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Immer noch verkennen viele kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland die Auswirkungen, die aktuelle Vorgaben für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit auf ihr Geschäft haben. Die Notwendigkeit, auch dein eigenes Geschäftsmodell zu überprüfen und langfristig zu verändern, wird jedoch immer dringender! Denn: Als Unternehmen wirst du mittlerweile an der tatsächlichen Umsetzung deiner Nachhaltigkeitsziele gemessen. Dies gilt sowohl auf regulatorischer Ebene wie auch auf Kundenseite. Eine positive Wahrnehmung in Bezug auf Nachhaltigkeit eröffnet Dir damit auch neue Geschäftschancen.

Am 6. Juli 2021 veröffentlichte die EU-Kommission die endgültige Fassung des Gesetzes zur Taxonomie-Verordnung. Ihr Ziel ist es, den „Green Deal“ in die Praxis zu übersetzen und genau festzulegen, welche Wirtschaftsaktivitäten als nachhaltig eingestuft werden. Im Rahmen der Taxonomie wurden sechs Umweltziele definiert, die auch für dich immer wichtiger werden: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme. Mindestens eines der Ziele muss erfüllt sein, damit eine Unternehmensaktivität als „grün“ gilt.

Bereits jetzt müssen große, kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungen anhand des Umsatzes, der Investitionen und der operativen Ausgaben angeben, ob ihre Aktivitäten im Sinne der EU-Taxonomie-Verordnung ökologisch nachhaltig sind, und auch auf kleinere Unternehmen kommen mehr und mehr Pflichten in diesem Bereich zu. Als ökologisch nachhaltig gelten Wirtschaftsaktivitäten, die:

  • zu einem oder mehreren der sechs Umweltziele beitragen,
  • keines der sechs Umweltziele beeinträchtigen,
  • einen Mindestschutz erfüllen und
  • den technischen Bewertungskriterien entsprechen.

Nur wenn Du alle vier Kriterien erfüllst, gilt eine Wirtschaftsaktivität von Dir als ökologisch nachhaltig!

Einfluss auch auf Finanzierungen

Ein weiterer Grund für die Dringlichkeit des Themas: Bereits seit März 2021 gilt die „Offenlegungsverordnung“ der EU. Sie verlangt für Kapitalanlagen eine Dokumentation, inwieweit Anbieter und Produkte bestimmte Nachhaltigkeitsansprüche in Bezug auf Environment (Umwelt), Social (Sozialstandards) und Governance (Unternehmensführung) – kurz ESG – erfüllen. Erschreckend viele Unternehmen sind keineswegs darauf vorbereitet, dass Kapitalgeber aller Art − am Ende auch die eigene Hausbank − ihre Mittel- und Kreditvergaben mehr und mehr an Nachhaltigkeitskriterien ausrichten werden oder sogar müssen. Wenn Investitionen aufgrund fehlender Nachhaltigkeit nicht mehr finanziert werden können, verliert Dein Unternehmen am Markt schnell den Anschluss.

Das mag man als bürokratische Belastung empfinden, aber es hilft nichts: Auch als MittelständlerIn mit mehr als 250 Mitarbeitenden und mehr als 40 Millionen Umsatz musst du dich darauf einstellen, ab 2023 einen umfangreichen Bericht über die Nachhaltigkeit deiner Geschäftsaktivitäten abzugeben. Das ist nur noch weniger als ein Jahr Vorbereitung – nicht viel Zeit für die Sammlung und Aufbereitung von Daten über Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange sowie über die Grundsätze deiner Unternehmensführung. Ab 2026 müssen dann auch kleinere Unternehmen, die jetzt noch unter den genannten Grenzwerten liegen, die neuen Berichterstattungspflichten erfüllen.

Zusätzlich geraten auch mittelständische und kleinere ZuliefererInnen für größere Betriebe unter Druck. Denn diese Betriebe werden durch das deutsche Lieferkettengesetz (genauer: Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten) verpflichtet, darüber zu wachen, dass ihre Zulieferer nicht gegen menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten verstoßen, und verlangen deshalb von diesen entsprechende Berichte. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft für Betriebe mit mehr als 3.000 Beschäftigte, ein Jahr später schon für Betriebe mit mehr als 1.000 Beschäftigte. Aktuell berät die EU-Kommission zudem einen Entwurf, der schon für Betriebe ab 500 ArbeitnehmerInnen gelten soll. Für dich als MittelständlerIn ist also jetzt die Zeit gekommen, dich mit den ESG-Aspekten und deren Auswirkungen zu beschäftigen, um Dein Unternehmen bewusst zu positionieren und zukunftsfähig aufzustellen.

Jetzt die Weichen stellen – Checkliste für den Einstieg in die EU-Taxonomie
© Andreas Hellwig

Andreas Hellwig

Andreas Hellwig ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Gießener Gesellschaft Westprüfung, einem Mitglied im bundesweiten Netzwerk HLB Deutschland. Neben den klassischen Tätigkeiten in diesem Feld liegt sein Fokus auf gestalterischen Elementen, beispielsweise im Rahmen von Umstrukturierungen und Prozessverbesserungen sowie auf dem Bereich Betriebswirtschaftliche Beratung, den er bei Westprüfung auch als  Geschäftsführer leitet.

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