Viele Senior-Unternehmer übergeben ihr Unternehmen ihrem Nachfolger und verlieren von heute auf morgen ihren Lebenssinn. Eine systematische Vorbereitung auf den Ruhestand kann eine persönliche Krise vermeiden. Davon profitieren nicht nur der Alt-Unternehmer selbst, sondern auch sein Nachfolger und das Unternehmen.
Unternehmensnachfolge lustig im Film, schwierig in der Realität
Wer von Ihnen kennt nicht Loriots bemerkenswerten Filmklassiker “Pappa ante Portas“? Eine lustige Szene reihte sich an die Nächste als Heinrich Lohse, ehemaliger Verkaufsdirektor einer großen Firma, unzählige Versuche unternimmt, um noch irgendwie spüren zu können, gebraucht zu werden. Erst jetzt wird ihm klar, wie sehr er sich doch in den letzten Berufsjahren, durch seinen anspruchsvollen Beruf, von seiner Familie entfremdet hat. Durch seine Versuche, die plötzlich entstandene Leere in seinem Leben zu füllen, entstehen zahlreiche Konflikte mit seiner Frau.
Tabuthema: Depressionen durch Ruhestand
Diese Szenen verlieren den Charakter einer Komödie, wenn sie sich in den eigenen vier Wänden abspielen. Rund 20 –bis 30 Jahre liegen statistisch heute vor Ihnen, wenn sie in den Ruhestand gehen. Diese wertvollen Jahre mit Glück und Zufriedenheit zu füllen, kann eine echte Herausforderung sein. Gerade Menschen, die ihre ganze Energie in den Job und die Karriere gesteckt haben, erleben in den ersten Monaten, manchmal sogar Jahren, des Ruhestands eine handfeste Krise, die oftmals von starken Depressionen begleitet wird.
Interessanterweise ist dieses doch so wichtige Thema, noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Meine Recherchen haben ergeben, dass man sich zwar mit der finanziellen
Situation im Ruhestand beschäftigt, nicht aber mit der emotionalen. Die persönliche Vorbereitung auf den Ruhestand sollte rund zwei Jahre vor dem Austritt aus der Firma beginnen.
Wie lässt der Senior sein „Baby“ hinter sich?
Als Senior-Unternehmer waren Sie bislang immer
- Macher,
- Entscheider,
- Vorreiter,
- Chef.
Kurzum, eine wichtige Persönlichkeit mit Herz und Kopf des Unternehmens. Sie haben über Jahre hinweg etwas wachsen lassen und dieses „Baby“ werden Sie nun loslassen. Bei diesen Gedanken sind sie dann plötzlich da – die zwei Herzen, die in einer Brust schlagen.
Sie blicken dem Ruhestand positiv entgegen…
Auf der einen Seite freuen Sie sich darauf,
- endlich nicht mehr alles entscheiden zu müssen,
- nicht ständig unterwegs zu sein,
- mehr Zeit für die Familie zu haben,
- endlich tun und lassen können was Ihnen Spaß macht.
…zugleich sind Sie ängstlich und kritisch
Dagegen stehen Gefühle wie
- Angst vor mangelnder Wichtigkeit,
- Nichts mehr bewegen zu können,
- plötzlich zum „alten Eisen“ zu gehören,
- zu viel Freizeit, um nur ein paar Dinge aufzuzählen.
In zahlreichen Unternehmensübergaben war immer wieder zu beobachten, wie sehr diese negativen Gefühlen die Unternehmensübergabe erschweren und zu verhärteten Fronten führen. Das bedeutet Stress für alle Beteiligten und hat häufig auch negative Auswirkungen auf das Unternehmen.
Leitfragen für die 3. Lebensphase
Stellen Sie die Planung Ihrer neuen Lebensphase auf drei Säulen. Diese Fragen werden Ihnen bei Ihrem Konzept helfen:
1. Säule: Aktivität und Struktur
- Welche unerfüllten Träume möchte ich mir erfüllen?
- Möchte ich der Gesellschaft etwas zurück geben? In welcher Form?
- Welche Aktivitäten sollen zukünftig meinen Alltag füllen?
- Wie gebe ich meinem Tag eine Struktur?
2. Säule: Partnerschaft und soziales Umfeld
- Welcher häuslicher Rahmen muss geschaffen werden, damit sich beide Partner wohlfühlen?
- Was wollen mein Partner/in und ich zukünftig gemeinsam unternehmen und was unternimmt jeder für sich?
- Welche Rolle möchte ich zukünftig in der Partnerschaft einnehmen?“ (auf die Bedürfnisse beider Partner abgestimmt)
- Was bedeutet es für meinen Partner / meine Partnerin, wenn ich zukünftig mehr Zeit zu Hause verbringen werde?
- Wie sieht mein soziales Umfeld aus?
- Wo kann ich neue Kontakte knüpfen?
Beziehen Sie Ihren Partner bei Ihren Vorbereitungen mit ein, so dass auch er/sie ein Gespür für die neue Situation bekommt.
3. Säule: Erhaltung der geistigen und körperlichen Fitness
- Was möchte ich zukünftig für meine körperliche Fitness tun?
- Wie erhalte ich mir meinen frischen Geist?
- Wie kann sich meine Ernährung positiv auf Körper und Geist auswirken?
Jetzt beginnt das Abenteuer 3. Lebensphase
In dem Augenblick, in dem Sie beginnen, sich mit diesen Fragen auseinander zu setzen, sind Sie mittendrin, im Abenteuer „3. Lebensphase“. Mit jeder Beantwortung einer Frage wird Ihre neue Lebensphase greifbarer und plastischer. Der graue Nebel lichtet sich und irgendwann sehen Sie Ihre zukünftige Insel. Je lebendiger dieses Bild für Sie wird, desto gelassener werden Sie. Sie werden nicht mehr das Gefühl haben, Dinge bis zum Schluss als Ihr „Denkmal“ zementieren zu wollen.
Holen Sie Ihren Nachfolger ins Boot!
Jetzt ist der richtige Augenblick, um Ihren Nachfolger mit ins Boot zu holen, denn jetzt können Sie langsam loslassen. Genau dieses „Loslassen“ ist der wichtige Punkt. Nun sind Sie in der Lage objektiver an das Thema „Übergabe“ zu gehen. Sie wechseln von der Rolle des strengen Lehrers, der darauf achtet, dass alles wie bisher gemacht wird, in die Rolle des Mentors.
Sie können jetzt andere
- Meinungen,
- Ansichten und
- Konzepte
annehmen und mit Ihren Erfahrungen abrunden.
Dieser Rollenwechsel ist ganz wichtig, damit die Fronten nicht verhärten. In dieser Phase überlegen Sie gemeinsam mit dem Nachfolger, wie Sie diesen unterstützen können, wie Ihr wertvolles Firmenwissen Ihrem Nachfolger und dem Unternehmen weiterhin helfen kann und wie Sie dieses konservieren können.
Glücklich und zufrieden in den Ruhestand gehen
Nun folgt die Phase der Dokumentationen und die Einarbeitung des Nachfolgers. Ihre Planung für Ihr neues Leben läuft parallel weiter und so entsteht ein fließender Übergang in den Ruhestand. Durch diesen sachten Übergang sind für den Tag X alle Parteien gut vorbereitet und es gibt 3 Gewinner:
- Ruheständler
- Nachfolger
- Unternehmen
Und sind wir doch mal ehrlich, die Aussage:
“Cooler Typ, schade dass er bald weg ist.“
ist doch besser als die Aussage:
“Man, bin ich froh, wenn ich das Drama mit dem Senior hinter mir habe.“
Weitere Artikel dieser Serie:
- Plötzlich Nachfolger? Die ersten Schritte als neuer Chef! (Teil I)
- Plötzlich Nachfolger? Neue Werte gekonnt etablieren (Teil II)
- Plötzlich Nachfolger? Generationenmanagement in der Übernahmephase (Teil III)
- Stress in der Übernahmephase? So lässt der Senior los! (Teil IV)
- Nachfolger gesucht: Diese Fragen sind entscheidend! (Teil V)
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