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„Maschine im Sinkflug und keiner merkt`s“ oder: „Wenn man das Wesentliche aus den Augen verliert“ (Teil IV)Unsere siebenteilige Serie „Crash Kommunikation – Warum Piloten versagen und Manager Fehler machen“ beschäftigt sich mit den erstaunlichen Parallelen zwischen der Fliegerei und dem Management von Unternehmen.

Je einem verhängnisvollen Flugzeugcrash wird eine auf ihre Art ebenso gravierende Firmenpleite gegenübergestellt und Kommunikationspannen werden aufgedeckt. Teil IV warnt vor Unachtsamkeit bei der Führung eines Unternehmens. Selbst bei einem gut ausgebildeten Team – im Flugzeug wie im Unternehmen – besteht immer die Gefahr, das große Ganze nicht im Blick zu haben, sondern sich in Details zu verlieren.

29. Dezember 1976: Eine Lockheed L 1011-1 Tristar der Eastern Airlines stürzt in die Everglades in Florida.

103 Menschen sterben, als die Maschine auf der Wasseroberfläche aufschlägt. Wie kam es dazu? Ein Flugzeug fährt im Landeanflug das Fahrwerk aus. Eigentlich sollten dann drei grüne Lichter aufleuchten, eines für jedes der drei Fahrwerksbeine. Es leuchten aber nur zwei. Die Maschine startet zwar zur Sicherheit durch, aber ab jetzt beschäftigt sich die gesamte Besatzung nur noch mit dem nicht brennenden Lämpchen. Kapitän, Kopilot und Bordingenieur sind total fokussiert und merken nicht, wie ihr Flieger in den Sinkflug übergeht. Erst kurz vor dem Crash fällt der Besatzung auf, dass etwas nicht stimmt – eine defekte Kontrollleuchte hat sie davon abgelenkt, dass der Autopilot versehentlich abgeschaltet war!

Wie kommt es, dass eine erst vier Monate alte Maschine „kontrolliert“ abstürzt – also nicht wegen gravierender technischer Mängel oder widriger Wetterbedingungen, sondern weil die Piloten die Situation falsch einschätzen? Die Verantwortung für das Unglück lag bei einer Besatzung , deren gesamte Aufmerksamkeit von einem einzigen Detail aufgesogen wurde und die darüber ihre eigentliche Aufgabe – das Flugzeug zu jeder Zeit sicher zu fliegen – vergaß.

CRASH-WARNUNG: First fly the aircraft! Haben Sie Ihre eigentliche Aufgabe noch im Blick?

Immobilienunternehmer Dr. Jürgen Schneider – Wie man Bankern Sand in die Augen streut

1.000 Gläubiger, 2,4 Milliarden DM Schulden, so das Ergebnis der Schneider-Pleite 1994. Namhafte Banken hatten Schneiders Imperium finanziert, auch dann noch, als kaum noch zu übersehen war, dass nicht alles mit rechten Dingen zuging. So gaukelte „Baulöwe“ Schneider der Deutschen Bank noch bei einem seiner letzten Projekte völlig falsche Daten vor – und kam damit durch. Vielleicht hätte einer der Banker in der Mittagspause mal selbst ein Auge auf die Baustelle werfen sollen, dann hätte er gesehen, dass die angeblich vermietbare Fläche in Quadratmetern viel zu hoch angesetzt war.

Schneider zog seine Geschäftspartner über den Tisch. Der gewiefte Selbstdarsteller verstand es durch allerlei Luxus und Blendwerk hervorragend, die Aufmerksamkeit der Banker von ihrer Kernaufgabe abzuziehen: ein Auge auf die Zahlen zu haben, um Fehlinvestitionen und wirtschaftlichen Schaden zu vermeiden. Sie jedoch sonnten sich in der Gesellschaft des weltgewandten Finanzjongleurs. Weder Piloten noch Banker sind also anscheinend davor gefeit, ihren eigentlichen Job völlig aus den Augen zu verlieren.

Jedes Flugzeug ist heute vollgestopft mit Systemen, die dem Piloten eine exakte Einschätzung der aktuellen Situation ermöglichen. Solche Instrumente stehen auch jedem professionell geführten Unternehmen zur Verfügung: in Form von Kennzahlen, Absatzlisten und Umsatzdaten. Das Problem ist in beiden Fällen weniger der Mangel an Daten und Informationen, sondern eher der Mangel an Übersicht: Welche Daten sind wirklich wichtig? Von versierten Piloten wird gefordert, dass Sie stets ein aktuelles Gesamtbild der eigenen Situation und des Umfeldes haben. Das ist auch für erfolgreiche Unternehmer unabdingbar.

ANTI-CRASH-FORMEL: Wissen Sie zu jeder Zeit, wo Ihr Unternehmen (Ihre Abteilung) sich gerade befindet? Haben Sie alle relevanten (Umfeld-) Daten und Fakten im Blick?

Weitere Artikel der Reihe “Crash-Kommunikation”:

„Vergessen, die Landeklappen auszufahren oder: Wenn der Stress die Regie übernimmt“. (Teil I)
„Wer kritisiert schon den Kapitän oder: Wenn der Chef das Problem ist“. (Teil II)
„Landen bei schlechtem Wetter“ oder: „Wenn man auf sein Ziel fixiert ist“ (Teil III)
„Maschine unbemerkt im Sinkflug oder: Wenn man Wesentliches aus den Augen verliert“ (Teil IV)
„Ich dachte, Sie fliegen“ oder: „Wenn Zuständigkeiten verschwimmen“ (Teil V)
„Blame Culture“ oder: „Warum Fehler vertuscht werden“ (Teil VI)
„Crash Kommunikation“ oder: „Wenn Killerphrasen den Ton angeben“ (Teil VII)

(Bild: © olly – fotolia.de)

Peter Klaus Brandl

Peter Brandl, Autor des Buches "Crash-Kommunikation", Unternehmer, Keynote-Speaker und Managementexperte, Berufspilot und Fluglehrer, gilt als einer der erfolgreichsten Kommunikationsprofis (ZEITmagazin). Seit über fast 20 Jahren gibt er sein Wissen in motivierenden Seminaren und mitreißenden Vorträgen weiter und erreicht damit mehrere tausend Zuhörer pro Jahr.

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