Es gibt aktuell rund 12.000 Werbeagenturen in Deutschland. Vorsichtigen Schätzungen zur Folge verdienen rund 55-60.000 Menschen ihr Geld mit PR. Das Portal werbeagentur-in.de stellt nach eigenen Angaben Profile von über 8.000 PR-Agenturen zur Verfügung. Der Organisationsgrad der Branche steht dabei im krassen Missverhältnis zur Gesamtzahl. Der sogenannte „Gesamtverband der Kommunikationsagenturen“ verfügt über 101 Mitglieder. Die GPRA, der „Unternehmensverband der führenden Kommunikationsagenturen“ zählt ganze 30 Mitglieder. Die „Deutsche PublicRelations Gesellschaft“ (DPRG) verfügt über immerhin 3.000 Einzelmitglieder – vom Freelancer bis zum Geschäftsführer einer großen Agentur.
Das alles ist insofern bedauernswert, als dass sich mit der Mitgliedschaft in solchen Vereinigungen meist ein gewisser Verhaltenskodex verbindet und sich die Mitglieder auf das Einhalten von Mindeststandards verpflichten. Darauf lassen sich aber relativ wenige der PR-Aktiven ein. Hinzu kommt, dass der Berufsstand keine Zulassungsvoraussetzungen kennt und die Branche relativ jung ist. Die meisten Mitarbeiter in PR-Agenturen sind unter dreißig Jahre alt. In einer Branche ohne klare Zulassungsvoraussetzungen, allgemeingültige Kodizes und mit zahlreichen Youngstern müssen Sie also aufpassen, mit wem Sie zusammenarbeiten.
Wissen Sie, was Sie wollen?
Nein, Agenturen und PR-Dienstleister sind nicht immer schuld, wenn die Kommunikation nicht so läuft, wie Sie sich das vorstellen. Ihnen selber kommt eine Schlüsselrolle zu, die immer wieder in Vergessenheit gerät. Sie müssen wissen, was Sie wollen!
Zunächst gehen Sie bitte analytisch vor. Sie haben sicher konkrete Unternehmensziele (Absatzerwartungen, Produktentwicklungen, Expansionsvorhaben, Effizienzsteigerungen, Konsolidierungen, etc.). Nehmen Sie alle Ihre Unternehmensziele und schreiben Sie sie in eine Tabellenspalte. Rechts daneben schreiben Sie dann auf, ob und wie Kommunikation Ihnen helfen kann, das jeweilige Unternehmensziel zu erreichen. In die dritte Spalte schreiben Sie dann, welche der Kommunikationsmaßnahmen Sie schon unternehmen. Das darf ruhig ausufernd sein. Alles, was kommunikativ wirksam ist, sollte aufgeführt werden. Was ist passiert? Sie haben Ihre Kommunikation mit Ihren Unternehmenszielen verglichen und die aktuellen Maßnahmen daraufhin überprüft. Ein wesentlicher Vorteil!
In einem nächsten Schritt ist dann erst einmal Aufräumen angesagt. Schauen Sie sich die laufenden Kommunikationsmaßnahmen an. Zahlen diese tatsächlich auf die Unternehmensziele ein? Messbar? Spürbar? Wenn nicht – weg damit! Dafür haben Sie mit Spalte 2 eine konkrete Vorstellung von dem bekommen, was Ihr Unternehmen braucht.
In einem letzten Schritt markieren Sie jetzt noch die Kommunikationsfelder farbig. Eine Farbe für kontinuierliche Aufgaben, eine andere für alle ad-hoc-Maßnahmen. Die regelmäßigen Aufgaben sollten Sie möglichst betriebsintern realisieren. Für alles andere können Sie eine Agentur beauftragen. Agenturen werden Sie für diese Klarheit lieben (weil Sie konkret sagen können, was Sie wollen) und gleichzeitig auch etwas weniger lieben (weil man Ihnen keine zusätzlichen Goodies verkaufen kann).
Wissen Sie, wen Sie brauchen?
Sind Ihre eigenen Vorstellungen noch relativ diffus? Keine Sorge, Sie müssen die angesprochene Tabelle nicht bis ins letzte Detail und mit der letzten Klarheit ausgefüllt haben. Sie gibt Ihnen jedoch immer einen wichtigen Anhalt, ob die von anderen vorgeschlagenen Maßnahmen auf Ihre Unternehmensziele wohl einzahlen werden oder nicht. Halten Sie die Tabelle also auch während des anschließenden Diskussionsprozesses mit Dienstleistern aktuell. Wenn Sie bei Ihrem eigenen angedachten Maßnahmenkatalog ein ganzes Potpourri von verschiedenen Aktivitäten haben (Print, Web, Social Media, Film etc.) dann sind Sie wahrscheinlich mit einer Full-Service-Agentur gut bedient. Diese hilft Ihnen, ein Grundsetting an Kommunikationsmitteln herzustellen und achtet darauf, dass der rote Faden der Kommunikation beachtet wird. Agenturen dieser Art sind allerdings keine Spezialisten auf einem bestimmten Gebiet. Möchten Sie lieber wahre Spezialisten beauftragen und haben auch Zeit, diese zu koordinieren, gibt es verschiedene Grundarten von Kommunikationsagenturen:
- PR-Agentur: Spezialisiert auf Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – vom Klassiker, der Pressemitteilung, bis hin zur Social-Media-Kampagne.
- PA-Agentur: Lobbyisten für Ihre Sache und (mehr oder weniger) im Hintergrund aktiv.
- Werbeagentur: Über den Unterschied von Werbung und PR habe ich schon im ersten Teil berichtet. Hier also die Profis für alle Anzeigen, Werbeflyer, Aufkleber und Fotoshootings und vieles mehr.
- Freelancer: Einzelunternehmer gibt es für jede Dienstleistung im Kommunikationsbereich. Meist verfügen Sie über eine sehr gute fachliche Tiefe.
Der Drang der Branche, immer das „Besondere“ zu bieten, hat zu einer starken Spezialisierung geführt. Sie finden für alle möglichen und unmöglichen Teilgebiete der Kommunikation mit Sicherheit den absoluten Profi. Dafür müssen Sie allerdings etwas mehr Mühe investieren, als nur einen Blick in die Gelben Seiten zu riskieren oder sich eine Empfehlung geben zu lassen. Investieren Sie Zeit! Es wird sich lohnen!
Die Kriterien für die Auswahl einer Agentur
Die meisten Agenturen werben mit ihren Referenzen. Lassen Sie sich nicht von einer Logotapete blenden. Fragen Sie nach, welche konkreten Projekte sich hinter den Logos verbergen. Sind es ernsthafte Etats gewesen oder nur eine einmalige kleine Aktion? Und fragen Sie die Referenzgeber selber. Eine Agentur, die mit ihren Kunden wirbt, hat diese Art der Werbung sicher abgesprochen. Dann dürfte es auch möglich sein, über die Agentur den zuständigen Ansprechpartner auf Kundenseite in Erfahrung zu bringen und diesen nach seinen Erfahrungen zu befragen. Achten Sie darauf, dass die Agentur schon für mehrere Kunden das gemacht hat, was auch Sie benötigen. Benötigen Sie eine Unternehmensbroschüre, so lassen Sie sich konkrete Belegexemplare zeigen, welche Broschüren die Agentur schon für andere Kunden erstellt hat. Lernen Sie im Laufe der Sondierung nicht nur den Geschäftsführer der Agentur kennen, sondern ganz konkret die Personen, die Sie später auch tatsächlich betreuen werden.
Wenn Sie das alles absolviert und abgeprüft haben, sollten am Ende noch mindestens drei mögliche Agenturen übrig bleiben. Mit diesen können Sie dann einen sogenannten „Pitch“ durchführen. Hierzu mehr im dritten Teil.
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