Dolose Handlungen (Mitarbeiterkriminalität) sind ein Alltagsproblem der deutschen Wirtschaft geworden. Große Versicherungsunternehmen und Wirtschaftsprüfgesellschaften haben in ihren Auswertungen ermittelt, dass ein Großteil der deutschen Industrie von dolosen Handlungen betroffen ist. Werden dolose Handlungen aufgedeckt, dann beschäftigten sich die verantwortlichen Compliance-Manager zu oft lediglich mit der Tat an sich, ohne die Tathintergründe angemessen zu erforschen.
Gerade dies wäre aber im Sinne einer effizienten Präventionsstruktur sowohl sinnvoll als auch angezeigt. Dies deshalb, weil dolose Handlungen der Unternehmensführung auch immer einen Spiegel vorhalten und der unternehmensinternen Compliance aufzeigen, in welchen Bereichen Verbesserungsbedarf besteht. Interessant ist der Aspekt der Tätertypologie vor allem dann, wenn sich auffällige Häufungen eines bestimmten Tätertyps abzeichnen.
Die verschiedenen Tätertypen
Tritt der emotionale Tätertypus häufig in Erscheinung, dann könnten beispielsweise innerhalb des Betriebsklimas oder der Bewerbereinstellungen suboptimale Gegebenheiten herrschen, deren Veränderung oder Verbesserung positive Effekte für die Compliance zur Folge hätten. Bei einer Häufung des rationalen Tätertypus könnten neben der Vorgehensweise in der Bewerberauswahl die Ursachen in den betriebsinternen Abläufen oder Strukturen liegen.
Bestimmte Unternehmensstrukturen begünstigen das Auftreten spezieller Tätertypen. Bei Unternehmen, in welchen aus Kostengründen oder anderen Ursachen, viele Kompetenzen in der Hand eines einzelnen Mitarbeiters liegen, wird der rationale Tätertyp begünstigt. In Unternehmen mit schlechtem Betriebsklima, schlechten Arbeitsbedingungen oder mangelnder Anerkennung von Leistungen durch Vorgesetzte tritt der emotionale Tätertyp häufiger in Erscheinung. Ebenso in Fällen, in denen der Arbeitgeber von im Bewerbungsgespräch in Aussicht gestellten Förderungen und Karrierechancen nach Ablauf der Probezeit nichts mehr wissen möchte.
Kurz gesagt ziehen faktische Defizite (Sicherung der Arbeitsabläufe gegen Missbrauch) den rationalen Tätertyp an und empathische Defizite den emotionalen Tätertyp. Ein guter kriminalistischer Unternehmensberater wird diese Punkte bei der Sicherheitsanalyse eines Unternehmens angemessen berücksichtigen. Eine kriminalistische Unternehmensberatung sollte daher möglichst oft präventiv und möglichst selten repressiv zum Einsatz kommen.
Der rationale Tätertyp
Beim rationalen Tätertyp gibt es die verschiedensten Ausprägungsgrade. Häufig handelt es sich jedoch um gefühlsarme oder sogar um gefühlskalte Menschen mit wenig Reueempfinden. Dieser Tätertyp wägt rein nach den Aspekten der Relation zwischen Vorteil und Risiko ab. Ein kriminalistisch geschulter Compliance-Beauftragter kann diesen Tätertypus sowohl beim Bewerbungsgespräch als auch bei einer Verdachtsbefragung erkennen. Dieser Typ stellt an die professionelle Wahrnehmung und Befragungstechnik des Interviewers allerdings eine hohe Anforderung.
Typisch ist bei diesem Tätertyp, dass er sich Lügen geschickt zurechtlegt und wohl durchdacht und ohne emotionale Regungen argumentiert. Der Interviewer darf sich bei der Befragung keine wesentlichen Fehler erlauben und sollte über eine sehr gut trainierte Wahrnehmung verfügen. Andernfalls wird die Überführung eines solchen Täters in einem Fraud-Gespräch kaum gelingen. Daher sollte der Interviewer in forensischer Gesprächstechnik fundiert geschult sein. Ebenso wird die forensische Fragetaktik einem Personaler helfen, diesen Menschentyp bereits im Bewerbungsverfahren zu erkennen.
Bei herkömmlichen Straftaten ist der rationale Tätertyp weitaus einfacher zu erkennen, als in seiner Rolle als schwarzes Schaf innerhalb eines Unternehmens. Der rationale Tätertyp tritt in Krimis zum Beispiel als Mörder (Habgier, Auftragskiller, Mordlust), Berufsverbrecher oder Gewalttäter in Erscheinung. In der alltäglichen Berufswelt hingegen ist sein Wirken wesentlich subtiler.
Der emotionale Tätertyp
Auch der emotionale Tätertyp ist im Berufsalltag oft nicht einfach zu erkennen. Dies deshalb, weil dieser Tätertyp, im Gegensatz zum rationalen Tätertyp, meist nur über ein geringes Maß an krimineller Energie verfügt und nur durch das Auftreten von Ausnahmesituationen zum Täter wird. Bei diesem Tätertyp stehen rein emotionale Aspekte wie Wut, Hass, Rache, Eifersucht oder Verzweiflung im Vordergrund. Bei der forensischen Befragung muss daher die Herangehensweise eine komplett andere sein, als dies beim rationalen Tätertyp der Fall ist.
Es ist daher auch ein gängiger Fehler bei der Durchführung von Audits sich an ein Schema F zu halten, das man chronologisch abarbeitet. Unternehmen sollten Ihre Compliancestrukturen sowohl auf die Erkennung der unterschiedlichen Tätertypen, als auch auf die richtige Vorgehensweise bei der Befragung optimieren. Um dies entsprechend in die Tat umsetzen zu können, sollte die professionelle Hilfe einer kriminalistischen Unternehmensberatung in Anspruch genommen werden.
(Bild: © fkprojects – Fotolia.de)
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