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Sich in Meetings zu behaupten, ist schwierig. Überall lauern Feinde. So vornehm es bei Gebäck und Kaffee auch zugeht – unter Wasser, bildlich gesprochen, wird gezerrt, gezupft, gezogen. Man neidet Ihnen den Erfolg, noch bevor Sie überhaupt angefangen haben.

Nehmen wir eine ganz alltägliche Situation: Bei einem Treffen des Führungs-Teams stellen Sie ein neues Projekt vor, sagen wir für eine Kundenveranstaltung. Die letzten Veranstaltungen waren immer schlechter besucht und Sie schlagen – nach monatelanger Arbeit am Schreibtisch – dem Team nun ein neues Format vor. Die Tagesordnung sieht vor: 15 Minuten. Wir können es abkürzen: So gut Sie auch präsentieren, so schlüssig Sie auch argumentieren, es wird danach zugehen wie bei einem Rudel Hyänen – Ihr Vorschlag wird gnadenlos zerpflückt.

Was kann alles schief gehen?

Der eine wollte die Dinge noch nie anders machen, der zweite mäkelt am Text rum, der Dritte bekrittelt den Namen für das Event – und plötzlich neigt sich die Stimmung gegen Sie. Ihr schönes Projekt droht sich in Trümmer aufzulösen. Sie sind auch längst nicht mehr Herr des Verfahrens: die Diskussion geht wild durcheinander, Zwischenrufe befeuern die Kritiker und Lebendigkeit schlägt um in Chaos. Ihr Versuch, einzelne Einwände zu entkräften, führt nur zu neuen Diskussionen und weiterem wilden Durcheinander. Nach 15 Minuten saust das Fallbeil des Chefs runter: „Na, da sind wir wohl noch nicht soweit“.

Wie lässt sich diese Situation vermeiden, wie verlassen Sie am Ende doch ohne Nervenzusammenbruch und innere Kündigung, sondern gestärkt und motiviert das Schlachtfeld? Denn machen wir uns nichts vor: Die Kritik geht Ihnen ganz schön an die Nerven, denn es steht nicht nur Ihr Projekt auf dem Spiel, sondern auch Ihr eigenes Standing. Hier sind sieben Tipps, wie Sie diese Situation vermeiden können:

1. Als Einzelkämpfer sind Sie verloren

Bereiten Sie so ein neues Projekt nie alleine, sondern immer im Team vor. Holen Sie sich Sympathisanten an die Seite, die Ihre Argumentation kennen und Ihnen im Zweifel zur Seite springen. Doch rechnen Sie auch damit nicht sicher: Viele, die sich vorher als Befürworter des Projekts ausgeben, Ihre vermeintlich besten Freunde, schlagen sich, wenn es Ernst wird, auch ganz schnell auf die Seite der Kritiker. Als Einzelkämpfer stehen Sie von vorneherein auf verlorenem Posten. Die Chance, den ganzen Ruhm alleine einzuheimsen, ist gering. Und die Hoffnung darauf naiv. Sie sind nun eben mal kein neuer Einstein.

2. Die Kraft der Bilder

Visualisieren Sie Ihr Projekt und verlassen Sie sich nie auf die Kraft Ihrer Worte. Worte alleine schaffen nie ein einheitliches Verständnis von Ihrer Idee. Im Gegenteil: Jeder in der Gruppe versteht Ihre Worte anders und hat ein ganz eigenes Bild, das mit dem, was Sie vorhaben, nichts mehr zu tun hat. Machen Sie Prozesse sichtbar, zeigen Sie, wie es aussieht, wenn das, was Sie planen, umgesetzt wird. Benutzen Sie das viel gescholtene PowerPoint, ziehen Sie Grafiken auf DIN-A-Null hoch und heften Sie diese Papiere an die Wand. Lassen Sie Videos laufen und nutzen Sie die ganze emotionale Kraft der Bilder. Veranstalten Sie einen richtig großen optischen Zirkus, auch wenn der Controller-Typ in der Gruppe sicher wissen will, was die einzelnen Kopien gekostet haben …

3. Keine Einwände vorwegnehmen

Nehmen Sie bei der Präsentation nicht zu viele mögliche Einwände vorweg – nach dem Motto „Hiergegen könnte man einwenden – ich aber sage Ihnen …“. Auch wenn Sie einen Einwand sofort widerlegen: Dieser wird im Kopf Ihrer Zuhörer als Einwand gespeichert (möglicherweise wäre überhaupt niemand darauf gekommen) und lenkt von dem Nutzen ab, den Ihre Idee bringt. Sie werden sehen, dass gerade das, was Sie vermeintlich entkräftet haben, später besonders intensiv diskutiert wird. Konzentrieren Sie sich auf die positiven, auf die Nutzenargumente.

Auf der zweiten Seite dieser Kolumne erwarten Sie vier weitere Tipps, wie Sie eine Präsentation unversehrt überstehen.

4. Menschen mögen nichts Neues

Etwas Neues anzufangen, birgt immer Risiken, bringt Veränderung. Menschen mögen keine Veränderung. So moderig etwa Ihre eigene Wohnung ist, bis Sie sich zum Umzug entschließen, vergehen Jahre. Nur in fünf Prozent unserer Lebens- und Arbeitszeit befinden wir uns im sogenannten „Change“-Modus, in dem wir bereits sind, wirklich etwas zu verändern.

Für Unternehmen bedeutet das: Selbst wenn immer weniger funktioniert – man hält bis zuletzt am Althergebrachten fest. Deshalb führen Sie Zuhörer und Belegschaft behutsam: Statt „Neues“ ist es eher eine „Weiterentwicklung“, es gibt „Übergangszeiten“, „Pilotphasen“, „Projects in progress“. Je eindringlicher Sie Ihre Idee als „einzige Alternative gegen die verfahrene Situation“ anpreisen, desto eher, schneller und drastischer werden Sie scheitern.

 

5. Nach der Präsentation geht es erst richtig los

Wenn Ihre Präsentation zu Ende ist, fängt Ihre eigentliche Arbeit erst an: Tun Sie alles, was in Ihrer Macht steht, um in der sich anschließenden Diskussion Herr des Verfahrens zu bleiben, d.h. vorne stehen zu bleiben und die Diskussion selber zu moderieren. Doch was tun wir: Ermattet sinken wir auf unseren Stuhl, der Chef lässt der Diskussion freien Lauf und schon beginnen die Einwände über uns zusammenzuschlagen.

Bleiben Sie am besten gleich stehen, gehen Sie zur Flipchart und beginnen eine straffe Moderation. Je vehementer Sie Ihr Anliegen vorgetragen haben, desto heftiger werden jetzt die Einwände ausfallen. Lassen Sie diesen Sturm an sich vorbeiziehen und versuchen Sie nicht, die Einwände zu widerlegen. Sie selber haben ja Ihr Pulver erst mal verschossen. Aber seien Sie unbesorgt: Wenn die Einwände überhand nehmen, werden sich die ersten Befürworter und die sogenannten „Konsens-Finder“ zu Wort melden. Und die Frauen, die Mitleid mit Ihnen haben. Ziel Ihrer Moderation darf es nicht sein, Einwände sofort zu entkräften, sondern diese strukturiert festzuhalten und mit Nachfragen auf den Punkt zu bringen.

6. Erst das Flipchart, dann die Antwort

In der Moderation geben Sie die Regeln vor: Reihum jeder zwei Minuten, welche Punkte gehören auf die Pinnwand, welche Punkte müssen diskutiert werden? Selbstverständlich fragen Sie auch nicht explizit nach „Einwänden“, sondern danach, „welche Punkte im einzelnen noch besprochen werden müssen“. Damit suggerieren Sie geschickt, dass das Projekt schon beschlossen sei und es jetzt nur noch um Details geht und machen es Ihren Gegnern schwerer, das Ganze noch einmal grundsätzlich infrage zu stellen.

Dieses Verfahren beruhigt die Diskussion und verhindert vor allem in den emotionalen Spitzen, dass Brandbeschleuniger sie weiter anheizen. Sie haben hierbei alle Steuerungsmöglichkeiten selber in der Hand: Sie können die Zeit damit verbringen, Einwände zu strukturieren, zu ordnen, nachzufragen, Vorteile auf ein eigenes Chart zu schreiben. Die schwerwiegendsten Fehler sind, sofort ein „Ja“ oder „Nein“ von den Teilnehmern abzufordern oder auf Einwände sofort zu antworten.

SIE haben Ihr Pulver erst mal verschossen, alles, was Sie jetzt sagen, würde nur Ihre eigene Argumentation schwächen, niemals stärken. Bei den Teilnehmern entsteht der Eindruck: „Ah, er muss Argumente nachschieben“. Antworten Sie erst zu einem späteren Zeitpunkt, selbst wenn dieser berühmte Zwischenruf kommt: „Nur mal eine kurze technische Frage …“. Nein, keine Antwort, auch hiermit auf die Flipchart – sie ist Ihr einziger Rettungsanker.

7. Erwarten Sie nicht zu viel

Stecken Sie Ihre Ansprüche nicht so hoch: Seien Sie zufrieden, wenn Sie am Ende auch nur einen einzigen Anknüpfungspunkt finden, um Ihr Projekt weiterzuführen: Sie können eine Task Force vorschlagen, eine Detaillierung an manchen Punkten, eine Befragung von Kunden … Solche Projekte wie Sie es gerade vorgestellt haben, werden in jedem Unternehmen abgerieben, abgeschmirgelt, zerstoßen. Sie selber sind eben nicht allein auf der Welt.

In Großunternehmen habe ich es erlebt, dass ein Projekt bis zu 50mal in unterschiedlichen Gremien präsentiert werden musste, bis es abgenickt und umgesetzt wurde. Also haben Sie Geduld. Ungeduld ist keine unternehmerische Tugend. Im Gegenteil: Sie zeugt von Unreife und mangelnder Team-Fähigkeit. Nehmen Sie sich ein Beispiel an der Natur: Sie ist die stärkste gestalterische Kraft, die es auf der Welt gibt. Aber für manche Gestaltungsaufgaben braucht sie Jahrmillionen. Da sollten Sie nicht über ein paar Monate jammern, bis auch Ihr Projekt endlich in hellem Glanz erstrahlt.

Dr. Klaus-Ulrich Moeller

Dr. Klaus-Ulrich Moeller ist Kommunikationsberater, Kolumnist, Speaker und Autor. Er war PR-Chef bei der Deutschen Lufthansa, der TUI und beim weltweiten Beratungskonzern PricewaterhouseCoopers. Viele Jahre hat er mit Unternehmern im Unternehmernetzwerk Vistage International gearbeitet. Als Journalist schreibt er satirische Kolumnen. Für die Aufdeckung der STERN-Affäre um die gefälschten Hitler-Tagebücher erhielt er den renommierten Theodor-Wolff-Preis. Mehr Informationen unter: www.creative-comm.de.

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