Die Regeln zur Vertretung einer deutschen GmbH durch ihre Geschäftsführer sind relativ unflexibel und werden zum Teil den Bedürfnissen der Praxis nicht gerecht. Der Gesellschaftsvertrag kann zwar frei bestimmen, dass die Gesellschaft nicht wie vom Gesetz vorgesehen durch alle Geschäftsführer gemeinsam sondern durch zwei Geschäftsführer gemeinsam, durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen („Gesamtvertretung“) oder gar durch einen Geschäftsführer allein („Einzelvertretung“) vertreten wird.
Allerdings erlauben diese Vertretungsmodelle keine nach außen hin wirksame inhaltliche Beschränkung des Vertretungsumfangs. Insbesondere sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, die Einzelvertretungsmacht eines Geschäftsführers auf das von ihm verantwortete Ressort zu beschränken.
Zwar ist es üblich, der Geschäftsführung aufzuerlegen, bestimmte Geschäfte nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung vorzunehmen. Allerdings gelten diese Beschränkungen ausschließlich im Innenverhältnis zwischen GmbH und Geschäftsführung. Werden die Beschränkungen missachtet, können Schadensersatzansprüche der GmbH gegenüber der Geschäftsführung entstehen. Die von der Geschäftsführung abgeschlossenen Verträge, die nicht von der im Innenverhältnis beschränkten Vertretungsmacht erfasst werden, bleiben im Außenverhältnis aber in der Regel wirksam.
Ressortermächtigung? Bisher unzulässig!
Gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführern kann jedoch durch ihre Mitgeschäftsführer Vollmacht zur Vornahme bestimmter Geschäfte erteilt werden – in Bezug auf diese Geschäfte handeln sie dann faktisch mit Einzelvertretungsmacht. Eine solche Ermächtigung ist allerdings nicht möglich, wenn dadurch umfassende Einzelvertretungsmacht eines Geschäftsführers begründet werden soll (Generalermächtigung). Davon ausgehend hielt man in der Vergangenheit auch die Ermächtigung eines Geschäftsführers für alle anfallenden Geschäfte seines Ressorts (Ressortermächtigung) für unzulässig.
Nun hat das Oberlandesgericht (OLG) München allerdings entschieden, dass einzelne Geschäftsführer wirksam zur Vornahme der im jeweiligen Ressort anfallenden Geschäfte bevollmächtigt werden können, wenn die Geschäftsführer zugleich die einzigen Gesellschafter der GmbH sind (Urteil vom 19. September 2013 – 23 U 1003/13). Nicht geklärt wurde, ob eine solche Ressortaufteilung auch in das Handelsregister eingetragen werden kann. Anderenfalls müsste der bevollmächtigte Geschäftsführer auf Nachfrage jeweils eine Vollmacht der anderen Geschäftsführer vorlegen.
Ressortaufteilung – jetzt möglich?
In der Entscheidung ging es um die Frage, ob eine GmbH & Co. KG wirksam durch einen ihrer beiden gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer vertreten werden kann, dem durch den anderen Geschäftsführer Einzelvertretungsbefugnis für den „kaufmännischen Bereich“ erteilt worden ist. Das OLG bejahte diese Frage unter Hinweis auf die für offene Handelsgesellschaft und Aktiengesellschaft geltenden Regelungen (§ 125 Abs. 2 Satz 2 HGB, § 78 Abs. 4 AktG). Danach kann ein gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer von einem Mitgeschäftsführer zur Vornahme eines bestimmten Geschäfts oder „bestimmter Arten von Geschäften“ ermächtigt werden. Dass dieser Grundsatz auch für die GmbH (bzw. die GmbH & Co. KG) gilt, war bereits vorher klar. Neu ist allerdings die durch das OLG vorgenommene Konturierung, was noch unter die Ermächtigung zur Vornahme “bestimmter Arten von Geschäften“ fällt und damit zulässig ist und was bereits darüber hinausgeht.
Das OLG hat somit dem bisherigen Meinungsbild der Unzulässigkeit der allgemeinen Ressortaufteilung zumindest für die Fälle eine Absage erteilt, in denen Geschäftsführer und Gesellschafter personenidentisch sind. Die Begründung lautet im Wesentlichen wie folgt: Das Verbot der Generalermächtigung dient dem Schutz der Gesellschafter. Wenn diese entschieden haben, einem Geschäftsführer (nur) Gesamtvertretungsmacht zu erteilen, soll diese Entscheidung nicht durch die Geschäftsführer selbst unterlaufen werden können, indem diese einander umfänglich zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigen. Folgerichtig ist dieser Schutz aber dann nicht erforderlich (und eine Ressortermächtigung zulässig), wenn eine Gesellschaft ausschließlich Gesellschafter hat, die zugleich Geschäftsführer sind.
Eine explizite Vereinbarung über die Ressortteilung sei nach Meinung des OLG ebenfalls nicht erforderlich. Vielmehr sei auch eine formlose oder stillschweigende (konkludente) Ermächtigung möglich. Ausreichend sei, dass die Aufteilung in beiderseitigem Einvernehmen praktiziert werde.
Und die Einzelvertretung?
Noch nicht entschieden ist damit jedoch die Frage, ob (und unter welchen Voraussetzungen) die Gesellschafterversammlung einem gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer auch zur Einzelvertretung in seinem Ressort ermächtigen kann. Das wäre sicherlich im Hinblick auf die damit eröffnete größere Flexibilität bei der Unternehmenslenkung begrüßenswert und würde auch vor dem Hintergrund Sinn machen, dass es zum Schutz der Gesellschafter ausreichend sein dürfte, wenn diese der Erteilung einer Ressortermächtigung zustimmen. Andererseits sind die damit zusammenhängenden Probleme jedoch nicht von der Hand zu weisen: Ungeklärt sind Eintragungsfähigkeit einer Ressorteinzelvertretung im Handelsregister und der damit zusammenhängende Schutz des Rechtsverkehrs. Auch betreffend die Mehrheitserfordernisse / Einstimmigkeit des Ermächtigungsbeschlusses und die fehlende gesetzliche Grundlage besteht Unsicherheit.
Was bedeutet das für die Praxis?
Für die Praxis gilt, dass eine rechtssichere Ressortermächtigung eines einzelnen Geschäftsführers durch die Geschäftsführung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt, insbesondere wenn eine Gefährdung der Gesellschafter deshalb ausgeschlossen ist, weil Gesellschafter und Geschäftsführer personenidentisch sind.
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