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Viele UnternehmerInnen kennen die Situation: Du befindest dich in Verhandlungen über eine Kooperation mit einem Unternehmen, das mit seinem Angebot sehr gut zu deinem eigenen Geschäft passen würde oder dessen spezielles Know-how die eigenen Produkte noch verbessern könnte. Oder die Suche nach InvestorInnen war erfolgreich und soll nun vertraglich in „trockene Tücher“ gebracht werden.

Instrumente für Vertraulichkeit und Absicht

Ab einem gewissen Punkt in den Verhandlungen, manchmal sogar schon an deren Beginn, stellt sich jedoch die Frage, inwieweit du die eigenen Ideen VerhandlungspartnerInnen offenbaren kannst und willst und inwieweit auch vor Abschluss des beabsichtigen Vertrages du eine gewisse Verbindlichkeit erzielen kannst. Zwei vertragliche Möglichkeiten, die eine Antwort darauf bieten, sind die sogenannte Vertraulichkeitsvereinbarung, auch Non-Disclosure Agreement (NDA) genannt, und die sogenannte Absichtserklärung, die auch als Letter of Intent (LOI) bezeichnet wird. Der folgende Beitrag soll beide Instrumente erklären und Hinweise für ihren sinnvollen Einsatz bieten.

NDA: Zum Schutz deines eigenen Know-hows

Eine Vertraulichkeitsvereinbarung dient, wie ihr Name bereits indiziert, in erster Linie dem Schutz sensibler Informationen, die im Zuge von Vertragsverhandlungen offengelegt werden müssen, weil die Verhandlungen durch die Geheimhaltung sonst nicht sinnvoll weitergeführt werden können. Zwar sind insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in Deutschland gesetzlich geschützt, der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung hat sich in der Praxis jedoch als ein zentrales Instrument zum Schutz des eigenen Know-hows etabliert.

Vorteile über das Gesetz hinaus

Denn eine Vertraulichkeitsvereinbarung sendet nicht nur ein wichtiges psychologisches Signal, sondern kann je nach ihrer Ausgestaltung auch Informationen erfassen, die nicht dem gesetzlichen Schutz unterfallen. Zudem gewährt eine Vertraulichkeitsvereinbarung gerade auch bei grenzüberschreitenden Verhandlungen Sicherheit für beide VerhandlungspartnerInnen hinsichtlich der zu beachtenden Verschwiegenheitspflichten.

Inhalt einer Vertraulichkeitsvereinbarung

Vertraulichkeitsvereinbarungen stehen meist am Anfang konkreter Vertragsverhandlungen. Sie enthalten typischerweise:

  1. eine Definition der geschützten Informationen sowie
  2. die entsprechenden Verschwiegenheitsverpflichtungen und
  3. sehen zum Teil auch Vertragsstrafen für den Fall eines Verstoßes vor.

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LOI: Geplante Zusammenarbeit festhalten

Etwas anders verhält es sich mit der sogenannten Absichtserklärung (LOI). Sie ist in weiten Teilen nicht bindend. Die Verhandlungsparteien dokumentieren damit vielmehr ihre Bereitschaft, nach erfolgreichem Abschluss der weiteren Verhandlungen miteinander einen Vertrag eingehen zu wollen. Die Vertragsverhandlungen können aber noch immer scheitern; einen Anspruch auf zukünftigen Abschluss des anvisierten Vertrages gewährt die Absichtserklärung nicht. Sie schafft jedoch Vertrauen und stellte eine gewisse psychologische Verbindlichkeit her, da die VerhandlungspartnerInnen damit erstmals verschiedene Eckpunkte ihrer geplanten Zusammenarbeit gemeinsam zu Papier bringen.

Wann ist eine Absichtserklärung sinnvoll?

Naturgemäß wird sie meist erst abgeschlossen, wenn die Gesprächsparteien einen gewissen Stand in den Verhandlungen erreicht haben, den sie – rechtlich unverbindlich – fixieren wollen. Sie bildet damit die Grundlage für den später abzuschließenden bindenden Vertrag. Solche Absichtserklärungen werden dementsprechend überwiegend bei längeren Verhandlungen und eher großvolumigen Transaktionen eingesetzt, etwa bei Unternehmenskäufen und -beteiligungen, IT-Projekten oder größeren Immobilientransaktionen.

Inhalt einer Absichtserklärung

Absichtserklärungen enthalten:

  1. die Dokumentation des Verhandlungsstandes sowie
  2. detaillierte Angaben zum geplanten weiteren Vorgehen und zur Verteilung der bis zum Abschluss des anvisierten Vertrages auflaufenden Kosten.

LOI: Exklusivität ist bindend

Zudem finden sich regelmäßig Vereinbarungen zur Vertraulichkeit, soweit diese nicht Gegenstand einer gesonderten Vertraulichkeitsvereinbarung sind und zur Exklusivität der Verhandlungen, also dem Verbot, während der Dauer der Vertragsverhandlungen parallel mit KonkurrentInnen Verhandlungen zu führen. Diese zuletzt genannten Regelungen sind entgegen der eigentlichen Konzeption der Absichtserklärung typischerweise bindend.

Sinnvolle Anwendung: Vertraulichkeit und Verbindlichkeit in Geschäftsbeziehungen

Wie bereits angedeutet empfiehlt sich der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung oder einer Absichtserklärung nur in bestimmten Situationen. Eine Vertraulichkeitsvereinbarung sollte dann in Betracht gezogen werden, wen bereits während der Verhandlungen über einen später abzuschließenden Vertrag sensible Informationen offenbart werden sollen. In einem solchen Fall empfiehlt sich der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung vor Austausch dieser Informationen. Bei Alltagsgeschäften oder der Bestellung von Standardprodukten ist dies regelmäßig nicht der Fall.

Letter of Intent zu späterem Zeitpunkt

Eine Absichtserklärung ist vor allem bei längeren Vertragsverhandlungen eine Option, um den Status quo der Verhandlungen zu dokumentieren und den Verhandlungen eine psychologische Verbindlichkeit zu verleihen. Sie stellt oft auch den Übergang der Verhandlungen in eine nächste Verhandlungsstufe dar, da sie eine – insoweit bindende – Vereinbarung zur Exklusivität der Verhandlungen zwischen den Verhandlungspartner vorsehen kann.

Wichtig: Verträge vor der Einigung prüfen!

Sowohl für den Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung als auch für eine Absichtserklärung gilt, dass auf eine genaue Formulierung der entsprechenden Pflichten bzw. Absichten geachtet werden sollte. Ansonsten besteht unter anderem das Risiko, dass nicht alle relevanten Informationen durch die Vertraulichkeitsvereinbarung geschützt sind oder sie umgekehrt so eng gefasst ist, dass sie das tägliche Geschäft eines der VerhandlungspartnerInnen zu behindern droht. Bei einer Absichtserklärung liegt die Gefahr ungenauer Formulierungen vor allem in einer ungewollten Bindungswirkung einzelner Regelungen, die eine Verhandlungspartei später zu ihrem Vorteil ausnutzen könnte.

Volker Herrmann

Volker Herrmann, LL.M. ist Rechtsanwalt im Berliner Büro der internationalen Rechtsanwaltskanzlei Squire Patton Boggs und berät bei Smartlaw zu Fragen der Vertragsgestaltung und Konfliktlösung. Zu seinen Mandanten zählen große, internationale Unternehmen, Mittelständler und vorwiegend Berliner Startups.

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