Als etablierte deutsche Firma klingt der Markeintritt in die USA verlockend. Wenn es in Deutschland klappt, wieso nicht auch in Amerika? Doch viele Unternehmer unterschätzen die Risiken und entstehende Probleme. Tim Schumann, Geschäftsführer von BuddyVentures, widmet sich genau diesem Problem. KMU können sich mithilfe von Explorers & Pioneers in den USA etablieren. Zu dieser Geschäftsidee findest du weitere Informationen in unserem Interview:
unternehmer.de: Stelle dein Unternehmen doch einfach mal kurz vor!
Tim Schumann: Hi! Ich bin Tim Schumann, Gründer und Geschäftsführer der BuddyVentures LLC mit Sitz in New York. Seit Anfang September haben wir Explorers & Pioneers gelauncht. Damit bieten wir unter anderem deutschen KMU sogenannte One-Stop Lösungen für den transatlantischen Markteintritt in den USA.
Wir bringen sie gleich zu Beginn mit lokalen Business Development und Sales Professionals aus der gleichen Branche in den USA zusammen und bilden vor Ort mit diesen eine interdisziplinäre Task Force, um aktiv Marktauskundschaftung, Markteintritt und Marktetablierung voranzutreiben.
Internationale Fachkenntnisse & Unterstützung vor Ort
Tim Schumann: Ein Unternehmen profitiert dabei davon, dass es vor Ort ein Team für alle Angelegenheiten hat, das sich zentral um alle Belange seines Vorhabens kümmert. Mit lokalen Zugängen und internationaler Fachkenntnis ebnen und begleiten wir das Unternehmen solange, bis es selbst im gewünschten Maß mit eigenen Mitarbeitern vor Ort aktiv sein kann.
Explorers & Pioneers: Wer genau steckt hinter dem Startup?
unternehmer.de: Nenne uns je drei Dinge (beruflich und privat), die dich an Amerika begeistern
Tim Schumann: Von der Natur, über den Alltag zum Business, hier ist tatsächlich vieles einfach größer, höher, weiter und intensiver. Das macht es oft noch etwas spannender und aufregender.
Abgesehen davon mag ich den Pragmatismus der Amerikaner. Nicht zu lange überlegen und diskutieren, schneller ausprobieren und einfach machen.
Hier interessiert es weniger, wie Du aussiehst.
Der Nachbar, der mit Sweatpants und Flipflops am Tisch nebenan sitzt kann es schon längst geschafft haben. Das ist schon oft spannend. Gerade in New York City trifft man die unterschiedlichsten Leute aus aller Welt mit den beeindruckenden Lebensgeschichten und beruflichen Werdegängen.
unternehmer.de: Was hast du vorher gemacht?
Tim Schumann: Ich habe seit mehr als 10 Jahren mit Startups im Hardware und Software Bereich gearbeitet, sowohl auf der Gründerseite als auch auf der Investorenseite. Davor habe ich für größere, renommierte Unternehmen im Bereich Banking, Marketing, Recruiting sowie Marktforschung gearbeitet.
unternehmer.de: Wie kam es zu deiner Idee und gab es einen Schlüsselmoment, in dem du dachtest „Das mache ich jetzt einfach?“
Tim Schumann: Die Idee kam mir nicht einfach aus heiterem Himmel zugeflogen. Ich beschäftigte mich seit mehreren Jahren mit dem Thema Transatlantic Business. Ursprünglich aus Investorenperspektive, im Anschluss dann mehr aus der unternehmerischen, operativen Perspektive.
Seitdem ich meinen Lebensmittelpunkt in die USA verlegt habe, wurde ich von Freunden und Geschäftskontakten aus Deutschland immer wieder darauf angesprochen, ob ich ihnen nicht vor Ort helfen kann, ihre Lösungen im Markt zu testen. Das war wohl schlussendlich dann der Auslöser, dass nun breiter anzubieten.
Die richtigen Leute vor Ort kennen
Tim Schumann: Bereits in den Jahren zuvor, als ich Unternehmen dazu befragt habe, warum sie ihren Markteintritt gewagt haben, war die Antwort fast immer, dass der Schritt gemacht wurde weil es im Zielmarkt eine Person gab, die das Vorhaben zentral unterstützte. Egal ob von Europa in die USA oder umgekehrt.
Wir denken, dass Marktopportunität dadurch kreiert wird, indem man vor Ort die richtigen Leute kennt, die ein zentrales Interesse an der Erfolgsstory eines Unternehmens haben. Daraus ist die Idee für Explorers & Pioneers entstanden.
Wie verlief die Gründung & Finanzierung des Startups?
unternehmer.de: Wie waren die anfänglichen Reaktionen auf deine Idee in deinem direkten Umfeld?
Tim Schumann: Ich habe über einen recht langen Zeitraum mit meinen Kontakten über dieses Vorhaben diskutiert, mir den Markt angesehen und mit Leuten gesprochen, die Markteintritte begleitet oder selbst erfolgreich hinter sich gebracht haben und mit Testprojekten die eigenen Lösungen daraufhin angepasst. Seitdem wir Explorers & Pioneers Anfang September gelauncht haben, können wir uns über sehr positive Reaktionen freuen, sowohl aus Deutschland, als auch aus den USA.
unternehmer.de: Was waren deine größten Ängste und Bedenken bei dem Gedanken daran, ein eigenes Unternehmen zu gründen? Gab es Momente, in denen du an der Idee gezweifelt hast?
Tim Schumann: Da ich aus der Startup Welt komme, ist dies nicht die erste Gründung, die ich erlebe und durch die vorangegangene intensive und Betrachtung des Marktes und nach einigen Tests, gab und gibt es keine Bedenken oder Ängste und auch keinen Zweifel an der Geschäftsidee. Hürden und Herausforderungen gibt es ja zu jedem Zeitpunkt. Aber diese zu meistern ist es, worum es geht und was einen dann umso mehr erfreut und Spaß macht.
unternehmer.de: Welche Tipps würdest du Menschen geben, die gerade mit dem Gedanken spielen, ein Unternehmen in den USA zu gründen? Was ist besonders in der Gründungsphase und kurz danach wichtig?
Tim Schumann: Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, ein Unternehmen bzw. oder Tochterunternehmen in den USA zu gründen ist vor allem eine ausreichende Vorarbeit wichtig. Die USA sind in der Regel ein riesiger Markt, der im Vergleich zu Europa den Vorteil einer einheitlicheren Kultur und Sprache hat und auch gesetzlich vergleichsweise einheitlich geregelt ist. Dafür ist jedoch wiederum ggf. der Wettbewerb intensiver.
In vielen Einzelgesprächen mit Service Dienstleistern mit jahrzehntelanger Erfahrung war die Message stets:
Wer einen ausreichend langen Atem (=Kapital) hatte und hier erst einmal fest im Sattel sitzt, kann sich im Anschluss oft über stetiges Geschäftswachstum und attraktive Profite freuen.
Markteintritt USA: Was ist wichtig?
unternehmer.de: Welchen Tipp würdest du Menschen geben, die versuchen in den amerikanischen Markt einzutreten? Welchen Fehler sollte man vermeiden?
Tim Schumann: Grundsätzlich ist zu beachten, dass die großen Metropolen in den USA gleichzeitig auch die teuren Standorte sind. Viele Deutsche unterschätzen das und sind dann empört darüber, wie teuer hier alles ist. Wenn Ihre Lösungen also nicht ausschließlich online sondern tangibel sind, mieten Sie nicht gleich den Laden an der Ecke in Manhattan, sondern fangen lieber z.B. mit Shop-in-Shop Lösungen oder TrunkShows an.
Weshalb nicht an falscher Stelle gespart werden sollte…
Tim Schumann: Andererseits sollte man wiederum nicht an falscher Stelle sparen. Machen Sie nicht den Fehler und nutzen zur Gründung Ihres Unternehmens oder für Ihre Buchhaltung günstige Online Plattformen. Das mag für ein einfaches, rein nationales Geschäft funktionieren.
Haben Sie jedoch international miteinander verbundene Gesellschaften ist es schnell komplexer. Dann kann dies z.B. aus steuerlicher Sicht schon mal ein böses Erwachen geben. Und im Nachgang dann umzustrukturieren, kann richtig teuer werden und dem ein oder anderen Vorhaben möglicherweise das Genick brechen.
Tipps für Startups: US-Kunden & Partnerschaften gewinnen
Tim Schumann: Startups kann ich nur anraten, nicht hierher in die USA zu kommen in der Erwartung, direkt einen Investor für sich gewinnen zu können, selbst wenn es z.B. in Deutschland schon beträchtliche Erfolge vorzuweisen hat. Wer ohne lokalem Team und Track Record ein Investment erhält, bleibt trotz positivem Trend transatlantischer Investments aktuell immer noch eine Ausnahme. Anstatt hier Investoren zu pitchen empfehle ich, die Zeit lieber in das Gewinnen erster US-Kunden oder Partnerschaften zu investieren.
unternehmer.de: Welche Charaktereigenschaften sollte ein selbstständiger Unternehmer deiner Meinung nach auf jeden Fall mitbringen, um sich in Amerika mit einem deutschen Unternehmen behaupten zu können?
Tim Schumann: Ich glaube man muss es als deutscher Unternehmer zulassen können, sein US-Geschäft auch zum erforderlichen Maß zu amerikanisieren.
Ein gutes Beispiel sind die deutschen Restaurants und Biergärten hier in New York City. Anfangs war ich noch erstaunt über die Kombination deutscher Spezialitäten, die miteinander hier teilweise serviert werden. Da kann es schon mal vorkommen, dass Currywurst, Nürnberger und Weißwurst nicht mit den passenden Beilagen serviert werden.
Wo wir Deutschen vermutlich gleich empört Alarm schlagen würden, dass dies nicht authentisch und richtig sei, spielt das hier keine Rolle. Angeboten wird, was gut schmeckt und was sich entsprechend gut verkauft. (Ich schätze es trotzdem, wenn es authentisch ist).
unternehmer.de: Welcher Unterschied besteht in der Gründung eines Unternehmens in Deutschland im Vergleich zu Amerika?
Tim Schumann: Hier in den USA geht das deutlich schneller mit der Unternehmensgründung, zwischen wenigen Tagen bis maximal 2 Wochen würde ich sagen. Das ist wohl der wesentlichste Unterschied. Darüber hinaus gibt es weitere Unterschiede mit Vorteilen, als auch Nachteilen auf beiden Seiten.
Darauf beziehen sich die Unterschiede in der Unternehmensgründung zwischen den USA und Deutschland:
- Praktikabilität
- Haftungsrisiken
- Gläubigerschutz
Auch hier führt kein Weg darum, sich an eine Kanzlei zu wenden, die sich idealerweise mit dem deutschen als auch dem amerikanischen Gesellschaftsrecht auskennt.
unternehmer.de: Gibt es Branchen oder bestimmte Geschäftsideen, die sich für eine Gründung in den USA eher nicht eignen würden?
Tim Schumann: Vermutlich nicht. Ich habe jetzt keine aktuelle Statistik im Kopf, aber ich würde sagen, dass im weltweiten Vergleich mitunter ein Großteil der innovativsten Geschäftsideen hier in den USA geboren werden.
Erfahrungen & Tipps des Gründers im Bereich Marketing & Co.
unternehmer.de: Stichwort Social Media und Web 2.0: Wie nutzt ihr soziale Netzwerke für Eure Idee? Welche Strategie verfolgst ihr hier?
Tim Schumann: Eine interessante Frage. Kommt ein bisschen darauf an, ob wir von unseren Kunden sprechen oder von uns selbst. Wie sinnvoll die Nutzung von Social Media Kanälen ist, hängt meines Erachtens von der Branche ab. Für ein Modeunternehmen ist es unerlässlich einen Instagram Account gut zu pflegen.
Die relevanten Entscheider eines deutschen Unternehmens für Laser- und Messtechnik werden dagegen wohl weniger auf Instagram oder Twitter viel Zeit verbringen. Social Media wird für unsere Explorers & Pioneers zum gegebenen Zeitpunkt relevanter sein, um weitere Interessierte auf unsere Plattform aufmerksam zu machen. Spielt aber für uns aktuell noch eine untergeordnete Rolle, da für internationales Geschäft vor allem vertrauenswürdige Kontakte und damit die persönlichen Kontakte unseres Teams wichtiger sind.
unternehmer.de: Was würdest du anderen Gründern im Bereich Social Media für einen Erfolg in Amerika raten?
Tim Schumann: Social Media für den amerikanischen Markt sollte auch von amerikanischen Social Media Könnern übernommen werden. Für unsere Kunden arbeiten wir vor Ort mit den richtigen Leuten zusammen.
Der Unterschied zwischen deutscher und amerikanischer Werbung:
unternehmer.de: Wie gehst du beim Thema Werbung und Marketing vor? Welche Unterschiede gibt es in Deutschland und Amerika?
Tim Schumann: Für uns besteht die interessante Herausforderung daraus, zwei unterschiedliche Gruppen anzusprechen und zusammenzubringen. Auf der einen Seite deutsche KMU, auf der anderen Seite Local & Young Professionals in den USA, die hungrig darauf sind, etwas zu bewegen und besonders darin aufgehen, wenn es sich um ein internationales Vorhaben handelt. Wir werden uns hier sehr unterschiedlicher Kanäle bedienen müssen.
In der aktuellen Phase geht viel über persönliche Kontakte und Empfehlungen. Allgemein würde ich Unternehmen dazu raten, amerikanische Werbung definitiv auch von lokalen Profis machen zu lassen. Vielleicht erinnern Sie sich an Ihren letzten Amerikaurlaub, als Sie im Hotelzimmer den Fernseher angemacht haben.
Ist ihnen aufgefallen, wie anders sich Werbung in den USA im Vergleich zu Deutschland anfühlt?
Ich finde Werbung in den USA oft direkter und unverblümter auf den Punkt gebracht, wohingegen in Deutschland wohl eher subtil mit mehr Understatement geworben wird. Daher würde ich umgekehrt auch jedem US-Unternehmen empfehlen, für Deutschland auch mit deutschen Werbeköpfen zu arbeiten.
unternehmer.de: Worauf bist du rückblickend besonders stolz? Was waren deine größten Erfolge?
Tim Schumann: Ich bin stolz darauf, dass unsere Lösungen, unsere Vision und Werte, für die wir mit unserem Vorhaben stehen, uns bereits die Unterstützung von Freunden und Partnerunternehmen erbracht hat, ohne die wir heute nicht an diesem Punkt wären, unsere Lösungen so anbieten zu können.
Bisher ist dieses Vorhaben ohne externes Kapital entstanden und wir haben es auch nicht eilig, das zu ändern. Wir fokussieren uns lieber darauf, unseren Kunden zu ihrem Kundenwachstum vor Ort zu helfen und darüber mitzuwachsen, als selbst über die Anzahl unserer Kunden wachsen. Qualität statt Quantität eben.
Was sind die Pläne des Startups?
unternehmer.de: Wo siehst du dich und dein Unternehmen in einem Jahr?
Tim Schumann: Noch sind wir ganz am Anfang. Aber wenn alles nach Plan läuft, haben wir in einem Jahr bereits eine aktive Community unterschiedlicher Explorers & Pioneers, die die wichtigsten Standorte in den USA und in Deutschland für jeweils unterschiedliche Branchen abdecken.
Unsere Kunden werden dabei nicht nur von der Erfahrungen eines Einzelnen, sondern von den kollektiven Learnings und Insights aller profitieren.
unternehmer.de: Eine letzte Frage: Ein Abendessen mit einem Begleiter deiner Wahl – egal, ob tot oder lebendig. Wer wäre das und was würdest du ihn fragen?
Tim Schumann: Konstantin Guericke, Co-Founder und damaliger VP of Marketing von Linkedin. Ich würde ihn fragen, was er heute anders machen müsste, wenn er Linkedin heute aufbauen würde.
Unser Buchtipp passend zum Thema:
Unternehmenserfolg in den USA: Strategie, Markteintritt, Kultur – die größten Fehler, die besten Praxistipps
Autor: Ralf Drews
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