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Im Mittelpunkt von Unternehmensgründungen steht in der Regel eine Produktidee. Selbst die originellsten Innovationen sind jedoch keine Selbstläufer. Es sind selten die Produkte die begeistern, sondern das Gesamtpaket, das ein Unternehmen seinen Kunden bietet, um deren Problem zu lösen und Erwartungen zu erfüllen. Nachhaltiges und profitables Wachstum geht nur über professionellen Vertrieb, der idealerweise schon parallel zur Produktentwicklung aufgebaut wird. 

1. Auch ohne Produkt schon Kundenkontakt

Junge Unternehmen starten immer mit einer Produktidee. Aus der Idee wird ein Rohentwurf, wird ein Feinentwurf, wird ein erstes Produkt, das weiter optimiert wird bis zur Marktreife. Dann stellt sich die Frage nach der Produktion. Vertrieb wird erst dann ein Thema, wenn die wesentlichen Produktfragen geklärt sind. Das ist die klassische zeitliche Schrittfolge bei Unternehmensgründungen: Produktidee, Herstellung, Verkauf.

Warum einen Verkäufer bezahlen, wenn es noch gar nichts gibt, dass verkauft werden kann?

Diese Sichtweise verkennt jedoch drei wichtige Aspekte. Da Produkte immer für spezielle Kunden gedacht sind, ist es sinnvoll, einen engen Kontakt zu den Kunden schon in der Entwicklungsphase aufzubauen:

  • für die Problemsuche des Produkts und Lösungsfindungen
  • für das Erfassen der Zielgruppe 
  • für den Verkauf, bevor es das perfekte Endprodukt darstellt

Der Vertrieb übernimmt damit die Rolle des Kundenbeauftragten, ist nicht nur Verkäufer, sondern trägt dazu bei, dass das Erfolgsdreieck aus Kundenproblem, Zielkunden und der entwickelten Problemlösung stimmig ist. Darüber hinaus wird ein tiefes Kundenverständnis entwickelt und Berührungspunkte zu Kunden aufgebaut, die für das weitere Wachstum aktiviert werden können.

2. Der richtige Führung für den Vertrieb

Die erste Personalentscheidung ist die wichtigste. Es sollte sich ausreichend Gedanken über das benötigte Rollen- und Anforderungsprofil gemacht werden, bevor die Suche nach einer geeigneten Person für den Aufbau und die Führung des Vertriebs beginnt. Welche Art von Führungspersönlichkeit mit welchen Kompetenzen benötigt wird, hängt maßgeblich vom Unternehmen ab. Gesucht wird jemand, der:

  • …ein interdisziplinäres Wachstums-Team aufbauen kann
  • …sich als Schnittstellen-Entwickler zum Markt betrachtet
  • …Organisationen aus Kundensicht schafft
  • …Veränderungsprozesse gestalten kann

Die richtige Führung für den Vertrieb zu finden ist eine besondere Herausforderung für Neugründungen. Häufig wird diese Aufgabe von einem der Gründer übernommen, wobei es zu den Qualitäten von guten Gründern gehört, selbstkritisch einschätzen zu können, für welche Aufgaben und Rollen sie geeignet sind und wo ihre Grenzen sind und externe Verstärkung erforderlich ist.

EXTRA: Kundengewinnung am Telefon: Weniger quasseln, mehr verkaufen!

3. Kunden begeistern zum Beruf machen

Ziel ist nicht die Entwicklung einer Vertriebsorganisation, sondern eines Kundenbegeisterungs-Teams, in dem alle Kompetenzen gebündelt werden, die erforderlich sind um Zielkunden die bestmögliche Unterstützung bei der Kaufentscheidung zu bieten. Dazu gehören verschiedene Kompetenzen:

Strategisches Denken

Das Team sollte ein Unternehmen bei Kunden positionieren, präzise Personas-Profile entwickeln, Kundensegmente basierend auf deren speziellen Bedürfnisse identifizieren sowie Prozesse für ein systematisches Vorgehen gestalten und implementieren.

Kreativität

Eine weitere Kompetenz bezieht sich auf die kreativen Elemente des Vertriebs. Ein Großteil des Kontakts zum Kunden erfolgt heute digital und für diese Form der Interaktion werden vielfältige Inhalte benötigt, die abgestimmt sind auf verschiedene Kundengruppen und Phasen im Entscheidungsprozess. Damit sind nicht Werbematerial oder Produktblätter gemeint, sondern in verschiedenen Formaten bereitgestellte Antworten auf alle möglichen Kundenfragen. Kreativität ist natürlich auch bei der Gestaltung von Kontaktpunkten mit dem Kunden gefragt.

Community-Management

Das Team sollte sich eine Kundenbasis aufbauen und mit ihr in Kontakt zu bleiben. Denn es steht nicht von Beginn an fest, welches Interaktionsformat oder welche Kombination am erfolgreichsten ist. Junge Unternehmen müssen vielversprechende Kanäle identifizieren und testen. Wenn sich abzeichnet, welcher Kanal die größte Zugkraft entwickelt, dann kann sich das Team entsprechend dahin entwickeln.

Technische Expertise

Schließlich darf im Team nicht Technik-, Daten- und Test-Kompetenz fehlen. Es gibt mittlerweile eine unübersichtliche Zahl an Software-Lösungen für die Marketing und Vertriebsautomatisierung. Es sollte jemanden geben, der dort den Überblick behält und bei Bedarf die passenden Tools auswählen kann. Das gilt vor allem auch für (sensible) Kundendaten. 

4. Vertrieb als Experiment

In einem neu gegründeten Unternehmen müssen Entscheidungen ohne umfassende Markt- und Kundenkenntnisse in weit größerem Umfang getroffen werden, als dies bei etablierten Unternehmen der Fall ist. Umso wichtiger ist es deshalb Wege zu finden, um schnell Erfahrung zu sammeln und daraus zu lernen. Neugründungen müssen daher in hohem Maße lernende Organisationen sein.

Systematisches Vorgehen ermöglicht systematisches Lernen

Wie erzeugt man eine steile Lernkurve? Kurz gesagt: Durch das Ersetzen von Zufallsfehlern durch systematische Fehler. Ausgangspunkt dafür ist immer eine Annahme. Zur Überprüfung dieser Annahmen werden Maßnahmen festgelegt und diese mit konkreten und kurzfristigen Zeitzielen verbunden. Werden die Ziele nicht erfüllt, dann kann das entweder daran liegen, dass die Annahme oder das Ziel falsch waren, oder Fehler bei den geplanten Aktivitäten gemacht wurden.

Über Handlungsoptionen wird nicht anhand von Bauchgefühl entschieden, sondern auf der Basis von konkreten Versuchsergebnissen.

Auch wenn diese Vorgehensweise für neu gegründete Unternehmen aufgrund ihrer speziellen Herausforderung ihren Platz in einem noch nicht festgelegten Markt zu finden besonders wichtig ist, profitiert jeder Vertrieb grundsätzlich von diesem Optimierungsmodell. Gegenstand von Kritik sollten die Idee und Aktivitäten, nicht aber die Mitarbeiter sein.

5. Das Verhältnis von Kunde zu Unternehmen

Unternehmen und vor allem Neugründungen müssen definieren, welche Rolle sie gegenüber Kunden einnehmen wollen. Denn dieses Kundenbeziehungsverständnis liefert den unbedingt erforderlichen Rahmen für Entscheidungen zu allen wichtigen Handlungsfeldern: Strategie, Personal und Vertriebsaktivitäten. Hier geht es darum wirklich zu definieren, wie ein Unternehmen mit Kunden umgeht, kommuniziert, verkauft. Ein klares Grundverständnis sichert Konsistenz und Klarheit in der Vertriebsarbeit.

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Dr. Udo Kords

Dr. Udo Kords ist Dozent für Vertriebsmanagement an der FOM - Hochschule für Oekonomie & Management in Hamburg. Er hat Erfahrung im Vertriebsmanagement als Unternehmensberater und durch leitende Aufgaben in verschiedenen Branchen, so z.B. bei der PRA Group Deutschland, Atradius, J.P. Morgan, Geneva-ID. Er beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Vertrieb, des Aufbaus und Steuerung kundenorientierter Vertriebsorganisationen.

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