Bisher hieß es immer zu Recht: Der Vertrieb sei eine beratungs- und damit personalintensive Unternehmensabteilung, der Verkaufsberuf sei ein Verhaltensberuf, bei dem der Erfolgsfaktor Mensch die wichtigste Rolle spiele. Doch aktuelle Entwicklungen zeigen, dass diese Grundüberzeugungen ins Wanken geraten könnten. Wie sieht die Zukunft des Vertriebs aus?
These 1: Der klassische Vertrieb ist vom Aussterben bedroht
Algorithmen werden immer wichtiger und ersetzen menschliche Entscheidungen, auch vertriebliche. Die Firma Blue Yonder mit Sitz in Karlsruhe hat sich darauf spezialisiert, mithilfe eines lernenden Algorithmus aus Datenströmen Prognosen zum Beispiel über das Kaufverhalten von Kunden abzuleiten.
Voraussetzung für zuverlässige Prognosen sind entsprechende Datenmengen, die im B2C-Bereich bisher eher und damit in einem größeren Ausmaß anfallen als im B2B-Bereich. Trotzdem ist es wahrscheinlich, dass in naher Zukunft auch im Geschäftsbereich Einkäuferentscheidungen zuverlässig oder zumindest mit einer hohen Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden können.
Gewohnheiten mit Freund Computer erkennen
Konkret: Das Analysesystem von Blue Yonder hat herausgefunden, dass ostdeutsche Bürger am liebsten freitagabends einkaufen, westdeutsche hingegen am Samstag. Es wäre mithin logisch, bestimmte Einkaufsszenarien in Frankfurt am Main auf den Samstag zu legen, in Frankfurt an der Oder hingegen auf den Freitagabend.
Wer dies konsequent zu Ende denkt, kommt zu dem möglichen Schluss, dass Verkäufer nur noch bedingt gebraucht werden, um Kundenwünsche zu erfragen. Und Ähnliches ließe sich für den B2B-Bereich denken: Warum sollen ostdeutsche Einkäufer nicht andere, aber bei entsprechender Datenmenge analysierbare Gewohnheiten haben als westdeutsche Einkäufer?
Der Business Consultant könnte dies bei seinen Gesprächen mit den Einkäufern berücksichtigen und bestimmte Dinge voraussetzen, die er heute im Gespräch mit dem Unternehmenskunden erst noch selbst erfragen muss.
EXTRA: Erfolgreiches Verkaufsgespräch: So kauft der Kunde am Ende
These 2: Der Algorithmus ersetzt Frage- und Beratungskompetenz
Das Besondere an Big Data ist, dass der Computer auf der Basis der Datenanalyse Korrelationen und Zusammenhänge als möglich erkennt, auf die der Mensch von selbst kaum käme. Oder nur dann, wenn er gezielt danach sucht.
Big Data erkennt Zusammenhänge, auf die der Mensch selbst nicht mal kommen würde. #bigdata #digitalisierung Share on XDas heißt: Weil der Algorithmus bereits analysiert hat, welche Menschen – und welche Einkäufer – wann was am liebsten kaufen oder ordern, wird der Verkäufer nur noch als eine Art Verstärker der Kaufbereitschaft gebraucht.
Es kann durchaus sein, dass die Analyse der ungeheuer riesigen Datenflut die Bedeutung der urspezifischen Kompetenzen des Verkäufers zurückdrängt und einige Verkaufs- und Beratungsfähigkeiten, die heute zum selbstverständlichen Anforderungsprofil gehören, nicht mehr benötigt werden.
Der vermessbare Mensch
Sicherlich: Noch ist es nicht so weit. Dass jedoch
- Big Data,
- die modernen Kommunikationsmedien,
- die Digitalisierung und
- Social Media
dazu führen, dass Menschen, Kunden und Einkäufer immer (ver)messbarer werden und sich darum die Anforderungen und Herausforderungen an die Vertriebsabteilungen ändern, dürfte unstrittig sein.
Jede Branche ist gut beraten, über die entsprechenden branchen- und zielgruppenspezifischen Konsequenzen nachzudenken und proaktiv nach Lösungen bezüglich dieser Herausforderungen zu suchen.
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