Herkömmliches Projektportfolio-Management (PPM) versucht, mit Zahlen der Vergangenheit die Zukunft zu berechnen und Sicherheit zu vermitteln.
Die Betonung liegt auf „versucht“, denn es kann sich nur um eine trügerische Sicherheit handeln, schließlich stützt sich die digitale Herangehensweise allzu häufig auf detaillierte Hochrechnungen, vernachlässigt die analoge Reflexion und übersieht dabei langfristige Erfolgschancen. Eine Abkehr von der Zahlenverliebtheit ist daher notwendiger denn je.
Zunächst zwei zentrale Gründe, weshalb der Versuch, Komplexität zu berechnen, schon im Ansatz fehlschlagen muss:
Datenfluten erschweren das transparente Abbilden des Projektportfolios
Der quantitative Vergleich einzelner Projekte erfolgt anhand von zig unterschiedlichen Kennzahlen und Wertgrößen. Und diese Datenflut nimmt mit jedem neuen Projekt im Unternehmensportfolio weiter zu. Die Gleichung ist simpel: Je mehr Projekte, desto größer die Datenflut, desto notwendiger aufwendige Datensysteme – und umso mehr Zeit müssen Mitarbeiter für die Kennzahlenanalyse aufbringen. Zudem besteht die Gefahr, dass die schwer überschaubaren Daten samt ihrer abstrakten Zusammenfassungen kaum noch handlungsrelevante Sachverhalte ausdrücken.
In einem Versuch des renommierten Psychologen Gerd Gigerenzer wurden Passanten gebeten, Einschätzungen zu Aktienkursentwicklungen verschiedener Firmen abzugeben.1 Diese wurden anschließend mit Vorhersagen von Börsenexperten der Zeitschrift „Capital“ verglichen. Das Ergebnis: Die Passanten lagen mit ihren Vorhersagen für den Kursverlauf – allein auf Basis intuitiver Bewertung entlang einfacher Kriterien wie Bekanntheitsgrad und Reputation der Firmen – näher an der Wirklichkeit als die zahlenfundierten Prognosen der Aktienspezialisten. Entgegen landläufiger Meinung trifft es also keineswegs zu, dass sich die Qualität von Einschätzungen oder Entscheidungen verbessert, je mehr Informationen gesammelt werden. Vielmehr erschwert eine größere Datenmenge die Entscheidungsfindung und das Erkennen wichtiger Abhängigkeiten.
Darüber hinaus ist belegt, dass alle Entscheidungen in dem ältesten Gehirnareal, dem limbischen System, gefällt werden – und zwar innerhalb von 200 Millisekunden. Entwicklungsgeschichtlich begründet orientieren wir uns an den elementaren Gesichtspunkten „Tut mir gut“ – „Tut mir nicht gut / Ist gefährlich“. Demnach fallen Entscheidungen – sofern ein entwicklungsgeschichtlicher Erfahrungshintergrund vorhanden ist –, bevor unser logisches Denken Informationen aufgenommen und verarbeitet hat. Für Projektmitarbeiter und vor allem Manager heißt das: nicht immer nach rationalen oder reiflich überlegten Entscheidungen streben, sondern sich häufiger auf die Intuition sowie die eigenen Erfahrungen und Fähigkeiten verlassen. Wer das Ergebnis solcher Entscheidungen reflektiert, erhöht seine Entscheidungsqualität und beschleunigt seine Entscheidungsfindung!
Die bewegte Projektwirklichkeit lässt sich nur zum Teil mit Zahlen beschreiben
Neben der Datenmasse ist es der permanente Veränderungsprozess, der ein Projekt im wahrsten Sinne des Wortes unberechenbar macht. Ob Plan-Ist-Aufwände oder Forecasts, alles ist unentwegt in Bewegung. Wer jetzt nach dem bisher im PM üblichen Motto „Was man nicht messen kann, spielt keine Rolle“ agiert und Abweichungen nur statistisch erklärt, übersieht meist die wirklichen Ursachen unbefriedigender Leistung wie Budgetkürzungen oder Konflikte unter Mitarbeitern. Diese sind eben nicht in Zahlenbergen zu finden, sondern müssen aus der Wirklichkeit des Projektalltags oder den Entwicklungen der Projektumwelt heraus qualitativ erfasst werden. Projektlandschaften werden immer wieder und in immer kürzeren Abständen von unvorhersehbaren äußeren Faktoren beeinflusst. Märkte, Gesetze, Umweltbedingungen oder Wettbewerber ändern sich nun mal oft schneller, als in der klassischen Projektplanung abbildbar.
Die Lösung: Mitschwingendes Projektportfolio-Management
Bisher ist PPM angetreten, um eindeutige Fakten zu liefern und die Projektwirklichkeit überschaubar zu machen. Da eine rein zahlenbasierte Herangehensweise diesem Anspruch nicht gerecht werden kann, ist oft das Gegenteil der Fall: Das PP wird unübersichtlich. Was aber kann die notwendige Klarheit schaffen, wenn stetig wachsende Datenmengen die Portfolio-Transparenz mehr und mehr mindern? Was kann die erforderliche Sicherheit bei notwendigen Entscheidungen bieten, wenn die vielen Zahlenwerte unkontrolliert schwanken oder wichtige Projektzustände gar nicht ausdrücken?
Blicken Sie doch mal zwischen die Zeilen und Zahlen – nehmen Sie auch die analogen Informationen wahr.
Weitere Artikel dieser Serie:
Mitschwingendes Projektportfolio-Management: Der analoge Ausweg? (Teil II)
Mitschwingendes Projektportfolio-Management: Der analoge Ausweg? (Teil III)
(Bild: © Blueminiu – Fotolia.com)
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