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whirlpoolDie Krise trifft nicht nur die direkten Quelle-Mitarbeiter: An dem Traditionsversand hängen auch zahlreiche Zulieferfirmen, Dienstleister und Partnerunternehmen. Welche Wellen schlägt das Quelle-Aus? Welcher Zukunft gehen die zum Teil erfolgreichen Tochterunternehmen entgegen?

Von Unternehmer.de-Reporterin Linda Csapo

Die „Abwicklung“ von Quelle ist beschlossen, tausende Beschäftigte wurden zum ersten November unmittelbar „freigestellt“, wie der Verlust des Arbeitsplatzes häufig euphemistisch umschrieben wird. Doch ersten Schätzungen der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di zufolge sind mindestens 700 weitere Arbeitsplätze im direkten Umfeld von Quelle gefährdet.

Als erste bekommt die Deutsche Post die Konsequenzen der Pleite zu spüren: Mit 3.000 Beschäftigten in der Lagerhaltung und beim Warentransport war der Paketdienst DHL der größte Logistikpartner für Arcandor und Quelle. Noch ist nicht abzusehen, wie viele davon ihren Arbeitsplatz insgesamt verlieren werden. Feststeht bislang nur die Schließung von drei DHL-Logistik-Zentren mit rund 400 Mitarbeitern, sowie die Streichung von 60 Verwaltungsstellen. Laut DHL-Sprecher Claus Korfmacher handelt es sich dabei um die Standorte Bochum, Lehrte, Frankfurt am Main und natürlich Nürnberg.

Am Quelle-Stammsitz hatte die DHL bereits kurz nach dem Insolvenzantrag im Juni eine Filiale mit 60 Mitarbeitern dichtgemacht. Damit addiert sich die Zahl der direkt vom Quelle-Aus betroffenen DHL-Mitarbeiter auf 960. In der Brief- und Paketsparte der Post könnten zudem weitere 1.000 Stellen in Gefahr sein.

Durch den Wegfall von Druck und Versand des Quelle-Katalogs werden außerdem allein in der Region zusätzliche 130 Arbeitsplätze gestrichen. In Berlin und Magdeburg, wo große Call-Center ausschließlich für Quelle arbeiten, stehen ca. 2.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, 500 weitere in Görlitz und Cottbus. Die Mitarbeiter werden zunächst aber noch für den Ausverkauf der Warenlager benötigt. Wann sie ihre Kündigung erhalten, ist noch unklar.

Zerschlagung des Unternehmens

Nicht betroffen von der Quelle-Pleite sind dagegen die durchweg gesunden Tochterfirmen: So befindet sich der TV-Shopping Sender HSE 24 (eine 100%ige Arcandor-Tochter) seit seiner Gründung 1995 auf einem ungebrochenen Wachstumskurs. Home Shopping Europe, so der volle Name des Senders, bedient bis zu zwei Millionen Stammkunden und erzielte im Geschäftsjahr 2008 mit 352 Millionen Euro den höchsten Umsatz seiner Geschichte. Angesichts dieser hohen Erträge und einer schlanken Belegschaft von knapp 600 Mitarbeitern ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass der Shopping-Kanal ganz oben auf der Verkaufsliste steht.

Auch zwei Spezialversender aus dem Arcandor-Verbund gelten als Filetstücke im Quelle-Ausverkauf: Hess-Natur und Baby Walz sind Musterbeispiele dafür, dass der Versandhandel auch weiterhin blühen kann, wenn man ihn nur richtig angeht. Walz versendet im deutschsprachigen Raum und in die Benelux-Länder täglich bis zu 20.000 Pakete an Baby-Bedarf. 700 Mitarbeiter erwirtschaften 250 Mio. Euro Jahresumsatz. Hess-Natur setzt auf schadstofffreie Textilien und Öko-Mode und schreibt mit 58 Millionen Euro Jahresumsatz bei 310 Mitarbeitern schwarze Zahlen.

Auch für die profitablen Sparten Küchen-Quelle und die Quelle-Auslandstöchter ist das Käuferinteresse groß, Dutzende Interessenten hätten sich bereits gemeldet. Experten gehen davon aus, dass mit dem Verkauf dieser Unternehmen hohe dreistellige Millionenbeträge eingefahren werden könnten.

Zukunft für Markennamen?

Gute Chancen für einen Fortbestand wird auch der Quelle-Handelsmarke Privileg prognostiziert. Unter diesem Namen werden seit 1964 hauptsächlich Küchengeräte wie Kühlschränke, Spül- und Waschmaschinen vertrieben, und sie stehen nach wie vor in Millionen deutschen Haushalten. Bei Kühlgeräten hat die Marke einen Marktanteil von 23, bei Gefriergeräten sogar 29 Prozent.

„Ich glaube nicht, dass diese Marke vom Markt verschwindet,“ ist sich Thomas Schulz, Sprecher des Quelle-Insolvenzverwalters Klaus Görg, deshalb sicher. Es handele sich um eine zu angesehene und etablierte Marke, um einfach in Vergessenheit zu geraten. Allerdings haben bislang weder die Branchengrößen Bosch-Siemens und Miele, noch der Privileg-Haupthersteller Electrolux selbst Interesse am Kauf der Marke gezeigt.

Eine Zukunft könnte auch der Markenname „Quelle“ an sich haben: Experten vermuten, er habe bei Kunden nach wie vor einen hohen Bekanntheitsgrad und guten Klang. Denkbar sei, dass er an einen ausländischen Investor verkauft werde, der im deutschsprachigen Raum Fuß fassen möchte. Genauere Pläne hierfür gibt es jedoch noch nicht.

Lesen Sie mehr über den tiefen Fall von Quelle im Unternehmer.de-Dossier:

Quelle-Pleite: Nürnberg in Nöten

Die Tragödie der Traditionsunternehmen

Quelle: „Zwei Kranke ergeben gemeinsam keinen Gesunden“

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Mittelstand Wissen: Online-Handel

(Bild: © Alisher Duasbaew – Fotolia.com)

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