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Wie viele andere Geschäftsbereiche wird auch das Recruiting massiv durch die Digitalisierung revolutioniert. Einen besonderen Stellenwert haben dabei inzwischen sogenannte „Zeitversetzte Videointerviews“ eingenommen. Im exklusiven Interview gibt Expertin Gabriela Jaecker Einblicke in das Thema.

Frau Jaecker, bitte erklären Sie kurz, was man sich unter zeitversetzten Videointerviews vorstellen darf?

Gabriela Jaecker: Zeitversetzte Videointerviews sind einer der Megatrends im heutigen Recruiting. Unabhängig von Ort und Zeit können Unternehmen mit dieser Methode ihre Bewerber einfach und unkompliziert kennenlernen. Kandidaten erhalten dafür eine Einladung per E-Mail mit Zugang zum Videointerview. In einem vordefinierten Zeitrahmen beantworten die Bewerber per Videoaufnahme eine oder mehrere Fragen zu ihrer Person, ihren Fähigkeiten oder Zielen. Unternehmen können die Fragen im Vorfeld individuell festlegen, je nachdem, welche Punkte ihnen für die Besetzung der Vakanz besonders wichtig sind.

Für die Vorbereitung und die Beantwortung der Fragen stehen den Bewerbern feste Zeitfenster zur Verfügung, die vom Unternehmen definiert werden. Wo und wann der Kandidat das Videointerview aufzeichnet, bleibt dabei ihm überlassen – eine solche Methodik funktioniert räumlich und zeitlich unabhängig. Nach dem beendeten Videointerview steht die Aufnahme dem Unternehmen direkt zur Ansicht zur Verfügung.

Im Schnitt dauert ein Videointerview nur einen Bruchteil der Zeit, die ein klassisches Vorstellungsgespräch erfordern würde. Dadurch können sich Unternehmen in der gleichen Zeit wesentlich mehr Kandidaten ansehen. Recruiter können sich ein umfassenderes Bild über die Kandidaten verschaffen und Spezialkenntnisse, wie zum Beispiel Fremdsprachen, testen.

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Durch die Nutzung zeitversetzter Videointerviews fallen bei den Unternehmen außerdem weniger Kosten an, etwa für Anfahrten der Bewerber oder für den zeitlichen Aufwand der Vorbereitung und Durchführung persönlicher Bewerbungsgespräche. Die Videos können zur effizienteren Analyse und Vorauswahl beliebig oft angesehen werden – auch von weiteren Personen, die im Unternehmen am Einstellungsprozess beteiligt sind.

Von den Vorteilen für Unternehmen mal abgesehen – wie können Bewerber davon profitieren?

Gabriela Jaecker: Auch Bewerber haben riesige Vorteile in Sachen Flexibilität und Effizienz. So kann das Videointerview zu jeder Zeit und an jedem Ort aufgenommen werden. Ob mit dem Smartphone, dem Laptop oder über eine Webcam am Desktop Rechner, ob abends oder am Wochenende – das ist absolut flexibel. Lange Anreisen zu persönlichen Vorgesprächen entfallen. Das spart Zeit und eventuell Urlaubstage. Der Interviewprozess ist zudem wesentlich schneller, da die Bewerber jede Frage in etwa ein bis zwei Minuten beantworten können.

Insgesamt profitieren Bewerber so von einem schnelleren Bewerbungsprozess und erhalten auch zügiger Rückmeldungen vom Unternehmen, etwa in Form von Zu- und Absagen. Außerdem sind bei dieser Interviewmethode die Kandidaten gegenüber ihren Mitbewerbern gleichgestellt, denn alle bekommen dieselben Fragen und die gleiche Antwortzeit und sind somit besser vergleichbar. Um sich auf Fragen gezielt vorzubereiten, kann ein Bewerber vor der Aufzeichnung des Videos auch noch einmal in seinen Unterlagen nachlesen – ein großer Vorteil gegenüber klassischen Vorstellungsgesprächen!

Stichwort DSGVO: Was ist bei zeitversetzten Videointerviews aus rechtlicher Sicht zu beachten?

Gabriela Jaecker: Natürlich müssen bei der Durchführung alle geltenden Vorschriften und insbesondere die geltenden Datenschutzgrundsätze wie Zweckbindung, Transparenz und Rechtmäßigkeit eingehalten werden. Zudem dürfen die Daten – wie alle Bewerberdaten – in der Regel nur für einen kurzen Zeitraum aufbewahrt werden. Aus technischer Sicht müssen vor allem eine sichere Übertragung und Speicherung erfolgen.

Bei der Auswertung muss das Need-to-know-Prinzip beachtet werden. Es dürfen also, wie bei allen übrigen Bewerbungsunterlagen, nur diejenigen Personen Zugriff auf die Videos haben, die im Entscheidungsprozess involviert sind. Schließlich sind automatisierte Auswertungen von Stimme, Gestik und Mimik umstritten und allenfalls nur unter sehr strikten Voraussetzungen zulässig – in den meisten Fällen sind diese jedoch nicht gegeben.

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