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Verhandlungsstrategie: Kooperation und WettbewerbIm vorherigen Teil XII haben Sie die Strategien Anpassung und Vermeidung kennen gelernt – im heutigen Teil wollen wir uns mit den beiden restlichen Formen Kooperation und Wettbewerb beschäftigen.

Die Wettbewerbsstrategie strebt primär ein „gutes“ Ergebnis auch zu Lasten der Beziehungsqualität an. Wer mit Wettbewerb in der Verhandlung agiert, vertritt die These „Mein Gewinn ist der Verlust des Partners“, der Kuchen ist definiert. Verhandlungen mit monopolistischen Einkäufern (“Tut mir leid, aber nicht weh…“) fallen in diese Rubrik. Auch wenn sie in ihrer Company nur noch eine kurze Restlaufzeit haben, einem Insolvenzverwalter gegenüber sitzen oder – bei guten Optionen in der Hinterhand – mit mehreren z.B. Lieferanten in kurzer Frist verhandeln müssen, bietet sich diese Strategie an.

Die Kooperationsstrategie hingegen versucht den Spagat zwischen gutem Ergebnis und gleichzeitiger Stärkung der Beziehungsqualität. Sie setzt partnerschaftlichen Umgang zwingend voraus und es gehört zu ihrem Wesen, das Ergebnis immer auch mit den Augen des Partners zu sehen. Die langfristige Verbesserung der Beziehungen und die wohlverstandene Befriedigung beider Interessen gehören zusammen wie ein Paar Schuhe. Im Gegensatz zum distributiven Verhalten der Wettbewerbsstrategie agieren die Partner hier integrativ. Deshalb kommt es oft zu einer Ausweitung des „Verhandlungskuchens“, die sich aus der offenen Ansprache beider Interessen ergibt.

Bewertung der einzelnen Strategien

Verhandlungsstrategie

Lassen Sie uns kurz zu einer Bewertung der einzelnen Strategien kommen. Zunächst kann keine a priori Überlegenheit beanspruchen; sie sind allesamt gleichwertig. Aber natürlich haben die meisten Menschen eine Vorzugsstrategie – Sie vielleicht auch? Doch Vorsicht! Dann sind Sie leicht zu durchschauen. Wenn Sie merken, dass Sie innerhalb von Verhandlungen immer wieder in „Ihr“ Muster zurückfallen oder gar immer gleich agieren, gibt es hinsichtlich Ihrer Stilbandbreite noch Herausforderungen!

Die Beantwortung der Fragen „Welche Strategie ist Ihr Favorit?“ und „Wo fühlen Sie sich am wohlsten?“ sind dabei zweitrangig. Viel interessanter für Sie ist die schonungslose (!) Beantwortung der Frage, warum Sie sich in den anderen Quadranten offenbar nicht so wohl fühlen! Eine Sitzung Ihres Inneren Teams (vgl. Teil I der Serie) könnte hilfreich sein. Lassen Sie doch mal den Watchdog von der Kette! Sie haben einen, keine Sorge, aber vielleicht wird er von „Herrn Verbindlich“ nicht ans Tageslicht gelassen…

Bedenken Sie bitte, dass Ihr Erfolg am Verhandlungstisch auch davon abhängt, ob Sie die Fähigkeit besitzen, sich in ausnahmslos allen vier Quadraten ohne erkennbare Abstoßungsreaktionen zu bewegen. Natürlich ist das nicht einfach –jeder kann sich vorstellen, welche Seelenqualen der „Wettbewerber“ leidet, den man in der „Vermeidung“ ausbremst, wie ungern ein vorsichtiger und anpassungsbereiter Typus im Wettbewerbsquadranten agiert. Aber was ist die Alternative? Darauf zu warten, das der Partner Ihre Gutmütigkeit ausnutzt? Verhandlungsführung baut auf aktiv betriebener Persönlichkeitsbildung auf, die mit innerer Distanz (insbesondere zu unserem Verhaltensliebling!) mit den Methoden und Strategien situationsangemessen umgeht.

Was, wenn die Strategien nicht harmonieren?

Dies gilt umso mehr, wenn man überlegt, das die vorüberlegten Strategien jeder Seite nicht zwingend harmonieren. Wenn zufällig die „Anpassung“ auf den „Wettbewerb“ trifft, gibt es z.B. kaum die Notwendigkeit einer Anpassung. Wenn Sie jedoch auf „Kooperation“ gepolt sind und auf die fleischgewordene „Vermeidung“ stoßen, wird schnell klar, dass sich mindestens eine Seite bewegen muss. Entweder Sie bewegen den „Vermeider“ mit guten Optionen in Ihre Richtung – was schwierig genug sein dürfte – oder Sie akzeptieren die Situation, wechseln ebenfalls sanft in die Vermeidung und lassen das Gespräch ausklingen. Eine Verhandlung wäre es ohnehin nicht geworden.

Spannender ist das Zusammentreffen zweier Wettbewerber, das meistens schief geht, wenn beide Parteien Stehvermögen zeigen. Sie könnten hier versuchen,

  • die Vorteile der Kooperation mit gut gewürzten Optionen schmackhaft zu machen und zu hoffen, dass der Partner anbeißt. Das gelingt oft, da die potenziellen Erweiterungen den „Wettbewerber“ beruhigen und zugleich locken.
  • in die „Vermeidung“ zu gehen, weil sie vielleicht wissen (oder nur mutmaßen?), dass Ihre Position keinem Wettbewerb stand hält oder weil oben genannte Strategie erkennbar nicht zum Erfolg führt
  • in die „Anpassung“ flüchten, da Sie zunächst in das Verhältnis investieren wollen und den langfristigen Aspekt hier Priorität einräumen.

Von daher ist es in der Vorbereitungsphase unverzichtbar,

  1. sich für eine Startstrategie zu entscheiden, die Ihre Interessen berücksichtigt und
  2. für jede erkennbare Strategie des Partners eine Antwort zu haben.

Sie merken in der Verhandlung recht schnell, ob die andere Seite auf ihrer Vorgehensweise beharrt – dann haben Sie die unter 2. erarbeitete strategische Antwort in der Tasche – oder ob sich die andere Seite auf Sie zubewegt.`

Weitere Artikel dieser Serie:

Verhandlungstechnik (Teil I): Ordnen Sie Ihre inneren Stimmen!
Verhandlungstechnik (Teil II): Ihr Selbstbewusstsein als Erfolgsfaktor!
Verhandlungstechnik (Teil III): Stärken Sie Ihre Verhandlungsmacht!
Verhandlungstechnik (Teil IV): Nutzen Sie Ihre Verhaltensautomatismen!
Verhandlungstechnik (Teil V): Innere Barrieren abbauen!
Verhandlungstechnik (Teil VI): Gliedern Sie erfolgsorientiert!
Verhandlungstechnik (Teil VII): Ihre Vorbereitung ist das A und O!
Verhandlungstechnik (Teil VIII): Nutzen Sie die SWOT-Analyse!
Verhandlungstechnik (Teil IX): So sind Sie optimal vorbereitet!
Verhandlungstechnik (Teil X): So treten Sie gewinnend auf!
Verhandlungstechnik (Teil XI): Ihre Agenda ist der Weg!
Verhandlungstechnik (Teil XII): Strategie – aber bitte die richtige!
Verhandlungstechnik (Teil XIV): Der Kompromiss – Fluch oder Segen?
Verhandlungstechnik (Teil XV): So gelingt Ihr Verhandlungsstart!

(Bild: © sebike – iStockphoto.com)

Peter Ackermann

Der Unternehmensberater Peter Ackermann vertritt das Spezialgebiet "Verhandlungstechnik". Dabei wird das in 20 Jahren als Projektleiter im Anlagenbau erworbene Wissen dem Markt in Form von Verhandlungskonzepten, Strategieansätzen bis hin zur Ausbildung und Betreuung der Verhandlungsteams zur Verfügung gestellt. Eine handwerkliche Ausbildung sowie die über den zweiten Bildungsweg erworbenen technischen und kaufmännischen Diplome sichern dabei das Verständnis für die konkrete Situation des Auftraggebers ab.

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