebenen Erfahrungen beim Einführen eines Lean-Programms macht. Obwohl Lean Management bereits seit Jahren ein feststehender Begriff in zahlreichen Managementbüchern und Unternehmensleitlinien ist, kapitulieren viele Firmen bei der Einführung und kommen früher oder später von der „Lean-Mode“ ab, weil die erhofften Ergebnisse ausbleiben.

Ziel: Verschwendung – aus Kundensicht – vermeiden

Was steht eigentlich genau hinter Lean Production und Lean Management? Lean Production (Schlanke Produktion) wird oft auch mit den Worten „weniger ist mehr“ beschrieben. Das heißt: Alle Aktivitäten, die aus Kundensicht nicht wertschöpfend sind und für die der Kunde folglich auch nicht bereit ist, zu bezahlen, sollen aus der betrieblichen Tätigkeit eliminiert werden. Ziel ist es, jede Art von Verschwendung (Japanisch: Muda) entlang der Wertschöpfungskette zu vermeiden. Mittels einer konsequenten Ausrichtung der Fertigung an den Bedürfnissen der Kunden, sollen bei der Lean Production

  • qualitativ hochwertige Produkte
  • bei höchster Liefertreue
  • zu geringsten Durchlaufzeiten
  • zu angemessenen Kosten

hergestellt werden. Dabei steht die Arbeitsqualität der Mitarbeiter im Fokus. Denn nur gute Mitarbeiter können gute Produkte herstellen. „Die meisten Automobilisten bauen gute Autos. Wir ‚bauen‘ gute Leute und die bauen gute Autos.“ So lautet ein Credo von Toyota.

Toyota ist mit seinem Toyota Production System, kurz TPS genannt, das Benchmark für Lean Production. Als Kernelemente von TPS gelten:

  • eine Synchronisierung der Prozesse,
  • eine Standardisierung der Prozesse,
  • das Vermeiden von Fehlern,
  • das Verbessern der Produktionsanlagen und
  • eine systematische Qualifizierung der Mitarbeiter.

Dahinter steckt das Ziel einer kontinuierlichen Verbesserung (Japanisch: Kaizen). Dieses wird in der Unternehmensphilosophie von Toyota formuliert: „Wir wollen langfristig als Unternehmen überleben, indem wir verbessern und weiterentwickeln, wie wir gute Produkte für den Kunden produzieren.“

Lean Management: mehr als Tools und Methoden

Lean Management bezeichnet laut Lehrbuch die Gesamtheit der Methoden, Denkprinzipien und Verfahrensweisen zur effizienten Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette industrieller Güter. Wird diese sehr nüchterne Beschreibung dem Lean Management gerecht? Ist Lean Management nicht vielmehr eine Philosophie und damit keine reine Anwendung von Lean-Tools und -Methoden?

Lean Management verfolgt das Ziel, sowohl unternehmensübergreifend als auch unternehmensintern eine starke Kundenorientierung bei konsequenter Kostensenkung für die komplette Wertschöpfungskette zu erreichen. Die grundlegenden Gedanken sind hierbei, Probleme zu lösen, verbunden mit einer kontinuierlichen Verbesserung. Lean Management zielt deshalb darauf ab, Probleme an die Oberfläche zu holen und sichtbar zu machen – anstatt sie zu verstecken. Doch wo Probleme identifiziert und analysiert werden, werden auch Fehler benannt, und wer gibt schon gerne Fehler zu? Und welches Unternehmen „belohnt“‘ Mitarbeiter, die Fehler machen, beziehungsweise Probleme aufdecken? Dabei ist es gerade das der Kern von Lean Management: eine (Unternehmens-)Kultur zu schaffen, die Fehler nicht wie üblich, verurteilt, sondern ebenso wie die erkannten Probleme als Möglichkeit sieht, sich weiterzuentwickeln und zu verbessern.

(Bild: © FotolEdhar – Fotolia.de)

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Dominique Keith

Dominique Keith arbeitet für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal. Sie ist auf das Themenfeld Lean- und Changemanagement spezialisiert. Kontakt unter: dominique.keith@krauspartner.de, Tel.: 07251/989034.

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