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boxenDas kennt jeder: unangenehme Kunden, die Sie am liebsten auf den Mond schießen würden, und Mitarbeiter, mit denen Sie öfter „gern“ mal ein Problem haben. Dann liegt der Gedanke nahe: Wie schön wäre das Leben ohne diese Kunden/Mitarbeiter!

Aber Vorsicht: Bevor Sie Ihre „Feinde“ vorschnell aus der Welt schaffen – was übrigens meist nicht gelingt, da andere schnell „nachwachsen“ – bedenken Sie bitte folgendes: Fische haben Feinde, Fischstäbchen nicht.

Der Preis dafür, dass Sie lebendig sind, eigene Meinungen vertreten und putzmunter im Meer des Lebens schwimmen, ist allerdings die potenzielle Gefahr, dass Ihnen Andere in die Quere kommen und es zu gefährlichen Situationen kommt. Also: Wenn Sie sich gegen das Leben als Fischstäbchen entscheiden und damit „Feinde“ unvermeidbar sind, dann nutzen Sie sie, anstatt sie zu bekämpfen.

Denn: Nur niveauvolle Feinde halten Sie lebendig und frisch!

Wenn es keine Kunden oder Mitarbeiter gäbe, über die Sie sich aufregen, müsste man sie erfinden, allein schon wegen der vielen Vorteile, die Sie Ihnen verschaffen. Kunden, mit denen Sie aneinander geraten, sind die besten Sparringspartner und die ehrlichsten Spiegel, die es gibt.

  • Sie zeigen Ihnen, ob Sie mutig genug sind, Ihre Bedürfnisse zu äußern und klare Grenzen zu formulieren.
  • Sie helfen Ihnen zu überprüfen, ob und was Ihnen ein Streit wert ist.
  • Sie trainieren Ihre Fähigkeiten, in Auseinandersetzungen als glaubwürdige Autorität erkannt und anerkannt zu werden.
  • Feinde spiegeln Ihnen, ob Sie fähig sind, Ihre eigenen Wünsche zu respektieren.
  • Widersacher sagen Ihnen manchmal Wahrheiten, die Sie nicht gern hören, das tun Freunde eher nicht.
  • Gegner sind eine gute Therapie gegen Langeweile, sie halten frisch.
  • Sie fordern Sie heraus, konzentriert bei der Sache zu bleiben, hartnäckig und beharrlich Ihre innere Balance zu halten.
  • Sie trainieren Ihr Know-how, deutlich zu sagen, was Ihnen wichtig ist, und: Feinde zwingen Sie manchmal zu lernen, innerlich auf Distanz zur Situation zu gehen, Abstand zu bekommen – eine wichtige Fähigkeit.
  • Lieblingsfeinde beweisen Ihnen, dass Sie Recht haben. Denn nur dadurch, dass jemand eine andere Position vertritt als Sie, wissen Sie, dass Ihre richtig ist – ein unschätzbarer Vorteil, den Ihnen Feinde verschaffen!

Aber suchen Sie sich Feinde, die Niveau haben, die Ihnen ebenbürtig sind. Alle anderen führen nur zu peinlichen Maschendrahtzaun-Schlachten, häufig unterhalb der Gürtellinie.

Wie testen Sie Ebenbürtigkeit? Hier einige wichtige Kriterien:

  • Kann der Kunde die Sache, um die es geht, von Ihrer Person trennen, oder formuliert er Schuldzuweisungen und nimmt Kritik persönlich?
  • Verzichtet er bei Streits auf „Altware“, alte Vorwürfe oder Unterstellungen, oder tischt er die „alten Kamellen“ immer wieder auf?
  • Akzeptiert er, wenn Sie aus dem Streit aussteigen wollen, oder macht er weiter, auch wenn Sie signalisieren, dass Sie das Gespräch beenden möchten?
  • Kämpft er mit offenem Visier, also redet er klar, direkt und ehrlich mit Ihnen, auch wenn es schwierig wird oder verfolgt er die Terroristenstrategie: manipulieren, tricksen, Behauptungen aufstellen?
  • Schafft er es, auch in Drucksituationen eine nicht eskalierende Beharrlichkeit zu zeigen, oder wird er lauter, unangenehmer und verliert die „Fassung“?

Sie müssen wirklich nicht jeden Feind akzeptieren. Kann Ihr Duellpartner das Niveau nicht halten, dann bewahren Sie sich Ihre Selbstachtung. Achten Sie dann mehr auf sich selbst, auf Ihre Bedürfnisse, als darauf, diese unangenehmen Zeitgenossen noch zufriedenzustellen.

Manche Kunden bekommen erst dann Respekt vor Ihnen, wenn Sie sich selbst mit Ihren eigenen Grenzen und Wünschen respektieren.

Wie streiten Sie sich nun mit einem „guten“ Feind und offenem Visier? Nehmen wir an, eine Mitarbeiterin von Ihnen, die sich „gern“ mal als Ihr Sparringspartner zur Verfügung stellt, hat wieder einmal vergessen, sauber ihren Arbeitsplatz zu fegen; eine schöne Gelegenheit, Ihr eigenes Niveau zu testen und zu verbessern.

  1. Sagen Sie, was genau Sache ist. Fakten, nicht Ihre Meinung darüber. „Du hast noch nicht zusammengekehrt“ statt: „Du bist wieder unordentlich“. Ihre persönliche Beurteilung und Bewertung der Fakten ist ja genau der Streitpunkt, deshalb bewerten Sie nicht. Das würde nur zur Eskalation führen, nicht zur Klärung.
  2. Sagen Sie klar, wie Sie sich wegen der Fakten fühlen. „Das ärgert mich“ statt: „Du machst mir damit Stress“. Keine Vorwürfe! Für Ihr Gefühl sind nur Sie allein verantwortlich, das ist Ihre eigene „Leistung“. Also keine Vorwürfe! Ihre Mitarbeiterin ist nicht Schuld an Ihrem Ärger, sie löst ihn nur aus.
  3. Sagen Sie, was in dieser Situation Ihr Bedürfnis oder Ihr Interesse ist. „Mir ist wichtig, dass ich mich auf Vereinbarungen mit Ihnen verlassen kann“ statt: „Wenn ich nicht selbst an alles denke, klappt hier gar nichts!“ Ihre Bedürfnisse kann der Andere verstehen, Ihre Unterstellungen und Verallgemeinerungen nicht.
  4. Sagen Sie, was Sie sich jetzt genau wünschen. „“Bitte überlegen Sie sich, was Sie ab heute genau tun werden, um sicherzustellen, dass Sie mir alle wichtigen Termine mitteilen“ statt dem Befehl und der Drohung: „Wenn Du nicht, dann…“ Bitten erfüllt man lieber als Befehle.
  5. Und dann: Holen Sie sich das Einverständnis Ihrer Mitarbeiterin: „Einverstanden?“ Warten Sie auf ein klares Ja oder Nein. Und für die Antwort ist dann die Mitarbeiterin verantwortlich.

Wenn Sie so streiten können, dann haben Sie ein gutes „Feindniveau“ erreicht und ebenbürtige Gegner werden „gern“ mit Ihnen die Klingen kreuzen. Und genau diese Feindschaften pflegen Sie!

So wie es Helmut Schmidt mit seinem Erzrivalen Rainer Barzel tat, über den er mal sagte: „Er war ein formidabler Gegner!“

Den niveaulosen Gegnern, mit einem schlechteren „Feindhandicap“, müssen Sie dann nicht mehr nachtrauern.

(Bild: © scusi – Fotolia.com)

Helmut Kraft

Helmut Kraft arbeitet als Managementtrainer und Coach. Er ist als Redner gefragt, da er bestes Infotainment garantiert. Sein Markenzeichen bei Vorträgen, etwa „Pflege Deinen Lieblingsfeind“ oder „Gender Talk“, ist das Tragen einer Mönchskutte und einer Pappnase. Damit stellt Helmut Kraft symbolisch dar, was seine Vorträge auszeichnet: Tiefgang und Lebensfreude. Mehr unter: www.kraftvollfuehren.de

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