Skip to main content

Den Status gezielt wechseln

Solche für bestimmte Gesprächssituationen und -konstellationen typischen Verläufe kann man auch im Arbeitsalltag immer wieder registrieren – unabhängig davon, ob Kollegen miteinander, Verkäufer mit ihren Kunden oder Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern reden. Hierfür zwei Beispiele. Angenommen ein Abteilungsleiter ist mit der Leistung seiner Mitarbeiter unzufrieden. Dann wird er in der Regel im Hoch-Status, der seine Funktion in der Organisation widerspiegelt, in das Gespräch einsteigen und zum Beispiel sagen: „Also Leute, in dem Projekt x geht es nur schleppend voran. Unsere Aufgabe ist es… Wenn wir so weiter machen, kriegen wir Riesenprobleme…“ Nach dieser mehr oder minder deutlichen Standpauke, ändert er den Status und sagt zu seinen Mitarbeitern zum Beispiel: „Leute, was muss passieren, damit …?“ „Drücke ich mich missverständlich aus?“ „Wie kann ich euch besser unterstützen?“ Das Ziel dabei: die Problemlage ermitteln und eine Lösung erarbeiten. Danach wird die Führungskraft wieder in den Hoch-Status wechseln und zum Beispiel sagen: „Also, wir machen das ab jetzt wie besprochen – Erstens:… Zweitens:… Drittens:…“ „Alles klar?“ „Ja. Dann zurück an die Arbeit.“

Anders ist die Status-Verlaufskurve, wenn zum Beispiel Mehrarbeit ansteht, und der Chef möchte, dass seine Mitarbeiter Überstunden machen. Dann steht er zum Beispiel irgendwann in der Tür und sagt im Tief-Status: „Leute, wir haben ein Problem. Unser Kunde x möchte, dass wir bis morgen Abend… Dass wir dies tun, ist wichtig, weil… Seid ihr bereit, heute länger zu bleiben?“ Und wenn seine Mitarbeiter zugestimmt haben, dann wechselt er in den Hoch-Status und sagt zum Beispiel: „Sehr gut! Ich schlage, weil die Zeit drängt, vor, dass Sie, Herr Müller, folgende Aufgabe übernehmen… Und Sie, Frau Mayer,…“ Und nachdem die Aufgaben verteilt sind, wechselt er erneut in einen tieferen Status und sagt zum Beispiel: „Nochmals danke, dass ihr länger bleibt. Das rechne ich euch hoch an.“

Das Statusspiel kann man lernen

Ob Führung gelingt, hängt immer auch davon ab, inwieweit eine Führungskraft das Status-Spiel beherrscht. Denn was würde passieren, wenn eine Führungskraft, wenn kurzfristig Überstunden anfallen, im absoluten Hoch-Status verkünden würde: „Leute, Ihr müsst heute Abend länger bleiben – Punkt aus, basta“? Die Mitarbeiter würden zumindest innerlich rebellieren und denken: Der kann mich mal. Entsprechend mies wäre die Stimmung, und entsprechend schlecht die Arbeitsmoral. Und was würde passieren, wenn die Führungskraft, nachdem die Mitarbeiter ihre Bereitschaft zum Bleiben bekundet haben, nicht in den Hoch-Status wechseln würde? Dann würden die Mitarbeiter ebenfalls murren: „Wenn wir schon länger bleiben müssen, weil es Dringliches zu erledigen gilt, dann sollte uns der Chef wenigstens klare Anweisungen geben. Sonst sitzen wir noch heute Nacht um 2 Uhr hier.“

Aus den Status-Verlaufskurven von Gesprächen, die Verkäufer, Projektleiter oder Führungskräfte führen, kann man denn auch – losgelöst vom Inhalt – vielfach bereits entnehmen, wie erfolgreich diese waren. Entsprechend wichtig ist es für den beruflichen Erfolg, das Status-Spiel zu beherrschen. Und das Erfreuliche ist: Man kann es lernen – ähnlich wie dies Schauspieler während ihrer Ausbildung tun, damit sie in die unterschiedlichsten Rollen schlüpfen können.

Ein erster Schritt in diese Richtung ist es, bei anderen Personen – zum Beispiel erfolgreichen Verkäufern oder Führungskräften – zu analysieren: Wie verhalten sie sich in bestimmten Situationen? Wie sieht ihr Status-Spiel aus, wenn sie das Ziel x erreichen möchten? Im zweiten Schritt kann man dann ermitteln: Wie ist mein eigenes Statusspiel? Wann wäre ein anderes Spiel sinnvoll, weil das bisherige nicht zielführend ist? Und sind die Schwachstellen ermittelt, dann heißt es üben, üben und nochmals üben – ähnlich wie dies ein Schauspieler tut, bis er eine Rolle sozusagen wie im Schlaf beherrscht. Doch Vorsicht! Das Ziel hierbei ist es nicht, sozusagen den Text der Rolle auswendig zu lernen. Dies wäre ein Leichtes. Das Ziel ist es vielmehr zu lernen, sich gezielt in die Emotion zu versetzen, die die jeweilige Rolle sowie Situation erfordert. Denn nur, wenn sich in unserem Tun und Verhalten unsere innere Haltung widerspiegelt, wirken wir authentisch und somit glaubwürdig. Das heißt, wir und unsere Botschaften kommen an.

*Die Namen der erwähnten Personen wurden geändert.

Seiten: 1 2 3

Tom Schmitt

Tom Schmitt arbeitet als Managementberater und Trainer für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal. Der Diplom-Pädagoge sowie ausgebildete Schauspieler schrieb mit Michael Esser das Buch „Status-Spiele: Wie ich in jeder Situation die Oberhand behalte“. (Email: tom.schmitt@krauspartner.de; Tel.: 07251/989034).

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

Leave a Reply