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Psychische Krankheit der Mitarbeiter: Prävention & Intervention
Die Krankenzeiten allgemein sind rückläufig, doch die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen steigen stetig an. So können Führungskräfte wirksam die Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter stabilisieren:

Etwa jeder dritte Arbeitnehmer muss damit rechnen, in seinem Leben wegen einer psychischen Erkrankung behandelt zu werden.

Selbst innerhalb von Branchen mit niedrigen Krankenständen, etwa bei Banken, Versicherungen, Informationsdienstleistungen oder im Erziehungs- und Unterrichtswesen, wirken sich psychische Erkrankungen negativ auf die Arbeitsunfähigkeitsquote aus.

Vor allem Belastungs- und Anpassungsstörungen, zu denen Stress und Burnout zählen, stellen laut der Europäischen Beobachtungsstelle für berufsbedingte Risiken inzwischen das zweithäufigste Gesundheitsproblem dar und verursachen Kosten, die bereits mehr als zehn Prozent des erwirtschafteten Bruttosozialprodukts ausmachen.

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Ein betriebliches Gesundheitsmanagement und Anti-Stress-Kurse etc. sind zwar längst Standard in vielen Unternehmen, damit die Mitarbeiter, die infolge veränderter Arbeitsbedingungen zunehmenden Belastungen ausgesetzt sind, psychisch stabiler und seltener krank werden.

Die Gesundheit der Mitarbeiter ist Chef-Sache

Doch eine sehr wirksame Möglichkeit, die sowohl den betroffenen Mitarbeitern als auch den Interessen des Arbeitgebers zugute kommt, wird bislang kaum genutzt: den Erhalt der psychischen Gesundheit der Mitarbeiter als Führungsaufgabe zu verstehen. Dabei ist es eine Kernaufgabe – schon aufgrund der Fürsorgepflicht – der Vorgesetzten, Ansprechpartner zu sein und auf das Leistungsverhalten ihrer Mitarbeiter zu achten sowie deren Leistungsfähigkeit zu fördern.

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Durch Kommunikation frühzeitig Maßnahmen ergreifen

Es empfiehlt sich daher, dass Führungskräfte, die per se mit ihren Mitarbeitern in einem regelmäßigen Kontakt stehen, befähigt werden, frühzeitig Indizien einer psychischen Erkrankung bei Mitarbeitern zu erkennen. Auf diese Weise können – in Abstimmung mit dem Betroffenen – unmittelbar Maßnahmen ergriffen werden, die dazu beitragen, die Arbeits- und Leistungsfähigkeit wieder zu stabilisieren, bevor ein Mitarbeiter längerfristig arbeitsunfähig wird. Selbst kleine Interventionen können zudem, sofern sie rechtzeitig veranlasst werden, viel Aufwand und Kosten einsparen.

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Psychische Krankheiten im Unternehmen verhindern:

1. Enttabuisieren & entstigmatisieren

Unternehmen, die diese Form der Prävention nutzen möchten, sollten zunächst ihre Führungskräfte dafür sensibilisieren, welche Relevanz psychische Erkrankungen und Belastungserkrankungen für den Erfolg ihres Verantwortungsbereiches, aber auch für das Unternehmen insgesamt haben. Zudem trägt der offene Austausch und das bewusste Auseinandersetzen mit der Thematik zur Enttabuisierung psychischer Leiden im Allgemeinen und zur Entstigmatisierung der betroffenen Mitarbeiter im Speziellen bei.

2. Führungskräfte aufklären & schulen

Im nächsten Schritt sollte den Führungskräften vermittelt werden, welche psychische Erkrankungen häufig auftreten und an welchen typischen Indizien sie Burnout, Stressbelastungen, Depressionen oder Ängste frühzeitig erkennen können. Dann sollten sie lernen, wie sie im Rahmen ihrer Vorgesetztenfunktion Mitarbeiter darauf ansprechen, wie sie verbindliche Vereinbarungen mit ihnen treffen und gemeinsam Optionen zur Lösung des Problems erörtern können.

Das gelingt umso besser, wenn die Führungskräfte wissen, in welcher Hinsicht ihnen Grenzen gesetzt sind, welche Zielkonflikte es im Umgang mit psychisch erkrankten Mitarbeitern gibt und wie sich diese Konflikte auflösen lassen.

Auch welche optionalen Lösungsansätze es gibt, um auf die Belastbarkeit des Mitarbeiters angemessen zu reagieren, und was bei einer Wiedereingliederung eines psychisch erkrankten Mitarbeiters zu beachten ist – nicht zuletzt hinsichtlich des Miteinanders im Team – sollte Gegenstand dieser Qualifizierung sein.

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Was können Führungskräfte konkret tun?

Führungskräfte können sich an folgenden Aspekten orientieren, um Mitarbeiter zu unterstützen:

  1. Hinsehen
  2. Initiative ergreifen
  3. Enttabuisieren
  4. Integrieren statt ausgrenzen
  5. Fordern statt überfordern
  6. Unterstützen statt schonen
  7. Experten hinzuziehen

Vorgesetzten, die regelmäßig mit ihren Mitarbeiter sprechen, fällt es leichter, die beobachteten Veränderungen konkret zu beschreiben. Im Dialog lassen sich die Belastungsfaktoren für den Mitarbeiter klären, um eventuell die Arbeit – zumindest zeitweise – umzuorganisieren, Absprachen zu treffen und Unterstützungsangebote zu machen.

Ziele, die Vorgesetzte für ihre Mitarbeiter verfolgen sollte:

Zu den Zielen einer stabilisierenden Führung gehört es somit,

  • bei den Mitarbeitern Ressourcen aufzudecken,
  • Bedürfnisse zu erkennen und
  • Hindernisse zu identifizieren, um wieder mehr Leistung zu ermöglichen.

Wichtig: Führungskräfte sind keine Therapeuten

Natürlich ist es klar und wichtig zu beachten, dass Führungskräfte weder Diagnostiker noch Therapeuten sind.

Sie sollten jedoch wissen, an wen sie sich wenden können, damit psychisch kranke Mitarbeiter die Unterstützung bekommen, die sie benötigen.

Um dies zu gewährleisten, sollte der Arbeitgeber nicht nur intern über kompetente Experten für Gesundheitsförderung verfügen, Betriebsärzte und/oder Sozialarbeiter etwa, sondern auch eng mit externen Fachleuten, Tageskliniken, Selbsthilfegruppen vernetzt sein, die den Betroffenen schnell und wirksam helfen können, bei Bedarf auch stationär.

Maßnahmen entwickeln & Umgang vereinfachen:

Im Idealfall hat das Unternehmen Maßnahmenpläne entwickelt, was im Umgang mit akuten Fällen am Arbeitsplatz zu beachten und zu veranlassen ist, wie Wartezeiten bis zu einer Therapie überbrückt werden können und wie nach einer stationären Therapie die Wiedereingliederung in den Betriebsalltag erfolgen sollte.

Der Planungs- und Qualifizierungsaufwand lohnt, denn Führungskräfte, Personalverantwortliche und Arbeitskollegen müssen immer wieder adäquat mit psychisch Erkrankten umgehen. Bisher fällt das vielen jedoch sehr schwer.

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Gesundheitsmanagement: Schulungen lohnen sich

Führungskräfte, die gelernt haben, Symptome frühzeitig zu erkennen und die die bemerkten Veränderungen ansprechen, tragen wesentlich dazu bei, die Akzeptanz gegenüber psychischen Krankheiten zu erhöhen. Dies wiederum führt dazu, dass Betroffene eher bereit dazu sind, sich Vorgesetzten und Fachleuten anzuvertrauen. Gut für sie, aber auch gut für das Unternehmen.

Denn je früher psychische Probleme erkannt werden, desto niedrigschwelliger sind die erforderlichen Interventionen.

Statt einer stationären Behandlung reicht dann meist eine ambulante, so dass der Betroffene weiterhin die Arbeit als strukturgebendes Element hat, die ihm Halt gibt und soziale Kontakte ermöglicht.

Um das Auftreten von Stress, Burnout, Erschöpfungsdepressionen & Co. zu reduzieren, sollte das Gesundheitsmanagement alles zum Erhalt der psychischen Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter tun.

Unser Buchtipp passend zum Thema:

Führung und Psyche: Früherkennung, Handlungsansätze, Selbstschutz, Zentrale Erkenntnisse zum Umgang mit psychischen Gefährdungen und Gefährdeten am Arbeitsplatz

Psychische Krankheit der Mitarbeiter: Prävention & InterventionVerlag: managerSeminare Verlags GmbH
Auflage: 2. Auflage 2017 (2. Februar 2017)
Taschenbuch: 128 Seiten
Preis: 24,90 €

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Bettina Wecker

Dipl.-Psychologin Bettina Wecker ist als Coach für das Beratungs- und Trainingsunternehmen partnerteams tätig. Das 17-köpfige Team berät seit über 20 Jahren insbesondere Service- und Dienstleistungsunternehmen. Neben Gesundheitsmanagement und der Vermittlung von Entscheidungskompetenzen gehören u.a. die Prozessbegleitung und Organisationsentwicklung bei Changeprojekten, HR-Projekte sowie Coachingmaßnahmen für Führungskräfte zu den Tätigkeitsschwerpunkten. Kontaktdaten: bwecker@partnerteams.de

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4 Comments

  • Sonia Fernández sagt:

    Stimmt was Olaf geschrieben hat und bin absolut dafür. Ich habe ein Burnout Syndrom gehabt. Ich würde ebenfalls vorschlagen, ob man eine Therapie macht oder nicht, täglich Sport zu treiben. Es gibt viele verschiedene so ich glaube nie dem Motto: „kein Sport macht mir Spaß“. Fahrrad fahren, Inline-skates laufen, Tennis, Volleyball, Fußball, tanzen, bergwandern, etc. Zudem würde ich auch sagen, dass eine GESUNDE ERNÄHRUNG genauso wichtig ist, um eine psychische Erkrankung zu vermeiden.
    Ich habe gestern auf psycheplus.de einen Artikel über Burnout und Depression gelesen und hat mich noch mehr überzeugt, dass wir selbst mit der Veränderung zu einer gesunderen Lebensweise und die Befreiung unsere Gedanken (dafür ist auch gut Meditation bzw. Atemübungen) unsere Gesundheit verbessern können.
    LG, Sonia.

  • Maria sagt:

    Ich bin erkrankte Mitarbeiterin und habe in der Vergangenheit die Warnsignale nicht beachten wollen. Ich habe immer gedacht: Beiß die Zähne zusammen,andere haben es vor dir auch hinbekommen. Es waren nicht nur berufliche Belastungsfaktoren, sondern auch private. Und gerade bei den privaten spricht man nicht gerne darüber, bzw. denkt sich: was hat das Unternehmen damit zu tun? Aber in dem Falle hätte es schon ein wenig damit zu tun gehabt- ich war pflegende Angehörige. Man macht sich wirklich selbst viel Druck, das ist mein Rückschluss daraus. Leider ist es so, dass der Arbeitgeber Druck in der Zeit der AU verstärkt durch e-mails mit Aufforderungen und Anklagen. Es ist ein Teufelskreis aus dem ich im Moment keinen Ausweg finde und in dieser psychischen Belastung feststecke.Dabei will ich doch, dass ich wieder gesund werde! Und zwar nicht nur für den Arbeitgeber, sondern vorallem für mich.

  • Ich denke, wer täglich als Ausgleich zum stressigen Bürojob Sport treibt und sich körperlich richtig auspowert, hat auch ein signifikant geringeres Risiko, irgendwann psychisch zu erkranken. Jeden Tag eine Stunde Jogging oder Radsport, und der Kopf ist wieder frei, und ich fühle mich wie neugeboren. Sollte ich einmal ein paar Tage nicht dazu kommen, weil zum Beispiel das Wetter dann doch zu schlecht war, macht sich das gleich bei der geistigen Leistungsfähigkeit und im allgemeinen Wohlbefinden bemerkbar.

    • Bettina Wecker sagt:

      Bewegung hilft in jedem Fall, sowohl in frühen Phasen der Belastung als auch später. Wunderbar, dass das bei Ihnen so gut klappt. Wichtig ist, für sich die richtige Art von Ausgleich und Bewegung zu finden und nicht noch zusätzlichen Leistungsdruck aufzubauen. Manchmal reicht das alleine aber nicht oder es fällt schwer, den Anfang dafür zu finden. Dann hilft Unterstützung von außen.

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