Im ersten Teil unserer Serien zum Thema „Wirtschaftsethik“ hatten wir uns zunächst eingehend damit beschäftigt, welche konkreten Vorteile es für ein Unternehmen bietet, seine Firmenphilosophie auf eine ressourcenorientiere Basis zu stellen. Hier wurde klar, wie es durch eine Balance aus sozialem Handeln und Gewinnstreben möglich wird, als mittelständische Firma dauerhaft zu bestehen. Heute soll es darum gehen, was man als Unternehmen konkret tun kann, um durch Rückbesinnung auf kaufmännische Werte potenzielle Verbraucher zu aller erst zu erreichen, im Anschluss einen stabilen Kundenstamm aufzubauen und somit am Ende seine Position langfristig am Markt zu sichern.
Fortschritt durch Rückbesinnung
Wenn man eine Dienstleistung oder ein bestimmtes Produkt vermarktet, sieht man sich unweigerlich mit der Frage konfrontiert, worauf man als Unternehmen strategisch ein besonderes Augenmerk legen will. Geht es mir um den reinen Profit oder orientiere ich mich auch nachhaltig an den Bedürfnissen meiner Kunden? Für viele erscheint eine nachhaltige Ausrichtung im ersten Moment nicht lukrativ. Einem Unternehmen, welches sich auf den reinen Profit konzentriert, winken schnellere und reichhaltigere Gewinne. Doch das hat immer seltener Bestand.
In Zeiten enger sozialer Vernetzung sowie ökologischem und gemeinnützigem Wertewandel der Verbraucher wird es auf diesem Wege seine Kunden nicht langfristig binden können. Zumindest ist dies für KMU gängige Praxis. Für finanzstarke Unternehmen mit bedeutender Marktmacht gelten gemeinhin andere Regeln. Starker Marketingdruck kompensiert hier leider nicht selten das Minus an mangelnden Werten. Wir aber schauen auf den Mittelstand, der sich durch die Beachtung von Kundenbedürfnissen tatsächlich elementare Vorteile verschaffen kann. Gerade im Bereich der Kundenbindung kann man mit einer Wertefokussierung große Erfolge erzielen.
Was bringt es mir, den Fokus stärker auf sozialverträgliches Wirtschaften zu legen?
Die Antwort ist einfach: Man setzt sich damit positiv von der breiten Masse ab. Etwas, das die Kunden vermehrt danken. Und trotzdem versäumen es viele Unternehmer, den aktuellen Trend deutscher Verbraucher richtig wahrzunehmen. Bereits seit einigen Jahren verlagert sich der Schwerpunkt hin zu ökologisch produzierten Waren, die die Unversehrtheit der Natur garantieren. Das expandierende Angebot nachhaltiger Energiekonzepte, der Anteil von Bio-Produkten in den Supermärkten oder die große Bereitschaft der Bürger, gegen undurchsichtige Projekte wie Stuttgart 21 oder jüngst die Absage an Olympia 2022 per Volksentscheid aufgrund umweltpolitischer Bedenken. Das alles sind nur einige Beispiele für jenes Umdenken, welches im modernen Konsumenten stattfindet.
Beim Verbraucher wächst das Bewusstsein
Die Beweggründe dahinter mögen unterschiedlich sein. Manchen Menschen geht es etwa darum, den eigenen Körper nicht permanent mit diversen Schadstoffen zu belasten (Stichwort: Massenproduktion von billigem Fleisch und Gemüse), anderen geht es stärker um den Schutz der Natur. Und wieder andere verurteilen die schleichende Erosion sozialer Werte. Diese ganz unterschiedlichen Motivationen spiegelt sich auch in heiß diskutierten Themen wie Energiewende, Verbraucherschutz oder jüngst dem Gezeter um die Einführung eines Mindestlohnes wider.
Ein weiterer wichtiger Aspekt findet sich in den als unwürdig angeprangerten Arbeitsbedingungen, die in einigen Branchen leider noch immer Gang und Gebe sind. Ob wir in Deutschland vom Niedriglohnsektor sprechen, ausgelagerten Arbeitsplätzen oder der Tendenz vieler Unternehmen, in Werkverträgen Billigarbeitskräfte aus konjunkturell schwachen Nachbarländern zu beschäftigen – überall zeigt sich: Es findet ein Wandel, ein Umdenken im Konsumenten statt. An den Unternehmen liegt es nun, darauf zu reagieren.
Will man Kunden langfristig an sich binden, muss man sie zuerst erreichen
Gehen wir noch einmal darauf ein, als Unternehmen zunächst irgendwie auf sich aufmerksam machen zu müssen, um effektiv Kundenakquise betreiben zu können. Wir leben in Zeiten werbiger Übersättigung. Die richtige Ansprache, welche die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich lenkt, ist also ein ganz entscheidender Punkt. Dazu sollte man natürlich auch die Wünsche und Bedürfnisse der potentiellen Kunden kennen. Hingegen weitläufiger Vermutung ist hierbei aber oftmals nicht mehr nötig, als genaues Zuhören und ein offenes Auge für die aktuellen Bewegungen am Verbrauchermarkt. Die Botschaft muss klar und prägnant sein: Was hebt uns vom Mainstream ab?
Schauen wir uns dazu kurz an, was die vielerorts gängige Praxis ist. Noch immer werden allzu oft Vertriebsinstrumente benutzt, die sich zunehmend als abstumpfende Waffen herausstellen. Einem Unternehmer sollte bewusst werden, dass man es heutzutage nicht mehr nur mit vorbehaltlos konsumierenden Bürgern zu tun hat. Durch die mediale Omnipräsenz erreichen enttarnte Missstände wesentlich rascher eine breite Masse. Mit drei Schlagworten wird man in diesem Zusammenhang immer wieder konfrontiert:
- Verbrauchermanipulation
- mangelnde Produktqualität
- billige Produktion
Das Problem dabei: Ein Großteil der Konzerne lässt sich mehr oder weniger durch eine dieser Kennwerte, wenn nicht sogar alle zusammen, beschreiben. Schafft man es, als KMU einer solchen Unternehmensphilosophie entgegenzuwirken, ist einem die Aufmerksamkeit der Kunden zumindest schon einmal sicher.
Firmen-Kunden-Beziehungen müssen gepflegt werden
Spinnt man den Faden nun weiter, zeigt sich ein wiederkehrendes Phänomen: Die Neigung mancher Unternehmen, die Gutgläubigkeit und das Vertrauen ihrer Verbraucher teilweise rücksichtslos auszunutzen. Ein gutes Beispiel dafür bietet die boomende Fitnessindustrie. Noch nie wurde das Streben nach einem gesunden, perfekten Körper so kommerziell missbraucht wie in jüngster Zeit. Teure Mitgliedschaften zu mangelhaftem Service, kostspielige Extras wie die Aircompression-Methode des „Slim Belly“, bei der sich die erhoffte Wirkung als bloße Luftnummer entpuppt oder der Verkauf von mitunter gesundheitsgefährdeten Nahrungsergänzungsmitteln, deren Einnahme den ersehnten Erfolg noch schneller eintreten lassen soll.
Das alles sind verbrauchertäuschende Auswüchse einer von Profitgier geleiteten Industrie, der das Wohlergehen seiner Kunden völlig egal erscheint. Doch ein wesentlicher Punkt unterscheidet diese Konzerne von kleineren Unternehmen: Sie sind nicht in einem solchen Maße auf Bestandskunden angewiesen. Wenn einzelne Klienten großer Firmen enttäuscht aufgeben und in Zukunft vom Kauf dieses Produkts absehen, weil sie vom Nutzen oder der Qualität nicht überzeugt wurden, stört das die Marktführer relativ wenig. Selbstverständlich müssen auch sie auf ein gewisse Imagepflege wertlegen. Verprellen sie durch undurchsichtige Marketingstrategien zu viele Kunden in kurzer Zeit, bleibt auch das nicht ohne Folgen.
Noch einmal: Heutzutage spielt es nicht nur eine Rolle, Kunden für sich zu gewinnen. Man muss auch verstehen, sie zu halten. Beziehungspflege sollte daher eine tragende Rolle im Konzept einer zukunftsorientierten Unternehmensaufstellung sein. Dieser Aspekt betrifft KMU mit einem ausgewählten Kundenstamm auch umso empfindlicher. Kleine Firmen sind im besonderen Maße darauf angewiesen, ihre Kontakte langfristig zu unterhalten und individuell auf unterschiedliche Belange einzugehen. Werden mangelnde Waren zu hohen Preisen angeboten, spricht sich dieses Missmanagement ziemlich schnell herum, die Aufträge brechen ein und das Unternehmen ist am Ende, sollte es seine Werte und Ziele nicht kundenorientiert ändern.
Weshalb „Brand Image“ die wahrgenommene Qualität beeinflusst
So zeigt sich also, dass eine nachwievor unterschätzte Komponente bei der gewinnorientierten Vermarktung der Kunde selbst ist. Die Wahrnehmung von Produkten entscheidet oftmals unmittelbar über Kaufen oder Nichtkaufen. Bietet man seinen Verbrauchern Produkte an, die den aktuellen Zeitgeist treffen, nachhaltig und umweltfreundlich produziert sind, mag das für das eigene Gewissen zwar tröstlich sein, wenn der Kunde davon aber nichts mitbekommt, bringt es dem Unternehmen am Ende wenig.
Untersuchungen des Wirtschaftspsychologen Christian Fichter (2008) konnten zeigen, dass die Qualität ein und desselben Produkts schon allein deshalb unterschiedlich wahrgenommen wird, je nachdem in welchem Zusammenhang sie präsentiert wurden. Fichter ließ dazu zwei Gruppen von Personen einen völlig identischen Zeitungsartikel lesen. Die eine Gruppe las diesen in einem Boulevardblatt, die zweite in einem seriösen Magazin. Seine Ergebnisse waren eindeutig: Abhängig davon, welchen Ruf die Zeitung genoss, in der der Artikel stand, wurde er als besser oder schlechter wahrgenommen.
Welche Lehre ist daraus zu ziehen?
Wer den Ruf seines Unternehmens aufgrund von Verbrauchertäuschung oder der billige Qualität seiner Produkte aufs Spiel setzt, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Kunden ausbleiben. Die einfache Rechnung „100% Bezahlung, 70% Leistung“ funktioniert heutzutage nicht mehr. Jedenfalls nicht ohne Folgen. Rennt man also weiterhin einem derartigen Unternehmerdenken hinterher, fokussiert sich stärker am eigenen Profit als am Verbraucher und erzielt seine Produktion zu Lasten von Umwelt und Arbeitskraft, wird in Zukunft große Probleme bekommen, seine Waren gewinnbringend am Markt zu platzieren.
Es bleibt abschließend somit festzuhalten: Wer auch in Zukunft seine Kunden erreichen und einen stabilen, wiederkehrenden Kundenstamm halten möchte, dem bleibt auf lange Sicht nichts anderes übrig, als die Wünsche der Verbraucher aufzugreifen und umzusetzen. So sollte die Philosophie eines Unternehmens ganz klar auf eine ökologische und sozialverträgliche Produktion und Vermarktung sowie auf nachhaltige Qualität gelegt werden.
Was für Folgen es haben kann, wenn nicht nur ökologische Ideale missachtet werden, sondern auch die Mitarbeiter im Unternehmen zunehmend unter unwürdigen Arbeitsbedingungen immer mehr Leistung erbringen müssen, gibt Teil drei unserer Serie Aufschluss.
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