Der demografische Wandel kommt. Eigentlich ist er schon da. Viele Unternehmen agieren jedoch immer noch so, als ob es ihn nicht gäbe. Ich kenne durchaus auch einige löbliche Beispiele, wo – noch viel zu wenige – Unternehmen den Wandel nicht nur wahrnehmen, sondern sogar schon entsprechend handeln. Und sich vorbereiten. Worauf? Auf die Zeit, wo sie nicht mehr aus einem großen Pool von jungen Mitarbeitern schöpfen können. Aus dem einfachen Grund, weil der Pool so ziemlich leer ist.
Seit Jahren herrscht „Jugendwahn“ in den Unternehmen. Kandidaten, die es wagen, sich mit 40+ über die Schwelle von HR-Abteilungen zu wagen, werden scheel angesehen. Zu alt. Zu teuer. Lohnt sich das Einstellen hier noch? Jung scheint in den deutschen Köpfen besetzt zu sein mit Erfolg. Komplexe und sich rasch wandelnde Aufgaben, Projekte, Instrumente und Methoden scheinen nur durch junge, und dadurch automatisch als flexibel eingestufte Mitarbeiter durchführbar. Jung ist flexibel. Älter oder alt ist es nicht. Dieses Schwarz-Weiß-Denken kann für Unternehmen langfristig gefährlich sein.
Früher Ruhestand oder späte Herausforderung?
Auf der anderen Seite gibt es viele Mitarbeiter, die gerne früh in den Ruhestand gehen wollen. Bei guter Absicherung natürlich. In den letzten Jahren haben Unternehmen und ältere Mitarbeiter, unterstützt von den Gewerkschaften, am gleichen Strang gezogen. Die Konsequenzen des demografischen Wandels wurden verdrängt. Genau deswegen haben auch die wenigsten Unternehmen fertige Konzepte bereit, wie sie sich die Beschäftigung älterer Mitarbeiter über die kommenden Jahre vorstellen. Konzepte, wie die Jungen gewonnen werden, gibt es zahlreiche. Das ist gut und richtig, wird aber nicht reichen.
Denn wir wissen ja, dass definitiv nicht genug junge Menschen zur Verfügung stehen. Nicht nur in Ingenieurberufen, sondern überall, wo Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern besteht. Dies wird sich mittelfristig sehr stark bemerkbar machen, in manchen Industrien sogar schon kurzfristig.
Ältere Mitarbeiter sind teurer – ja, aber
Bei reiner Betrachtung der Gehaltskosten schlagen ältere Mitarbeiter in der Regel wesentlich stärker zu Buche, als vergleichbare Jüngere. Andere Kosten und Aufwendungen, die nicht eindeutig berechnet werden können, übersehen Unternehmen leider oft. Fehler, die durch noch nicht vorhandene Erfahrung entstehen, wertvolle Netzwerkkontakte der älteren Mitarbeiter, die mit diesen in den Ruhestand entschwinden, hohe Arbeitsroutine, tiefe Loyalität zum Unternehmen, Transferverluste an Wissen und Erfahrung. Wenn Unternehmen auch diese Seite betrachten, ist die reine Kostenperspektive eine ganz andere. Dazu kommt, dass ältere Mitarbeiter meist einen sehr realistischen Umgang mit komplexen Sachverhalten haben, krisenbeständig sind und gutes Zeitmanagement, hohe Kooperationsfähigkeit und Gelassenheit aufweisen. Sie haben schon alles gesehen, wenig kann sie überraschen. Diese Souveränität, die lange Jahre der Lebens- und Arbeitserfahrung mit sich bringen, kann kein noch so brillanter junger Mitarbeiter vorweisen.
Jüngere Mitarbeiter sind kreativer – wirklich?
Weit verbreitet ist nach wie vor: Mit dem Älterwerden verschwinden die Eigenschaften Leistungsfähigkeit, Kreativität, Flexibilität und Lernfähigkeit oder werden zumindest abgebaut. Dem ist nicht so! Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen: Leistungskraft und Innovationsfähigkeit haben wenig mit dem biologischen Alter zu tun. Es geht vielmehr darum, ob Menschen in ihrer privaten und beruflichen Umgebung in ihrer Entwicklung gefördert und gefordert oder gehemmt werden. Wenn also Unternehmen bereit sind, die Potenziale ihrer älteren Mitarbeiter richtig zu nutzen, steht meist kreativen und sehr engagierten älteren Mitarbeitern im Unternehmen nichts im Wege.
Wird Mitarbeitern jedoch unbewusst immer wieder klar gemacht „Ihr gehört zum alten Eisen, könnt das ja alles sowieso nicht mehr“, werden die Potentiale „Freude am Lernen von Neuem“ und ein gewisser „Innovationsgeist“ endgültig versickern und die so bedachten Mitarbeiter werden sich nur zu gerne in den Ruhestand zurückziehen. Wo erwiesenermaßen viele dann sofort neue und innovative Hobbies beginnen. Wie schade, dass die Unternehmen diese Ressourcen dann nicht mehr anzapfen können.
Unternehmen brauchen ältere Mitarbeiter
Es steht gar nicht mehr zur Debatte, ob ältere Mitarbeiter beschäftigt oder nicht beschäftigt werden. Es ist längst eine Tatsache: Unternehmen brauchen ältere Mitarbeiter. Denn andere kommen ja nicht ausreichend nach! Das Durchschnittsalter der Belegschaften steigt ständig. Ich sage voraus, dass Zeiten kommen werden, wo Unternehmen sich unsäglich freuen, wenn eine Bewerbung eines oder einer 50+ Fachkraft auf den Tisch flattert! Statt also die Mitarbeiter in den Vorruhestand zu senden, müssen Unternehmen diese brisante Thematik verstehen, offen sein dafür, sie weiterentwickeln und ihre Personalpolitik entsprechend anpassen. Da ist auch die interne Kommunikation stark gefragt, in den unternehmensinternen Sprachregelungen die älteren Mitarbeiter als Mehrwert zu beschreiben. Nur so wird sich diese Sichtweise in allen Köpfen festsetzen. Eine intelligente und zukunftsorientierte Personalpolitik muss für jeden Mitarbeiter Perspektiven und auf die Lebensphasen bezogene Entwicklungsmöglichkeiten bieten.
Ältere Mitarbeiter repräsentieren Mehrwert
Eine solche Personalpolitik muss eine Unternehmenskultur fördern, die ältere Mitarbeiter nicht als notwendiges Übel oder als Makel sieht, sondern als klaren Mehrwert! Die Aufgabe der heutigen Personalpolitik ist es erstens, vorhandene Mitarbeiter an sich zu binden – Achtung, die Konkurrenz da draußen wird groß sein – zu fördern und zu motivieren. Und zweitens über klassische und innovative Rekrutierungswege neue Mitarbeiter zu gewinnen. Eine intelligente Personalpolitik wird sich dabei gleichermaßen an jüngere und ältere Mitarbeiter wenden. Um die richtigen Mitarbeiter anzuziehen gehört hier auch dazu, die Fähigkeit und Bereitschaft zum Lernen in allen Altersgruppen zu erhalten und zu fördern.
Eines muss uns klar sein: Bisher gerade noch in der Minderheit, werden Beschäftigte 50+ in wenigen Jahren einen wesentlichen Anteil des Personalbestandes der Unternehmen ausmachen. Diese Entwicklung stellt jedoch kein Risiko dar, sondern eine Chance. Wenn Unternehmen rechtzeitig handeln und sich und ihre Struktur und Personalpolitik entsprechend vorbereiten. Und rechtzeitig bedeutet in diesem Fall eigentlich schon gestern. Voraussetzung dazu ist eine zukunftsorientierte und intelligente Personalpolitik und ebensolche Führungskräfte.
(Bild: © iStockphoto.com)
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