Gerhard Erning ist Gründer und CEO von BARTER1 und hilft Retailern dabei, volle Lager in wertvolle Medienleistungen zu verwandeln. Wie genau das funktioniert und welche Herausforderungen damit verbunden sind, erklärt er im Interview.
Vor welchen Problemen stehen Retailer heute?
Der Geschäftsalltag von Händlern ist grundsätzlich sehr dynamisch. Es ist schwierig, vorherzusehen, wie viel von welcher Ware tatsächlich in Zukunft gekauft wird. Dazu kommt die aktuelle Konjunkturlage und die damit verbundene sinkende Nachfrage bei den Herstellern oder Händlern. Eine zusätzliche Herausforderung ist der immer schnellerer Lebenszyklus von Produkten, was z.B. das Vermarkten von EOL-Geräten (End-of-Life) ebenfalls schwieriger macht. Das Resultat ist sehr oft, dass Händler ihre Lager nicht leer bekommen, was mit hohen Kosten verbunden ist.
Wie löst ihr diese Probleme mit BARTER1?
Wir sprechen zunächst den CFO oder CSO an und schildern unser Geschäftsmodell. Dann geht es meistens auch schon sehr schnell: Wir kaufen die Lagerware zu Beschaffungspreisen ein. Wir leeren somit Lager und reduzieren damit Verbindlichkeiten in der Bilanz. Dagegen kann der CFO dann die Medialeistung – z.B. in Form von Werbung – als Forderung der BARTER1 gegenüber buchen. Somit verbessert sich das bilanzielle Ergebnis des Unternehmens in zwei Schritten.
Zum Beispiel helfen wir einem Kunden monatlich und dem anderen quartalsweise. Immer dann, wenn ein Unternehmen Werbung schaltet oder schalten will, übernehmen wir Waren und danach wird die Werbung geschaltet.
Woher kam die Idee für BARTER1? Wie bist du auf die Probleme von Retailern aufmerksam geworden?
Mein beruflicher Einstieg war in einer Mediaagentur und hat mich gleich als allererstes zu einem Barterkunden geführt. Damals vor 30 Jahren war es ein Autohersteller aus Japan, der zwar Werbung mit hoher Markenbekanntheit machte, aber dennoch keine Autos verkaufte. Es gab zu der Zeit allerdings ein Unternehmen, das dem japanischen Hersteller die Autos abkaufte. Diese wurden zugelassen und tauchten somit auch in den Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes als zugelassen auf. Und auch die Werbung wurde zu einem großen Teil über diesen Barterkunden eingekauft.
War das so etwas wie ein “Aha!-Moment” für dich oder war dir schon vorher klar, dass dieses Konzept ein geeigneter Lösungsweg ist?
Gegengeschäfte kannte ich aus meinem BWL-Studium. Und eigentlich sogar schon aus der Schule im Erdkundeunterricht. Damals wurde thematisiert, dass im kalten Krieg viele Warenlieferungen – z.B von Weizen – aus der UdSSR mit Stahl aus dem Westen gegenfinanziert wurden. Man sprach allerdings nur selten darüber. Und das hat sich bis heute nicht geändert: Die allermeisten Unternehmen möchten ihre übervollen Lager nicht thematisieren und damit auf die schwache Nachfrage einiger Produkte aufmerksam machen. Dabei betrifft das Problem fast alle Retailer.
Was ist oder war die größte Herausforderung bei eurem Geschäftsmodell? Welche Hürden kommen auf?
Gegenüber Gegengeschäften gibt es massive Vorurteile und auch einige schlechte Beispiele. Besonders bei den Media-Agenturen unserer Kunden stoßen wir oft auf Gegenwind, denn sie kennen den Warenhandel nicht und können das Thema nur schwer greifen. Gleichzeitig befürchten sie, dass wir ihnen Konkurrenz machen. Unser Geschäftsmodell soll Media-Agenturen aber nicht ersetzen, sondern ergänzen.
Auf Herstellerseite sprechen wir oft mit Marketingmitarbeitenden, die keine Berührungspunkte zu Buchhaltung, Finanzen oder im Controlling haben. Und im Marketing besteht oft immer noch die Vorstellung vom klassischen Tauschen und das löst Irritationen aus. Denn BARTER1 tauscht nichts, stattdessen stellen unsere Kunden und wir für jede Leistung, die das Unternehmen verlässt, eine Rechnung. Somit handelt es sich um einen formalen Kauf und nicht einen Tausch. Das ist Marketing-Teams manchmal schwierig zu vermitteln.
Wie reagieren Unternehmen auf eure Herangehensweise?
Ist unser Konzept einmal grundlegend erklärt und ist die Vorgehensweise vom CFO abgenickt, entsteht immer eine gewisse Euphorie, weil problembehaftete Ware jetzt doch nicht mehr unter Wert verkauft werden muss.
Marketing ist meist nicht mit Sales-Zielvereinbarungen versehen, sodass hier andere Schwerpunkte gesetzt werden. Personen, die beides inne haben – also Marketing- und Salesheads – verstehen sofort, was es bedeutet, einen Marketing- und Media-ROI von 1:1 zu erhalten und zeigen sich gegenüber unserem Service sehr offen.
Spielt Nachhaltigkeit bei eurem Geschäftsmodell eine Rolle?
Das Thema Nachhaltigkeit spielt eine immer wichtigere Rolle im Produktlebenszyklus. Und das nicht nur am Anfang der Kette, wo es zum Beispiel um den Einsatz nachhaltiger Ressourcen geht, sondern auch gerade dort, wo man über Lagerhaltung, Langerumschlagsgeschwindigkeit und Verwertung von Produkten spricht, bis hin zur Entsorgung. Da werden Unternehmen heute schon mal von außen kritisch hinterfragt. Durch innovative Gegengeschäfte lässt sich nachhaltiger mit den bereits verwendeten Ressourcen umgehen. Durch die Gegengeschäfte sorgen wir dafür, dass hochwertige Ware nicht verramscht wird, sondern weiterhin Abnehmer findet. Gleichzeitig reduzieren wir so den Bedarf an Lagerfläche.
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