Karl-Heinz Franken schaut etwas missmutig auf das Protokoll der letzten Marketing-Runde. In seiner Abwesenheit waren die Mitarbeiter zusammen gekommen, um die nächsten Maßnahmen zu besprechen. Hauptpunkt: Die anstehende Messe im Herbst. Erneut war dabei der Ruf nach dem Einsatz von Facebook aufgekommen. Es wurde nicht weiter diskutiert. Alle Anwesenden wussten: Das ist nicht sein Ding. Alle wissen auch: Franken ist auf keinem der sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter oder XING aktiv.
Häufiger Einwand: „Bisher ging es doch auch ohne“
Seit etwas mehr als elf Jahren ist Franken Geschäftsführer des mittelständischen Unternehmens. Gemeinsam mit zwei weiteren Geschäftsführern leitet er das stetig wachsende Unternehmen, das Metall-Komponenten für die Automobilindustrie liefert. Der Diplom-Ingenieur, 48 Jahre alt, ist Vater von drei Kindern. Sein Schwerpunkt: der Vertrieb. In einem Jahr fährt er mehr als 80.000 Kilometer.
Immer wieder staunt Franken über seine beiden jüngeren Geschäftsführer, die er vor einigen Jahren in den Betrieb geholt hat. Sie flachsen immer wieder freundlich. Denn noch heute lässt er sich die E-Mails ausdrucken. Seine Termine trägt er händisch in seinen Papierkalender ein, während die anderen Kollegen einen gemeinsamen Kalender im Internet nutzen. Seine Assistentin kennt das, es hat sich eingespielt. Alle Vorlagen, Pläne, Terminvereinbarungen und Protokolle liegen immer pünktlich in seiner Terminmappe. Was ihn immer wieder freut: Er hat auch noch alles im Kopf. Kein einziger Termin ist in den letzten Jahren versäumt worden.
Das Umfeld möchte auch in sozialen Netzwerken Kontakt aufnehmen
Widerwillig hat er sich vor zwei Jahren ein Smartphone von seiner Assistentin einrichten lassen. Das E-Mail-Konto, das sie ihm eingerichtet hat, hat er mobil bisher nie geöffnet. Natürlich hat sie ihm Facebook, XING und sogar Twitter eingerichtet, Konten eröffnet, die Unternehmensnamen gesichert. Er ist ihr dafür dankbar, hat es bisher aber nie genutzt.
Den zunehmenden Trend hat er natürlich wahrgenommen. Es gibt immer mehr Menschen, die es immer wieder versuchen, ihn auf diesem Wegen zu erreichen. Er weiß das von seiner 17-jährigen Tochter, die sogar für ihn privat ein Konto dort eingerichtet hat. Franken nutzt es nicht. Seine Söhne lachen nur, auch sie sind längst in den Netzwerken unterwegs. Seine Frau beruhigt ihn immer wieder, dass es damit in Ordnung ist.
Die Angst vor dem „Verplappern“
„Und wenn sich mal einer verplappert….“, ist einer seiner stetigen Einwände, wenn wieder die Diskussion über die Nutzung sozialer Netzwerke aufkommt. Zu aufwändig sind die Forschungen und die Verbesserungen in der Produktion, die sie in den letzten Jahren im Betrieb vorgenommen haben. Natürlich haben alle Mitarbeiter die entsprechenden Geheimhaltungs-Erklärungen unterschrieben. Franken ist dennoch besonders vorsichtig. Dass das Unternehmen in den technischen Fragen der Produktion und auch in Sachen IT weit voran ist, verdankt er den beiden Geschäftsführer-Kollegen. Dankbar hat er die Themen in den letzten Jahren an sie abgegeben, vertraut ihnen, lässt sich gern berichten, freut sich über die Erfolge.
Neue Chancen in der Rekrutierung von jungem und qualifiziertem Personal
Dass das Unternehmen noch mehr unternehmen müsse, meint auch die Leiterin der Personalabteilung. „Wir sollten uns mehr engagieren, sonst werden wir von den Talenten, die wir brauchen, nicht mehr wahrgenommen.“ Sie hat darum gebeten, das Unternehmen auf den Recruiting-Plattformen stärker zu präsentieren. Erneut hat er um Bedenkzeit gebeten. Und weiß, dass er auf lange Sicht nicht daran vorbei kommt.
Beratung und Beginn
Eines der wichtigsten Gespräche dazu hat er vor zwei Wochen mit seinem Freund Frank geführt, ebenso Geschäftsführer wie er in einem befreundeten Unternehmen. „Such‘ dir eine Beraterin oder einen Berater, der sich die Zeit nimmt, euch und dich genau unter die Lupe zu nehmen“, hatte Frank von seinen Erfahrungen berichtet. „Es sind nicht immer die, die am lautesten schreien“, hatte er hinzu gefügt. „Lass‘ sie oder ihn in aller Ruhe einen Workshop mit deinen beteiligten Leuten führen, damit ihr Ideen entwickeln könnt.“ Und hatte am Ende gesagt: „Fang‘ endlich selbst damit an! In kleinen Schritten“.
Etwas gespannt und neugierig öffnet er das E-Mail-Konto seines Smartphones, um seiner Assistentin eine E-Mail zu schicken. Betreff: Berater-Suche. Am nächsten Wochenende will er seine Tochter bitten, ihm das Facebook-Konto zu erklären.
Entscheider wie Karl-Heinz Franken gibt es viele, insbesondere in den mittelständischen Unternehmen. Es sind häufig persönlichen Vorlieben oder Ängste, die die Entscheidungen in den Unternehmen prägen. Nicht zuletzt die etablierten Gewohnheiten tragen dazu bei, das Verhalten über viele Jahre beizubehalten. Um es zu ändern, braucht es nur ein wenig Mut, die eingefahrenen Wege zu verlassen.
Dabei empfiehlt sich durchaus ein Weg der kleinen Schritte. Die Eröffnung eines privaten Accounts auf einem der sozialen Netzwerke kann auch Türen für das Unternehmen öffnen. Das vorrangige Ziel dabei ist es, einen Nutzen und damit einen Mehrwert deutlich zu machen. Gleichzeitig sollten auch die Ängste durchaus ernst genommen werden. Eine kluge Beratung kann aufzeigen, auf welchen sozialen Netzwerken ein Engagement sinnvoll ist. Diese zeichnet sich wiederum dadurch aus, dass sie erkennt, welchen Nutzen etwa ein Unternehmen durch das Mitwirken erfahren kann. Dass es dafür keinen Standard gibt, ist ein sehr wichtiger Aspekt.
Checkliste: In kleinen Schritten ins Social Web
1. Sie wissen nicht, mit welchem sozialen Netzwerk Sie starten können?
Fragen Sie Ihre Kollegen und Freunde: Wo sind sie unterwegs? Vielleicht auf XING, dem deutschen Business-Netzwerk. Vielleicht auf Twitter, weil sie dort kurz und schnell die neuesten Nachrichten verfolgen. Der Einstieg fällt leichter, wenn Sie im Unbekannten auch ein paar Bekannte wiederfinden. Nehmen Sie die erste Hürde und reservieren Sie sich einen Account. Lesen Sie mit, was andere dort veröffentlichen.
2. Sie haben sich für ein Netzwerk entschieden. Wie geht es weiter?
Füllen Sie Ihr Profil aus, laden Sie ein aktuelles Foto von sich hoch. Beleben Sie alte Kontakte neu, indem Sie Ihren Kollegen von früher eine Nachricht schreiben oder deren Beiträge kommentieren. Bestimmt wird man sich freuen, auch auf digitalem Weg wieder von Ihnen zu hören.
3. Sie fragen sich, ob Sie nun alles von sich preisgeben müssen?
Jedes Netzwerk bietet Ihnen an, Ihre Privatsphäre nach Ihren Vorlieben einzurichten. Für den Anfang genügen ein paar grundsätzliche Infos über Ihre Person wie etwa Ihr Alter, Ihr Beruf und Ihre Hobbys. Bedenken Sie: Je ausführlicher Sie Ihr Profil füllen, desto eher wird man Sie wiederfinden und –erkennen. Sperren Sie andere nicht vollkommen aus! Geben Sie auch Nicht-Kontakten die Möglichkeit, Ihr Profil zu besuchen und Basisinformationen über Sie zu finden.
4. Sie fragen sich, wie viel Zeit Sie in die sozialen Netzwerke investieren sollen?
Von nichts kommt nichts. Um sich in den sozialen Netzwerken zu orientieren und zu verstehen, wer dort wie kommuniziert, benötigen Sie genügend Zeit. Investieren Sie daher so viel Zeit, wie Sie aufbringen können. Eine halbe Stunde pro Tag ist ein guter Anfang. So können Sie verfolgen, was es Neues bei Ihren Kontakten gibt, diese Infos teilen und weiterleiten sowie Nachrichten beantworten und Statusupdates kommentieren.
5. Sollte nun auch Ihr Unternehmen stärker in den sozialen Medien präsent sein?
Suchen Sie sich Fürsprecher im Unternehmen, die Sie unterstützen können. Holen Sie sich externe Berater, die mit Ihnen gemeinsam eine Social Media Strategie entwickeln. Vergessen Sie nicht, Ihre Mitarbeiter frühzeitig einzubinden und zu schulen, um Sie zur Mitarbeit an Ihren Social Media Auftritten zu ermutigen und ihnen die richtigen Verhaltensregeln für das Social Web transparent aufzuzeigen.
(Bild: © Thomas Bethge – Fotolia.de)
Sehr gute Auflistung für die ersten Schritte im Bereich Social Media. Bezogen auf die Beraterbranche finden sich einige Gedanken zum Thema auch hier: http://www.consultingunternehmen.net/consultingnews/internetsocial-media-und-die-auswirkungen-auf-die-beratungsbranche