Wie wichtig das Zusammenspiel innerhalb eines Teams ist, um gute Ergebnisse zu erzielen, weiß jede Führungskraft. Doch genauso essentiell ist es, dass Führungskraft und Team gut miteinander zurechtkommen. Gibt es einen Führungswechsel an der Spitze, kann die bis dahin erfolgreiche Zusammenarbeit empfindlich gestört werden – nämlich dann, wenn der Führungsstil des oder der neuen ChefIn auf Bedürfnisse von MitarbeiterInnen trifft, die eine andere Ansprache benötigen. Dies rechtzeitig zu erkennen, hilft Konflikte zu vermeiden.
Übernimmt eine neue Führungskraft das Ruder, wählt sie in der Regel jene MitarbeiterInnen, die auf Entscheidungsebene tätig sind, selbst aus oder bringt sie mit in die Abteilung. Das bedeutet, bisherige Teamverantwortliche verlieren ihren Job oder wechseln intern in andere Abteilungen. Ein Führungswechsel an der Spitze bringt Unruhe und Verunsicherung mit sich. Willst du sicher gehen, dass eine Veränderung auf dem Chefsessel nicht zu Verwerfungen im Team führt, lohnt ein Blick auf den Führungsstil und die Bedürfnisse im Team.
Wenn „seitliche“ Führung und der Wunsch nach Vorgaben aufeinanderprallen
Sybille W. versteht sich als Dienstleisterin des Teams. Sie gibt die Verantwortung für die Gestaltung von Aufgaben und Vorgehensweisen gerne an einzelne MitarbeiterInnen oder ans komplette Team ab. Ihre Führung erfolgt eher „seitlich“ statt von „oben“. Sie setzt auf Augenhöhe und Austausch: Entscheidungen diskutiert sie vorab und trifft sie gemeinsam, auch privat pflegt sie Kontakte ins Team. Mit diesem lateralen Führungsstil kommen jene TeammitgliederInnen gut klar, die es lieben, Verantwortung zu übernehmen und einen hohen persönlichen Freiheitsgrad ebenso schätzen wie den Austausch mit ihrer neuen Chefin.
Doch im Team gibt es auch MitarbeiterInnen, die ungern ohne vorherige Rückversicherung agieren. Sie sind mit mehr Eigenverantwortung und dem neu gewonnenen Handlungsspielraum überfordert. Ihnen fehlen zudem detaillierte Vorgaben für den Weg zum Ziel. Das sorgt für Dissonanzen auf beiden Seiten: Sybille W. stresst es, so eng führen zu müssen. Sie empfindet die Kommunikation als kompliziert. Ihr behagt es nicht, strategische Entscheidungen allein treffen zu müssen, weil sie das Gefühl hat, das Team damit zu stark zu beeinflussen.
Hier helfen nur Kompromisse: Als neue Führungskraft muss Sybille W. bei diesen MitarbeiterInnen für klare Vorgaben und eine enge Führung sorgen. Sie sollte ihnen die Verantwortung nehmen, indem sie ausschließlich Aufgaben an sie delegiert. Die Übernahme von Verantwortung bedeutet nämlich für diese TeammitgliederInnen keine Bereicherung, die klare Übernahme von Aufgaben mit engen Rahmenbedingungen hingegen schon.
Wenn eigene Vorstellungen und eigenverantwortliche MitarbeiterInnen zusammentreffen
Markus L. liebt es, Einfluss zu nehmen. Er hat klare Vorstellungen davon, was wie zu tun ist, möchte diese aber mit dem Team teilen und es von seinen Entscheidungen überzeugen. Markus L. setzt deshalb auf regelmäßige und intensive Abstimmungen. Schwierig wird es prompt, als das Team seine Auffassungen nicht teilt. Denn als Führungskraft setzt er seine Entscheidungen gern durch. Im Team stößt er nun mit seinem integrativen Führungsstil auf MitarbeiterInnen, die Wert auf ihre Selbstbestimmung und Autarkie legen. Sie arbeiten bevorzugt selbstständig und möchten auch weiterhin selbst entscheiden. Die zeitintensiven Abstimmungsprozesse demotivieren sie. Sie empfinden sie als überflüssig und anstrengend.
Markus L. wiederum hält diese MitarbeiterInnen für unnahbar und stur. Es nervt ihn zudem, wenn seine Meinung nicht vom Team geteilt wird. In diesem Arbeitsverhältnis ist Akzeptanz ein Thema für beide Seiten. Was hier helfen kann, ist der Faktor Zeit: Die MitarbeiterInnen können durch erfolgreiche Arbeit zunehmend das Vertrauen von Markus L. gewinnen, dadurch wird es ihrem neuen Vorgesetzten mit der Zeit leichter fallen, die von ihnen selbst getroffenen Entscheidungen innerhalb eines gesteckten Rahmens zu gewähren.
Dieses Vertrauen ist allerdings ein Schlüsselfaktor. Ohne das Vertrauen ins Können seines Teams muss er als Führungskraft sehr gute Argumente haben, damit seine Vorstellungen davon, wie Ziele zu erreichen sind, auch Beachtung und Akzeptanz bei den MitarbeiterInnen finden. Was Markus L. dabei helfen kann: seine Entscheidungen so zu vermitteln, dass die MitarbeiterInnen das Gefühl haben, sie hätten die Entscheidung selbst getroffen bzw. seien an der Entscheidung beteiligt gewesen.
EXTRA: Mut – die Erfolgseigenschaft von Chefs
Wenn Ansagen von oben und Freiheitsliebe miteinander konkurrieren
Sven T. ist ein Freund von klaren Vorgaben, Hinweisen und Zuständigkeiten. Er findet es oft motivierender, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen statt sie zu delegieren. Kommt ein oder eine MitarbeiterIn mit einem Problem zu ihm, löst er es, ohne nach dessen oder deren Meinung zur Lösung zu fragen. Während das TeammitgliederInnen begrüßen, die enge Führung und klare Ansagen benötigen, nervt es andere mit Wunsch nach Handlungs- und Entscheidungsspielraum. Sein formaler Führungsstil demotiviert sie.
Hier liegt der Schlüssel zur erfolgreichen Zusammenarbeit in der Kunst der langen Leine: Wenn Sven T. den freiheitsliebenden MitarbeiterInnen einen relativ großen Spielraum zugestehen kann und diese ihm im Gegenzug beweisen, dass sie verlässlich die erwartete Leistung erbringen, dann kann das Miteinander für alle Beteiligten auch weiterhin zufriedenstellend funktionieren. Die neue Führungskraft erfährt auf diese Weise, dass Delegation und eigenverantwortliches Handeln von MitarbeiterInnen kein „Problem“ darstellen und die MitarbeiterInnen wiederum lernen mit der Zeit zu schätzen, dass sich von einer Führungskraft, die gleich Lösungen parat hat, auch etwas lernen lässt und Unwegsamkeiten damit schneller aus dem Weg geräumt sind.
Egal, welchen Stil eine neue Führungskraft mit sich bringt – für Betriebsklima und Output ist es entscheidend, dass sich die Verantwortlichen über potenzielle Stolperfallen in der Zusammenarbeit im Klaren sind. Dabei hilft eine klare Analyse der Bedürfnisse und Motive aller Beteiligten – und zwar nicht erst dann, wenn der Konflikt bereits kocht.
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