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Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat eine Pressemitteilung zu einer wichtigen Entscheidung für Steuerzahler veröffentlicht, die ein häusliches Arbeitszimmer für ihre Berufsausübung nutzen. In den vergangenen Jahren hatte der Gesetzgeber die Möglichkeiten für die Absetzbarkeit eines heimischen Büros immer wieder eingeschränkt.

Doch nun haben die Karlsruher Richter dem einen Riegel vorgeschoben und die seit dem Steueränderungsgesetz 2007 geltende Fassung von § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 6b Einkommensteuergesetz (EStG) für verfassungswidrig erklärt. Das betrifft Fälle, in denen dem Steuerpflichtigen neben dem Arbeitszimmer kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Kosten für Arbeitszimmer können allerdings weiterhin nicht bei der Einkommensteuer geltend gemacht werden, wenn dem Steuerpflichtigen ein anderer Arbeitsplatz für die Ausübung seiner Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht, selbst wenn er dafür das Büro zu hause mehr als 50 Prozent nutzt.

Nach Ansicht der Verfassungsrichter ist § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht grundgesetzkonform, da die Norm die Absetzbarkeit ausschließlich auf häusliche Arbeitszimmer beschränkt, wenn sie den Mittelpunkt der gesamten und betrieblichen Betätigung bilden. Damit versagt das Einkommensteuergesetz den Steuervorteil allerdings auch bei Konstellationen, in denen dem Steuerpflichtigen kein anderer Arbeitsplatz für die Ausübung seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit zur Verfügung steht.

Das verstößt aber nach Ansicht des höchsten deutschen Gerichtes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Es ist einer der wesentlichen Grundsätze im Einkommensteuerrecht, dass sich eine Belastung stets an der finanziellen Leistungsfähigkeit auszurichten hat, die sich stets objektiv anhand des sog. Nettoprinzips bemisst. Sollen bestimmte Steuerzahler von einer Steuervergünstigung ausgeschlossen werden, ist das nur zulässig, wenn das durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Rein fiskalische Gründe reichen nicht aus.

Weiter betonten die Verfassungsrichter, dass man durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers die tatsächliche betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers problemlos nachweisen kann, wenn er bestätigt, dass kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird. Damit ist eine unkomplizierte Abgrenzung zwischen der Privatsphäre einerseits und dem Erwerbsbereich andererseits möglich. § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 6b EStG stellt jedoch auf den „qualitativen“ „Mittelpunkt“ ab.

Diesen Nachweis kann der Steuerpflichtige nur mit viel Aufwand führen. Darüber hinaus können sich so viele Streitfälle ergeben. Die Verfassungsrichter gaben dem Gesetzgeber auf, das EStG rückwirkend ab dem 1. Januar 2007 entsprechend zu ändern. Bis zur Neufassung dürfen die Finanzämter die Vorschrift nicht mehr anwenden und laufende Steuerverfahren sind auszusetzen.

(Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 06.07.2010, Az.: 2 BvL 13/09)

(WEL)

(Bild: © sk_design – fotolia.com)

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