Skip to main content

In der letzen Folge hatten wir zum Abschluss der besprochenen Informationsphase die Entscheidung darüber gefällt, ob es sinnvoll sei, in die Kernverhandlung einzutreten. Ein Blick zurück: Wir haben uns zunächst durch eine Vorbereitungsphase gekämpft und uns intensiv sowohl mit dem Verhandlungspartner als auch der Materie auseinandergesetzt.

Nach einer aufschlussreichen Begrüßungsphase sind wir in die Informationsphase eingestiegen und haben Verständnislücken geschlossen, unsere Daten- und Faktenbasis hinreichend abgesichert und bereits verschiedene Lösungsmöglichkeiten ausgelotet.

Diese Lösungsmöglichkeiten sollten Sie

  • sorgsam mitschreiben
  • und, wenn immer möglich, danach – mit der Erlaubnis der anderen Seite – auf einem Flipchart nummeriert, ausreichend groß und leserlich darstellen.

Für eine kleine Auszeit oder in der Mittagspause hätten Sie dann Ihren Spickzettel zur Hand, um sich Für und Wider der einzelnen Lösungsmöglichkeiten noch einmal ansehen zu können.

Vor der Kernverhandlung: Suche nach gegenseitigen Schnittmengen

Als Fragetyp ziehen Sie in dieser Phase meist die hypothetische Frage heran, wie z.B. „Könnten Sie sich vorstellen, mir im Bereich der Lieferzeit entgegenzukommen, wenn ich meine Mängelhaftungsdauer noch einmal überarbeite?“. Damit haben Sie nichts preisgegeben, sondern lediglich die Mängelhaftungsdauer genannt, bei der Sie Spielraum haben, wenn die andere Seite die Lieferzeit verkürzt. Wie viel nun genau dabei herauskommt, wird in der Kernverhandlung dann fixiert. Steigt die andere Seite ein, haben Sie ein Wertepaar gefunden, bei dem eine Einigung innerhalb der Kernverhandlung möglich sein könnte.

Unterschätzen Sie den Aufwand nicht – das Finden gegenseitiger Schnittmengen ist harte Arbeit. Und genau die können Sie nur halbwegs erfolgreich leisten, wenn Sie sich hinreichend mit den Interessen der anderen Seite auseinandergesetzt haben. Sonst stochern Sie im Nebel…

Problem: Verhandlungspartner können sich nicht einigen

Gleich etwas für die pessimistischen Leser: Was ist, wenn man keine gemeinsamen Optionen findet?. Sie haben zwar die andere Seite verstanden, es gelingt Ihnen jedoch nicht, hier Konzessionsbereiche zu finden – die anderen beißen einfach nicht an. Dann steigen sie konsequent aus, loben den Partner – „Vielen Dank für Ihre Zeit und die gemeinsame Suche nach einer tragfähigen Lösung!“ – verknüpft mit dem Bedauern, dass man unter den Bedingungen leider nicht zusammen kommt. Schade, es hat in der Sache nicht geklappt, an den Beteiligten hat es nicht gelegen. Überlegen Sie sich eine Formulierung im Vorfeld – erfahrungsgemäß fällt eine Aussage viel leichter, deren kommunikative Stoßrichtung man sich vorher eingeprägt hat.

So reagieren Sie bei vorzeitigem Abbruch der Verhandlung

Beobachten Sie nun die Reaktionen des Verhandlungspartners genau und seien Sie auf heftige Reaktionen gefasst. Es gibt viele verschiedene Formen der Verlustverarbeitung. Für viele Partner ist ein Ausstieg nur schwer hinnehmbar, denn er wird häufig auf der Beziehungsebene als Ablehnung der Person aufgefasst. Behalten Sie jetzt – höflich und bestimmt – die Nerven und lassen Sie sich auf keinen Fall (!) zum Weitermachen überreden. Sitzt Ihnen ein Profi gegenüber, ist er über Ihren Ausstieg kaum überrascht. Vielleicht „fährt“ er ohnehin eine Vermeidungsstrategie während Sie sich stets im Kooperationsquadrat (vgl. Teil 13) bewegt haben. Im Idealfall wird eine mögliche weitere Verhandlung durch Ihren Ausstieg nicht belastet!

Auch Trost („Ist doch nicht so schlimm…“) sollten Sie tunlichst unterlassen. Sie relativieren damit den Ärger des anderen. Wie schlimm es für den anderen ist, können Sie nicht sicher abschätzen. Ebenso tabu sind Ausblicke auf zukünftige Geschäfte, die als Kompensation zwar gut gemeint sind, jedoch in der Wirkung dem Trost entsprechen.

Positiver Verlauf: Beginn der Kernverhandlung

Positive Signale, erwiderte Kooperationsangebote, eine spürbare Offenheit und ein paar Lösungsoptionen – dann steigen Sie ganz sicher in die Kernverhandlung ein. Ab jetzt geht es um Konzessionen und zur Sache – ohne hypothetische Fragestellungen.

Visualisieren Sie – wann immer möglich – den weiteren Lösungsweg wieder auf dem Flipchart. Jeder muss zu jeder Zeit wissen, an welcher Stelle man thematisch arbeitet. Wenn Sie auch nur kurzfristig etwas nicht verstanden haben oder den roten Faden nicht mehr sehen können, bitten Sie sofort um ein Update. Beispiel: „Sorry, aber ich habe den Faden verloren. Wir waren doch beim Punkt x und ich kann Ihre letzte Bemerkung inhaltlich nicht zuordnen. Wer kann helfen?“ Sie erzwingen damit eine klärende Pause und nicht selten stellt sich bei der „Hilfe“ heraus, dass auch anderen diese Zusammenfassung gelegen kommt.

Für relevante Zwischenergebnisse lohnt es sich allemal, das Flipchart heranzuziehen – hinter diese Ergebnisse kann keiner zurück. Fragen Sie nach jedem Eintrag ausdrücklich, ob alle mit Ihrer Darstellung einverstanden sind – arbeiten Sie Hinweise oder Wünsche dann ein.

Jetzt sind Sie nahe an der Einigung – die als nächste Phase behandelt wird.

Weitere Artikel dieser Serie:

Verhandlungstechnik (Teil I): Ordnen Sie Ihre inneren Stimmen!
Verhandlungstechnik (Teil II): Ihr Selbstbewusstsein als Erfolgsfaktor!
Verhandlungstechnik (Teil III): Stärken Sie Ihre Verhandlungsmacht!
Verhandlungstechnik (Teil IV): Nutzen Sie Ihre Verhaltensautomatismen!
Verhandlungstechnik (Teil V): Innere Barrieren abbauen!
Verhandlungstechnik (Teil VI): Gliedern Sie erfolgsorientiert!
Verhandlungstechnik (Teil VII): Ihre Vorbereitung ist das A und O!
Verhandlungstechnik (Teil VIII): Nutzen Sie die SWOT-Analyse!
Verhandlungstechnik (Teil IX): So sind Sie optimal vorbereitet!
Verhandlungstechnik (Teil X): So treten Sie gewinnend auf!
Verhandlungstechnik (Teil XI): Ihre Agenda ist der Weg!
Verhandlungstechnik (Teil XII): Strategie – aber bitte die richtige!
Verhandlungstechnik (Teil XIII): Welche Strategie ist die richtige für Sie?
Verhandlungstechnik (Teil XIV): Der Kompromiss – Fluch oder Segen?
Verhandlungstechnik (Teil XV): So gelingt Ihr Verhandlungsstart!
Verhandlungstechnik (Teil XVI): Die Informationsphase – So werden Sie schlau!

(Bild: © Robert Kneschke – Fotolia.de)

Peter Ackermann

Der Unternehmensberater Peter Ackermann vertritt das Spezialgebiet "Verhandlungstechnik". Dabei wird das in 20 Jahren als Projektleiter im Anlagenbau erworbene Wissen dem Markt in Form von Verhandlungskonzepten, Strategieansätzen bis hin zur Ausbildung und Betreuung der Verhandlungsteams zur Verfügung gestellt. Eine handwerkliche Ausbildung sowie die über den zweiten Bildungsweg erworbenen technischen und kaufmännischen Diplome sichern dabei das Verständnis für die konkrete Situation des Auftraggebers ab.

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

Leave a Reply