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Reden ist ein permanenter Kampf gegen Langeweile, Desinteresse und Müdigkeit. Vielleicht überlegen sich einige, wo der Redner wohl seine Krawatte gekauft hat? Vielleicht ist so mancher gedanklich noch/schon wieder auf der Autobahn? Wenn es dem Redner nicht gleich zu Beginn gelingt, das Interesse zu wecken, die Zuhörer aus ihrer Gedankenwelt herauszureißen, kann er sagen, was er will: Man hört ihm nicht zu!

In Amerika gibt es eine Erfolgsformel. „They won’t like you, if they don’t like your show.” Frei übersetzt heißt das: Zuhörer werden einem Redner nur dann folgen, wenn es ihm gelingt, eine gute Show hinzulegen. Dieser Meinung war übrigens auch unser Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt. „Ein Rednerpodium war für mich immer auch Bühne. Eine Bühne, auf der ich inszeniert habe. Ich habe Wert darauf gelegt, nicht nur die Inhalte ´rüberzubringen`, sondern meinen Zuhörern auch – auf hohem Niveau – Vergnügen zu bereiten.“ Nicht umsonst verbinden wir mit großen Persönlichkeiten oft ihre eindrucksvollen Reden oder einzelne Schlüsselsätze daraus. „Ich bin ein Berliner“, „I have a dream“, „Yes we can“ – einfache Worte, die Weltgeschichte geschrieben und sich dauerhaft ins Gedächtnis ganzer Generationen eingebrannt haben. „Wir sind das Volk“, vier einfache Worte! Aber sie haben die Mauer zum Einsturz gebracht.

Ohne Vorbereitung kein Ergebnis

Zuhörer sind wählerisch. Sie hören nicht jedem gerne zu. Sie interessieren sich nicht nur für das Thema. Sie lassen sich nur darauf ein, wenn es so dargeboten wird, dass es für sie unterhaltsam ist. Gute Redner sollten deshalb bei den Köchen in die Schule gehen. Vielleicht könnten sie dort lernen, wie man eine Rede zubereitet und schmackhaft macht, wie man sie garniert, denn auch das Auge will mit essen. Bei vielen Reden hat man den Eindruck: Salz und Pfeffer hätten der Rede gut getan, und nicht selten merkt man, dass zu viel Sahne oder Zucker den Geschmack verdorben hat. Auch eine Rede braucht ihre Zeit: Man sollte sie deshalb nie zu früh aus dem Ofen holen. Oder das Ergebnis der Kochkunst zu früh ans Pferd verfüttern. Pferd? Ja genau! So wie der Reiter sein ungestümes Pferd mit dem Zaumzeug leichter bändigt, bändigen auch Redner die ungestüme Vielfalt Ihrer Gedanken, Ideen und Vorstellungen, indem sie beim Vorbereiten einer Rede mit der Systemformel Z-A-U-M arbeiten:

  • ZIEL: Was will ich mit meinem Vortrag überhaupt erreichen?
  • ADRESSE: Wer sind meine Zuhörer? Wen will ich mit meinem Wort erreichen?
  • UMFELD: Wie sieht das Kommunikationsumfeld aus, der Ort also, an dem ich rede?
  • MITTEL: Welche Mittel kann ich einsetzen? Wie schaffe ich den Weg vom ersten Arbeitstitel bis zum fertigen Manuskript?

Ein starker Schluss ist Gold wert

Ein Redner redete und redete, bis die Zuhörer einer nach dem anderen aufstanden und gingen. Schließlich blieb nur noch ein einziger Mann übrig, der neben dem Redner auf dem Podium stand. Dem wandte sich der Redner zu und sagte: „Wenigstens Sie scheinen ein Gentleman zu sein.“ Darauf der Angesprochene: „Bedaure, ich bin kein Gentleman, ich bin der nächste Redner.“ 90% aller Redner hören gewöhnlich auf, indem sie ihr Manuskript zusammenklappen und sagen: „Das war’s“, „Das wäre es gewesen“, „Das war eigentlich das Wichtigste“ oder „Danke für Ihre Aufmerksamkeit.“ Alles Phrasen und verstaubte Floskeln. Ein Grundsatz erfahrener Schauspieler heißt: „Reiß Sie noch einmal von den Stühlen, bevor der Vorhang fällt.“ Für den Redner gilt das Gleiche. Der Schluss muss ein strategischer Höhepunkt sein, er muss den gesamten Redebeitrag überstrahlen. Wie hat der damalige Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni am 10. März 1998 – im Rahmen einer Pressekonferenz – seine äußerst emotionale Wutrede beendet? „Ich habe fertig.“

Meisterhafte Rhetorik gilt als Schlüsselqualifikation und gehört beruflich und gesellschaftlich zu den gefragtesten Kompetenzen. Trotzdem rattern Vorstandsvorsitzende blutleeren Text herunter, stammeln sich Unternehmer und Führungskräfte durch Power-Point-Präsentationen. Warum nutzen immer noch so wenige Menschen das Potential ihrer Persönlichkeit, um andere Menschen mit dem, was und wie sie etwas sagen, zu berühren, zu bewegen und zu begeistern?

(Bild: © blue67sign – Fotolia.com)

Gerhard Reichel

Gerhard Reichel, Institut für Rhetorik, hat sich in mehr als 30 Jahren einen exzellenten Ruf als Rhetorik-Trainer erarbeitet. Unternehmer, Politiker und Führungskräfte schätzen das Know-how und die Persönlichkeit des mehrfachen Buchautors und gefragten Referenten. Sein 1975 gegründetes Institut für Rhetorik zählt mittlerweile zu den ersten Adressen Deutschlands. Seit 1997 ergänzt Oliver Reichel mit den Spezialgebieten Rhetorik und Mnemotechnik das Programm.

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One Comment

  • Lieber Herr Reichel,

    vielen Dank für diese treffende und realistische Darstellung der
    traurigen Situation vieler Führungskräfte. Ich selbst habe in
    meinem Berufsleben schon oft genug Menschen erlebt die entweder
    vergaßen warum Sie oben oder vorne standen, sich von jedem kleinen
    Kommentar irritieren ließen oder nach fünf Minuten Ihr Diktat
    beendeten.

    Dabei kann man mit den richtigen Worten und der passenden Gestik
    und Mimik aus Null-Komma-Nichts ein rhetorisches, Erlebnis schaffen.

    Bitte schreiben Sie mehr….

    Freundliche Lesergrüße

    Wassiliki Alexakis

    Büroservice Offiser.de

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