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Das konjunkturelle Tal scheint durchschritten und der Aufschwung gewinnt an Dynamik. Im letzten Monat ist der ifo-Geschäftsklimaindex so stark gestiegen wie noch nie in einem Monat zuvor. Mit dem Aufschwung dürften viele Investitionen, die in den letzten Jahren zurückgestellt wurden, nachgeholt werden. Außerdem ergibt sich aus dem Anstieg der Auftragseingänge ein entsprechender Vorfinanzierungsbedarf.

Typisch für den Aufschwung ist also eine steigende Kreditnachfrage. Doch wird diese auch von den Banken problemlos erfüllt werden? Dem dürfte zumindest in vielen Fällen ein verschlechtertes Rating der Unternehmen entgegenstehen. Mit ca. 45 % der Gesamtnote fließt das sog. Finanzrating in die Gesamtbewertung des Unternehmens ein. Dieses ergibt sich im Wesentlichen aus der Analyse der letzten Jahresabschlüsse.

Da diese in der Rezession zumeist schlechter ausgefallen sind, verschlechtert sich für viele Unternehmen auch das Finanzrating. Rückläufige Ertragslage und Eigenkapitalausstattung, schwächerer Cash-Flow und angespannte Liquidität, alles Faktoren, die im Finanzrating zu Abstrichen führen. Angesichts des hohen prozentualen Anteils des Finanzratings an der Gesamtbewertung ist eine Verschlechterung des Ratings kaum zu verhindern.

Ein schlechteres Rating aber

  • macht es schwieriger überhaupt an Kredite zu kommen und
  • führt zu höheren Kreditzinsen, da die Banken ihre Margen risikoorientiert ausweiten, und damit zu höheren Finanzierungskosten..

Das vergangenheitsorientierte Finanzrating, das auf die Bilanzen der Vorjahre abstellt, ist also im Aufschwung ein echter Hemmschuh. Eine Lösung dieses Problems gibt es bislang nicht. Umso erfreulicher ist es, dass Sie als Unternehmer zumindest bei den sonstigen Ratingfaktoren echte Handlungsmöglichkeiten haben. Mit ca. 40 % Anteil am Gesamtgewicht fließen die sogenannten qualitativen Faktoren in das Rating ein und diese sind zum größten Teil konjunkturunabhängig, so dass sie ein echtes Gegengewicht bilden können!

  • Da sind einerseits die harten qualitativen Faktoren, bei denen es sich um objektive Tatbestände handelt, die frei von persönlichem Ermessen beurteilt werden können.

Hierunter fallen alle Fragen, ob Sie bestimmte Systeme im Unternehmen haben oder nicht.

Nicht entscheidend ist hier, ob das vorhandene System noch besser sein könnte. Gefragt wird z.B. nach dem Vorliegen einer Rentabilitäts- und Liquiditätsrechnung, nach angemessenen Reportingsystemen oder Notfallprogrammen, nach einer Profit-Centerrechnung, nach angemessenen Kalkulationsverfahren oder entsprechender IT.

Tipp:  Fragen Sie Ihren Banker konkret nach diesen harten qualitativen Faktoren und sorgen Sie dafür, dass in diesem Teil des Ratings alle Fragen mit „ja“ beantwortet werden können.

  • Andererseits sind die weichen qualitativen Faktoren zu berücksichtigen.

Dabei handelt es sich um alle subjektiven Einschätzungen Ihrer Person und Ihres Unternehmens. Diese nimmt in der Regel Ihr persönlicher Kundenberater vor, der dabei erhebliche Ermessensspielräume hat. Beispiele hierfür sind etwa die Einschätzung Ihrer fachlichen und kaufmännischen Qualifikation bzw. der Qualifikation Ihrer leitenden Mitarbeiter.

Aber auch die Gesamtausbildung des Personals, die Qualität der Produkte oder die Effizienz des Produktionsbereiches usw. wird beurteilt. Zweifelsohne wird Ihr persönlicher Berater viele Fragen gar nicht ohne weiteres zuverlässig und richtig einschätzen können. Er muss trotzdem eine Beurteilung abgeben. Es ist also von entscheidender Bedeutung, was Ihr Berater über Sie weiß, welchen persönlichen Draht er zu Ihnen hat und was er über Sie denkt.

Tipp:  Investieren Sie Zeit in die Qualität Ihrer persönlichen Beziehung zu Ihrem Bankberater. Der Halo-Effekt, der in der Psychologie besagt, dass Einschätzungen aus einem Bereich auch auf einen anderen übertragen werden, kann Ihnen sehr nützlich sein.

Schätzt Ihr Berater Sie in einigen Bereichen sehr positiv ein, z.B. als einen absolut zuverlässigen und kompetenten Kaufmann, auf den man sich jederzeit verlassen kann, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass sich diese positive Einschätzung auch auf Bereiche überträgt, die Ihr Banker gar nicht sicher beurteilen kann. Das ganz funktioniert aber auch andersherum, also tun Sie was für eine positive Einschätzung.

Das Problem mit dem sich verschlechternden Finanzrating kann so zwar nicht gelöst, aber auf jeden Fall abgemildert werden. Für die Gesamtratingnote ist dann noch Ihre Kontoführung von entscheidender Bedeutung.

Und was halten Sie davon?

Wie versuchen Sie ihr Rating zu verbessern?

(Bild: © Anastasiya Zolotnitskaya – fotalia.com)

Mario Porten

Mario Porten war 23 Jahre für verschiedene Banken tätig. Er war dabei 15 Jahre lang in leitender Position verantwortlich, davon acht Jahre als Vorstand. Als erfahrener Praktiker kennt er die Probleme des Mittelstandes. Heute arbeitet er als Berater, Trainer und Coach. Neben Themen rund um Strategie, Personal und Führung widmet er sich mit dem Beraternetzwerk www.bankperspektive.de speziell den Problemen des Mittelstandes rund um die Hausbank. Sein Buch „Banken-Coach für den Mittelstand“ ist 2010 erschienen.

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