Das Customer Touchpoint Management folgt nicht länger dem selbstzentrierten alten Marketing, das fragt: Was bieten wir dem Kunden? Vielmehr wird untersucht, was die Kunden erwarten, welche Leistungen sie auf welche Weise erhalten und wie ihre Reaktion darauf ist. Dabei können neue Touchpoints gefunden, bestehende optimiert und veraltete über Bord geworfen werden. Dies geschieht am besten im Rahmen eines Customer Touchpoint Projekts.
Unter Kundenkontaktpunkt-Management (Customer Touchpoint Management) verstehen wir die Koordination aller unternehmerischen Maßnahmen dergestalt, dass dem Kunden an jedem Interaktionspunkt eine herausragende wie auch verlässliche und vertrauenswürdige Erfahrung geboten wird, ohne dabei die Prozesseffizienz aus den Augen zu verlieren.
Ein wesentliches Ziel ist das stete Optimieren der Kundenerlebnisse (Customer Experiences) an den einzelnen Kontaktpunkten, um bestehende Kundenbeziehungen zu festigen und via Weiterempfehlung hochwertiges Neugeschäft zu erhalten. Dazu heißt es, den Kunden Enttäuschungen zu ersparen und über den Zufriedenheitsstatus hinaus Momente der Begeisterung zu schaffen. Schauen wir uns einmal an, wie dies in Form eines Touchpoint Projektes bewirkt werden kann.
Die Planung des Projekts
Um das Customer Touchpoint Management als solches oder Teile davon als Projekt im Unternehmen erfolgreich einzuführen, sind zunächst folgende Schritte zu gehen:
- Berufung des Projektleiters
- Zusammenstellung des Projektteams
- Definition der Projektziele
- Festlegung der organisatorischen Parameter
- Reportings in alle Richtungen
Als erstes muss der Projektleiter berufen werden. Überlegenswert ist, einen Sachfremden auszuwählen. Der Vorteil dabei? Da er von der Materie selbst keine Ahnung hat, ist er gezwungen, sich mit den Teilnehmern auszutauschen und dabei auch ‚dumme‘ Fragen zu stellen. Durch solche Dialoge werden Zusammenhänge klarer, brachliegendes Wissen wird angezapft, Hierarchiebremsen werden ausgehebelt und der Blick durch eine andere Brille lässt oft ganz neue, mutige Ideen entstehen.
Zumindest zeitweise kann es auch sinnvoll sein, einen Externen als neutralen Moderator hinzuzuziehen, um der eigenen Betriebsblindheit zu entgehen. Nie würde ich hingegen empfehlen, solche Analysen voll und ganz von externen Beratern erstellen zu lassen. Das wichtigste ist die Akzeptanz der involvierten Mitarbeiter – und eine Vorgehensweise, die einfach und verständlich ist.
Die Zusammensetzung des Projekt-Teams
Im zweiten Schritt wird die Zusammensetzung des Projekt-Teams bestimmt. Dies sollte sich an der Aufgabenstellung orientieren. Deshalb: ‚Würfeln‘ Sie kein Team zusammen, sondern achten Sie auf einen guten Mix aus langjährigen und neuen, jungen und alten sowie männlichen und weiblichen Mitarbeitern. Laden Sie Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen ein, damit die öde Zuständigkeitsdenke endlich aufhört – und in Zukunft die kundenbezogene Zusammenarbeit jenseits aller Ressort-Egoismen reibungslos klappt.
Beachten Sie auch, dass es im Verlauf eines Projektes immer zwei Phasen gibt: Die Phase der Ideenfindung und die Phase der Überführung in die Realität. Für beide Phasen benötigen wir unterschiedliche Menschentypen. Zwecks Ideenfindung braucht es Querdenker, Chaoten, Visionäre, Zerstörer und Regelbrecher. Diese geben den kreativen Input. Sie stellen die abwegigsten Fragen, sie denken das Undenkbare und träumen sich in die schönsten Luftschlösser hinein. In der ersten Phase kann man gar nicht genug verrückte Ideen haben.
In der zweiten Phase holt man dann die brauchbaren Ideen auf den Boden der Tatsachen zurück. Hierzu muss die Zusammensetzung des Projektteams verändert werden. Denn die Überführung auf ein hohes Niveau der Machbarkeit erfordert einen anderen Menschentypus: den detailverliebten Macher, Schützer und Bewahrer. Diesen brauchen wir, um die Trittsteine ins Neuland zu legen. Werden sie jedoch zu früh hinzugezogen, ersticken sie jede verrückte Idee im Keim.
Ziehen Sie zu passenden Projekt-Zeitpunkten auch einige – möglichst unbequeme – Kunden hinzu, die als Ideenlieferant und/oder Feedback-Geber fungieren. Sollte das nicht möglich sein, dann setzen Sie einen virtuellen Kundenrepräsentanten mit an den Besprechungstisch. Beim Fertighaushersteller Town & Country ist das eine lebensgroße Puppe namens Uschi. Bei allen kundenrelevanten Entscheidungen fragt man sich, was Uschi dazu sagen würde und ob sie begeistert wäre.
Das ‚Warmlaufen‘ im Projekt
Zum Einstimmen und Warmlaufen kann man den Projekt-Teilnehmern die folgende Aufgabe geben: „Sie haben zwei Minuten Zeit. Notieren Sie – jeder für sich – so viele potenzielle Kontaktpunkte wie möglich, die Sie mit einem Hotel haben könnten.“ Erfahrungsgemäß wird bei dieser Übung jeder Teilnehmer etwa 10 bis 20 Touchpoints finden und aufschreiben. Die Gruppe als Ganzes kommt je nach Teilnehmerzahl locker auf 50 bis 100 Touchpoints – und das in nur zwei Minuten.
Anschließend stelle ich den Teilnehmern gern die folgende Frage: „Welches ist der erste Kontaktpunkt, den ein potenzieller Kunde mit Ihrem Unternehmen hat?“ Die Antworten fallen – über alle Branchen hinweg – sehr ähnlich aus: Der Interessent kommt vorbei, er ruft an, er mailt, er erhält Unterlagen, er geht auf unsere Webseite, er betrachtet unsere Schaufenster, er wird von einem Außendienst-Mitarbeiter besucht … . Schon allein an diesen Antworten erkennt man die immer noch vorherrschend selbstzentrierte Sichtweise in den Unternehmen.
(Bild: © mapoli-photo – Fotolia.de)
Interessante Sichtweise
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