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„Downsizing“ – „Rightsizing“ – „Delayering“ – „Personalumbau“ – „Verschlankung“

Es gibt 1000 Begriffe für die Entlassung von Mitarbeitern. Aber am Ende bleiben alle Beteiligten sprach- und hilflos zurück: das Management, die entlassenen und die verbleibenden Mitarbeiter.

Im Gespräch mit unternehmer.de erklärt Anja Schauenburg, Geschäftsführerin von „Schauenburg. Die Personalumbauer„, wie Unternehmen die verbleibenden Mitarbeiter mitnehmen und ihnen neue Perspektiven aufzeigen können.

Der Wandel im Personalmanagement

unternehmer.de: Ebay, Mercedes oder Siemens – dies sind nur einige der Unternehmen, die sich aktuell im Zuge von Umstrukturierungen oder tiefgreifenden Veränderungen von Mitarbeitern trennen müssen. Hat sich in den letzten Jahren der Umgang mit Mitarbeitern in Krisenzeiten gewandelt?

Anja Schauenburg: Ein ganz klares Ja. Wurden vor zehn bis 15 Jahren, nach dem Platzen der Internetblase, noch halbe Belegschaften gekündigt, gelten Entlassungen heute eher als allerletztes Mittel.

Die Unternehmen versuchen stattdessen mit

  • Kurzarbeit,
  • alternativen Arbeitszeitmodellen,
  • Vorruhestandsregelungen oder
  • freiwilligen Aufhebungsverträgen

Massenentlassungen vorzubeugen – oft mit Erfolg. Trotzdem ist Personalumbau nach wie vor ein Tabuthema in den meisten Firmen.

unternehmer.de: Weshalb ist das so?

Anja Schauenburg: Dem Topmanagement fällt es in der Regel schwer, einzugestehen, Fehler gemacht bzw. die falschen Entscheidungen getroffen zu haben. Niemand spricht gerne unangenehme Wahrheiten aus. Vor allem nicht, wenn dadurch die Zukunft hunderter oder gar tausender Mitarbeiter auf dem Spiel steht.

Doch genau diese Scheu vor offenen, ehrlichen Gesprächen ist das Problem:

Wird die Belegschaft nicht zeitnah über die anstehenden Veränderungen informiert oder erfährt es zufällig aus der Presse, verliert sie das Vertrauen ins Management. Die Folge sind:

  • Verunsicherung
  • Angst
  • Frustration

Wer muss gehen? Was heißt das für die verbleibenden Mitarbeiter? Müssen Lohnkürzungen in Kauf genommen werden? Kann die Kehrtwende wirklich noch geschafft werden? Ein effektives Arbeiten ist so nur schwer möglich. Keine gute Ausgangssituation für das an sich schon angeschlagene Unternehmen.

Darauf müssen Sie beim Personalumbau achten!

unternehmer.de: Wie können Führungskräfte frühzeitig die Ängste und Wünsche ihrer Mitarbeiter erkennen? Worauf sollten sie achten?

Anja Schauenburg begleitet seit 12 Jahren Umbauprojekte bei KMU

Anja Schauenburg begleitet seit 12 Jahren Umbauprojekte bei KMU

Anja Schauenburg: Grundsätzlich gibt es zwei Typen von Mitarbeitern: Die einen, die ihren Unmut und ihre Verärgerung lautstark äußern. Auf diese einzugehen ist für Vorgesetzte relativ einfach. Hier bietet sich ein offenes Gespräch an, in dem alle Reibungspunkte inklusive Lösungsmöglichkeiten ausführlich besprochen werden können.

Und dann gibt es die zweite Gruppe von Mitarbeiter: Die stillen, die ihre Meinung lieber für sich behalten und ihren Ärger hinunterschlucken. Führungskräfte müssen in einer solchen Situation besonders empathisch und aufmerksam sein.

Anzeichen für latente Unzufriedenheit sind beispielsweise

  • schlechte Laune,
  • häufige Krankmeldungen oder
  • schwelende Konflikte zwischen Kollegen.

In der Praxis bewährt hat sich zum Beispiel ein Treffen pro Woche im Team, in dem sich alle austauschen können.

Oder aber die Mitarbeiter um ein Gespräch unter vier Augen bitten, die sich stark zurückgezogen haben und deren Leistung abgefallen ist.

unternehmer.de: Wie kann das Unternehmen den Prozess „angenehmer“ für alle gestalten bzw. solchen Reaktionen vorbeugen?

Anja Schauenburg: Offen und ehrlich kommunizieren. Gutes Timing ist essentiell. Die Belegschaft darf die Neuigkeiten beispielsweise nicht aus der Presse erfahren; ebenso wenig sollten den Mitarbeitern die Kündigungen schriftlich übermittelt werden, ohne sie vorab zu informieren. Aufgabe des Managements ist es, die Mitarbeiter emotional abzuholen und über jeden Schritt umfassend zu informieren.

unternehmer.de: Wie sieht das konkret aus?

Anja Schauenburg: Sinnvoll ist eine Großveranstaltung, bei der alle über die aktuelle Situation informiert, konkrete Zahlen bzw. erste Schätzungen genannt werden und wann weitere Details folgen.

Auch die Gründe für die Entlassungen gilt es, sachlich zu vermitteln – jedoch dürfen die Mitarbeiter nicht den Eindruck gewinnen, das Topmanagement stehe dem Ganzen gleichgültig gegenüber.

Ehrliche, mitfühlende Worte ohne Schönfärberei sind zielführend.

Wichtig ist, die Führungskräfte und den Betriebsrat vor den Mitarbeitern über die Änderungen zu informieren. Erfahren beide Parteien erst auf der Betriebsversammlung von anstehenden Entlassungen, ist es demütigend für die Führungskräfte, nicht Bescheid gewusst zu haben, und der Betriebsrat neigt dazu, eine härtere Linie zu fahren.

unternehmer.de: Aus welchem Grund?

Anja Schauenburg: Weil er unter Druck steht: er muss innerhalb kürzester Zeit vor versammelter Mannschaft entscheiden, welchen Kurs er einschlägt. Um das Gesicht zu wahren, wird dann meist der aggressivere Weg gewählt.

Wichtig: Transparenz, Einfühlungsvermögen, Souveränität

unternehmer.de: Mit entlassenen Mitarbeitern fair umzugehen ist eine Seite, aber wie gelingt es dem Management, die bleibenden Mitarbeiter zu motivieren?

Anja Schauenburg: Entscheidend ist zweierlei:

  1. Wie wird der Abbauprozess abgewickelt? Ist er nachvollziehbar, sind die Gründe plausibel? Wird den entlassenen Mitarbeitern unter die Arme gegriffen bei der Jobsuche? Werden sie dafür freigestellt?
  2. Und zweitens gibt es eine Perspektive? Wie ist der strategische Kurs?

Alle müssen davon überzeugt sein, dass es sich lohnt zu bleiben, Mitarbeiter wie Führungskräfte. Wer keine Perspektive sieht, geht – vor allem Top-Performer. Hier ist entscheidend, wie sich das Management und Geschäftsleitung verhalten.

Gehen sie mit gutem Beispiel voran? Oder sind sie selbst hilflos und überfordert? Stehen die Führungskräfte hinter der Entscheidung der Geschäftsleitung und blicken nach vorne? Können sie ihrer Mannschaft vermitteln, wie die Krise konkret überwunden werden soll?

Entscheidend ist, wie souverän sie durch den schweren Prozess führen.

unternehmer.de: Wie sieht das praktisch aus?

Anja Schauenburg: Alle Karten müssen offen auf den Tisch gelegt, sämtliche Bedenken diskutiert werden. Am besten eignen sich dafür informelle Treffen oder kleinere Workshops.

Gut ist ebenfalls, Präsenz zu zeigen, sich zum Beispiel mit Mitarbeitern aus der Produktion oder dem Vertrieb auszutauschen und um deren Meinung zu fragen.

Das kann auch in Form von Telefongesprächen erfolgen – das Management erhält so nicht nur den gewünschten Lagebericht bzw. neue Anregungen, sondern setzt auch ein Zeichen des persönlichen Interesses.

Es gilt, die Entfremdung zwischen Spitze und Basis zu verkleinern und wieder eine Einheit zu bilden – mit einem gemeinsamen Ziel: das Unternehmen voran zu bringen und fit für die Zukunft zu machen.

unternehmer.de: Vielen Dank für das Interview!

unternehmer.de

unternehmer.de ist das Wissensportal für Fach- und Führungskräfte im Mittelstand, Selbständige, Freiberufler und Existenzgründer.

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