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Ungefragte Werbe-E-Mails können, gerade für Unternehmen, ein ständiges Ärgernis sein. In der Regel müssen EmpfängerInnen mühsam echte Kundenanfragen aus den Werbe-E-Mails herausfiltern. Dies kostet Zeit und damit auch Geld. Auf der anderen Seite sind Werbenachrichten für Unternehmen ein wichtiger – und oft auch der einzige – direkte Weg zu KundInnen. Wann und unter welchen Umständen die Zusendung solcher Werbenachrichten als noch zulässig angesehen wird, ist nicht leicht zu beantworten. Der Rahmen der Zulässigkeit wurde in den vergangenen Jahren durch Gerichte vorgegeben.

Unerwünschte E-Mails kosten Zeit & Geld

Maßgeblich ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2009 (Az. I ZR 218/07), worin die Möglichkeiten der Direktwerbung stark eingeschränkt wurde. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass die Zusendung einer einzigen Werbe-E-Mail an ein Unternehmen – ohne die vorherige Einwilligung – schon unzulässig sein kann. Die Juristen sprechen in diesem Fall von einem „unmittelbaren Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“, den das Durchlesen und Aussortieren unerwünschter E-Mails bedeute. Ein wesentlicher Grund für diese Entscheidung war, dass der Arbeitsaufwand zur Sichtung und Löschung der E-Mails die betroffenen Unternehmen Zeit und Geld kostet.

EXTRA: DSGVO: Für das Unternehmen ist alles erledigt – oder?

Ohne Einwilligung ist Werbung per E-Mail verboten

Mittlerweile sollen auch verschärfte Gesetzesvorschriften die Flut der Werbe-E-Mails eindämmen. So wurde in § 7 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) eine Formulierung aufgenommen, die in ihrem Wortlaut sehr konkret darstellt, wann überhaupt Werbung per E-Mail („elektronischer Post“) zugesandt werden darf. Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG wird Werbung als unzumutbare Belästigung angesehen, wenn sie per „elektronischer Post“ verschickt wird, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt. Grundsätzlich ist deshalb von einem Verbot der Zusendung jeglicher E-Mail zu Werbezwecken auszugehen. Die neue DSGVO stärkt das Verbot weiter.

Das Risiko: Bußgeld

Wer sich nicht daran hält, riskiert ein Bußgeld von der Bundesnetzagentur, wenn in der Werbenachricht eine Telefonnummer genannt wird, die potentielle KundInnen anrufen soll. Wesentlich ernster ist jedoch die Gefahr, dass AdressatInnen sich AnwältInnen nehmen und an das werbende Unternehmen eine Abmahnung schicken. Die Aufforderung zur Unterlassung der Zusendung von Werbenachrichten ist verbunden mit der Übernahme der entstandenen Anwaltskosten. Diese können sich im Einzelfall auf über 700 bis 800 Euro belaufen. Wer die Abmahnung gänzlich ignoriert, dem droht ein einstweiliges Verfügungsverfahren – verbunden mit noch höheren Kosten.

4  Voraussetzungen müssen vorliegen:

Allerdings gibt es auch Ausnahmen von dem genannten Grundsatz des Werbeverbots. In Absatz 3 des § 7 UWG werden die vier Voraussetzungen genannt, die alle vorliegen müssen, um keine unzumutbare Belästigung der AdressatInnen anzunehmen:

  1. UnternehmerInnen haben KundInnen schon einmal eine Ware oder Dienstleistung verkauft und dabei die E-Mail-Adresse von KundInnen erhalten.
  2. UnternehmerInnen verwendet diese E-Mail-Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen.
  3. KundInnen haben der Verwendung der E-Mail-Adresse nicht widersprochen und
  4. wurden bei Erhebung der E-Mail-Adresse klar und deutlich darauf hingewiesen, dass sie der Verwendung zu Werbezwecken jederzeit widersprechen kann.

Diese Regelung beendet leider nicht die Rechtsunsicherheiten. So stellt sich schon die Frage, wie man KundInnen konkret „klar und deutlich“ auf sein Recht zum Widersprechen hinweisen soll. Kann man auch viele Jahre nach dem Einkauf der KundenInnen Werbung an diesen verschicken? Wann liegt überhaupt eine unzulässige Werbe-E-Mail vor? Jeder einzelne Fall kann weitere Fragen aufwerfen.

Gefahr durch „Double-Opt-In“-Verfahren verringern?

Um die Gefahr von kostenpflichtigen Abmahnungen zu verringern, nutzen viele Unternehmen das so genannte „Double-Opt-In-Verfahren. Dabei erhalten AdressatInnen vor der Zusendung der Werbenachricht eine Freigabe-E-Mail. Diese beinhaltet einen Link, den potentielle KundInnen zur Bestätigung anwählen müssen. Erst nach dieser Bestätigung werden Werbung oder Newsletter verschickt.

DSGVO schafft Klarheit: Keine scheinbare Lösung mehr

Diese Lösung dürfte aber ebenfalls gefährlich sein. So hat das Oberlandesgericht München 2012 entschieden, dass solche Bestätigungs-E-Mails als unerwünschte Zusendung einer Werbe-E-Mail anzusehen seien (Az. 29 U 1682/12). Sollte sich diese Auffassung durchsetzen, wäre die Versendung von Werbe-E-Mails auf legalem Weg kaum noch möglich. Inzwischen ist das „Double-Opt-In“-Verfahren eine anerkannte und gängige Lösung und ist seit der neuen DSGVO Gesetz.

Kontaktaufnahme durch Empfehlungsfunktion

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2013 begrenzt die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zu anderen potentiellen KundInnen noch mehr (BGH, Az. I ZR 208/12): Dort ging es um die Zulässigkeit der so genannten „Tell-a-Friend-Funktion. Dabei ermöglicht ein Unternehmen auf seiner Internetseite, dass sein Online-Auftritt anderen potentiellen KundInnen per E-Mail weiterempfohlen wird. Alle BesucherInnen der Internetseite können also eine beliebige E-Mail-Adresse eingeben. Wer daraufhin eine entsprechende Nachricht von dem Unternehmen bekommt, kann sich dagegen wehren.

Wettbewerbswidriges Verhalten

Denn solche Nachrichten sind nach Ansicht des Bundesgerichtshofs als gewöhnliche Werbe-E-Mails anzusehen. Auch hier soll eine ausdrückliche Einwilligung der AdressatInnen vor der Zusendung vorliegen müssen. Ansonsten drohen dieselben, bereits oben genannten Folgen. Der Bundesgerichtshof bestätigte ein wettbewerbswidriges Verhalten, auch wenn der Versand der E-Mail automatisch erfolge. Es genügt also bereits das Einrichten einer solchen Empfehlungsfunktion auf der Unternehmens-Homepage.

Buchtipp passend zum Thema:

Recht im Online-Marketing: So schützen Sie sich vor Fallstricken und Abmahnungen

erschienen am 26. Oktober 2015
von Christian Solmecke und Sibel Kocatepe
Gebundene Ausgabe: 749 Seiten
Verlag: Rheinwerk Computing
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Fazit: Prozesse lieber mehrfach prüfen

Der Gesetzgeber und die Gerichte haben die Grenzen für den zulässigen Versand von Werbe-E-Mails derart eng gezogen, dass ein gefahrloses Verschicken für Unternehmen kaum noch möglich ist. Glücklicherweise hat sich das  „Double-Opt-In“-Verfahren durchsetzt und so ist dies nciht das Ende des legalen Werbenachrichtenversands per E-Mail zur Kaltakquise

Dr. Jan Wendt

Dr. Jan Wendt ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Brehm Wendt Rechtsanwälte. Als Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht betreut er unter anderem Mandanten in allen Bereichen des gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere des Urheber-, Marken- und Wettbewerbsrechts sowie des allgemeinen Wirtschaftsrechts. Die Beratung umfasst die außergerichtliche und gerichtliche Betreung in ganz Deutschland.

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6 Comments

  • U. Sendrowski sagt:

    Sehr geehrter Dr. Wendt,
    Vielen Dank für ihre Infos auf dieser Seite.
    Ich muss allerding anmerken: Ich fühle mich durch Ihre Benutzung von Wörtern wie „KundInnen“ echt diskriminiert. Wir sind männliche Kunden. Wenn sie schon unbedingt immer das Weibliche mit nennen möchten, dann muss der Platz für beide Nomen – und dann bitte in der neutralen alphabetischen Reihenfolge – genannt werden.
    Oder wir machen wie die Fa. Vattenfall – ein generelles Statement – das erleichtert das Lesen ungemein.

  • Tina Stern sagt:

    Danke für die guten Infos. Ich hab es mittlerweile aufgegeben, die Unternehmen direkt anzuschreiben, sondern leite einfach alle Newsletter, die ich nicht bestellt habe, an den Dienst Appmelder weiter. Die Adresse ist meldung@appmelder.de. Dort kümmert sich ein tolles Team und mahnt sogar kostenfrei ab. Das sorgt schnell dafür, dass die Unternehmen reagieren.

  • Mailin Dautel sagt:

    Ich bekomme ständig unerwünschte E-Mail Werbung und dann nicht einmal in meinen Spam Ordner. Das ist dann schon etwas nervig und ich wusste gar nicht das es mein Recht ist diese Form der Belästigung zu beenden. Gehört das nicht ins IT Recht mit dazu?

  • Christian Hinze sagt:

    Damit hätte ich nie ’nie‘ gerechnet. Ich kann verstehen, dass man abgemahnt wird, wenn man Unternehmer oder Privatperson mit dutzenden und Spam-inhaltigen E-Mails ’nervt‘ und keinen Mehrwert liefert. Aber das man jetzt auch schon abgemahnt werden könnte, wenn man eine ehrlich verfasste und auf das Unternehmen zugeschnittene E-Mail sendet, finde ich abstrus.

    Werden die wenigen nun für das Verhalten anderer bestraft? Es werden ja oftmals nicht diejenigen bestraft, die tausende Spam-Mails versenden, sondern diejenigen die ehrliche E-Mails versenden.

    Nun gut – wenn das so ist, müssen wir ‚ehrlichen Leute‘ uns neue Wege ausdenken, um an Kunden zu gelangen. Dennoch frage ich mich, ob diese gesetzliche Einengung der richtige Weg ist, um für Qualität zu sorgen.

    • Thomas Decker sagt:

      Ich bekomme als Heilpraktiker *ständig* Werbung für Fortbildungen, für Eigenwerbung und Nahrungsergänzungsmittel und Hokuspokus jedweder Art, die ich nie angefordert habe. Das nervt unglaublich! Nichts davon interessiert mich. Trotzdem muss ich mich damit beschäftigen, muss mich aus Newslettern austragen, in die ich mich niemals eingetragen habe usw. Ob die Werbenden „ehrlich“ sind oder nicht, ist mir dann ziemlich egal. Es kostet meine Zeit und ich halte das für eine Frechheit.

  • Stefan Schmidt sagt:

    Vielen Dank für die Rechtsgrundlage und Nennung der Risiken für den Werbeversender.
    Dies als unsere Antwort auf unaufgeforderte Werbung befreite uns schnell von zahlreichen Belästigungen.

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