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Stell dir die Große Sphinx von Gizeh vor, die weder nach links noch nach rechts schauen kann. Ihr Blick ist fokussiert, aber begrenzt. Führungsteams erleiden zuweilen ein ähnliches Schicksal, wenn sie ihren Blick – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – in nur eine Richtung lenken. Einmal in diesem Muster festgefahren, sind sie unfähig, andere Perspektiven einzunehmen und den Fokus zu variieren. Die Folge: Potenzielle Probleme werden zu spät oder gar nicht erkannt.

Die Lösung ist der Perspektivenwechsel.

Aus diesem Grund war und ist die steigende Zahl von Frauen und Minderheiten im Management so notwendig. Führungsteams haben begonnen, unterschiedliche Standpunkte zuzulassen und zu reflektieren. Die erfolgreichsten Unternehmen öffnen sich inzwischen dieser Entwicklung – nicht, um das Kästchen für „Diversity“ in ihrem Leitbild abzuhaken, sondern um ein neues Modell zu konstruieren, das weise in alle Richtungen sehen kann.

Perspektivenwechsel: Was bedeutet das?

Um es klar zu sagen: Perspektivenwechsel bedeuten nicht, dass die Unternehmensziele falsch ausgerichtet sind oder ein einheitlicher strategischer Plan damit aufgehoben wird. Solide Führungspraktiken gelten nach wie vor. Unternehmen brauchen zweifelsohne eine gemeinsame Vision und gemeinsame Werte.

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Die besten Unternehmen erreichen eine bestimmte Zielausrichtung, lassen aber unterschiedliche Weg zu.

Sie wissen, dass eine Unternehmensgemeinschaft nur dann funktionieren kann, wenn es einen gesunden Mix aus Aufmerksamkeitssteuerung und Perspektivenwechsel gibt – ein ständiges Ausgleichen zwischen kollektiver und individueller Wahrnehmung.

Verschiedene Menschen nehmen Dinge in der gleichen Situation oder im gleichen Moment völlig unterschiedlich wahr. Der Kletterer sieht in einem Berg beispielsweise etwas ganz anderes als der Maler, und beide Perspektiven unterscheiden sich wiederum von der des Ökologen.

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Leider konzentrieren sich viele Unternehmen, die auf Vielfalt setzen wollen, lediglich auf das „fitting“. Oft hört man Aussagen wie etwa: „Wir brauchen jemanden mit einer anderen Hautfarbe, sexueller Orientierung, usw. – aber er muss in allen anderen Aspekten ähnlich wie wir sein“. Das bedeutet nur:

Vielfalt symbolisieren, wo Passform im Mittelpunkt steht.

Genau darauf kommt es aber nicht an. Bei der Entscheidung darüber, was wichtig ist und was nicht, spielen oftmals unsere persönlichen Erfahrungen eine zentrale Rolle. Wir sehen nur, was uns unsere Vergangenheit gelehrt hat. Auch bei der Entwicklung von Organisationen besteht diese Gefahr, dass eben nur noch bereits bekannte Erfahrungen gemacht werden, die keinen Fortschritt erlauben.

Mit alten Mustern brechen

Oft sieht man Unternehmen, die von veralteten Verhaltensmustern getrieben werden. Die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln werden von der Person mit der höchsten Autorität bestimmt. Was ein Leiter in der Vergangenheit erlebt hat, wird für ihn zu einer Art „Filter“ – natürlich verstärkt und dann kodifiziert. Er „programmiert“ sein Team dahingehend, dass es eine Bedrohung sieht, die keine Bedrohung ist, oder belohnt es für veraltete Herangehensweisen, die keinerlei Einfluss mehr auf den Gesamterfolg des Unternehmens haben.

EXTRA: Führung zum Fürchten: Negative Führungspersönlichkeiten

Ein Beispiel, der Chef sagt: „Es ist mir egal, ob eine ganze Generation Jeans im Büro trägt, Jeans sind nicht professionell.“ Nicht wenige Führungskräften definieren ihre Vorstellung von Loyalität über ihre Ausrichtung nach der Sichtweise des Geschäftsführers und nicht nach der Unternehmensvision oder den festgelegten Werten. Auf diese Weise schaffen sie eine Kultur, in der Anpassung und Freundlichkeit zu den obersten Prioritäten aller werden.

Die Innovation aber leidet darunter.

Dagegen lässt sich beobachten, dass eine Vielfalt innerhalb der Gemeinschaft von Unternehmen durchaus gedeihen und sich an die heutigen Normen anpassen kann. So wird das Erbe immer wieder aufs Neue getestet, bis es irgendwann mit der Innovation verschmilzt und eine harmonische Einheit bildet.

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Den Konflikt als Chance sehen

Wenn ein Unternehmen wirklich mit alten Mustern brechen und sich anpassen will, wird es Raum für mehr Perspektiven schaffen müssen. Das wird schließlich unvermeidlich zu Konflikten führen – jedoch nicht darüber, was das Unternehmen erreichen muss, sondern nur über die Methode auf dem Weg zum Ziel. Doch genau in diesem Konflikt liegt das große Potenzial, welches das gesamte Unternehmen stärken kann.

Wahre Vielfalt führt geringstenfalls immer zur Wahrnehmung von Konflikten.

Führungskräfte sollten sich daran erinnern, dass ihre Rolle nicht darin besteht, Konflikte zu beenden, sondern eine Kultur zu pflegen, in der verschiedene Perspektiven zu einem tieferen Verständnis führen.

Dieser Artikel wurde von Curt Steinhorst auf Englisch verfasst und am 14.05.2019 auf www.forbes.com veröffentlicht. Wir haben ihn für euch übersetzt, damit wir uns mit unseren Lesern zu relevanten Themen austauschen können.

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