Viele Führungskräfte leiden unter dem Eindruck, fremdbestimmt zu sein. Mindestens 70 bis 80 Prozent der Zeit von Führungskräften haben andere verplant oder sich „gestohlen“.
Eine Reihe von Aufgaben muss am Arbeitsplatz erledigt werden. Der moderne Arbeitsplatz ist immer noch kein papierloses Büro, sondern die Führungskraft muss parallel zwei schriftliche Medien verarbeiten – sowohl Papier als auch zusätzlich elektronische Informationen. Es gibt immer noch Unterschriften- und Vorgangsmappen und dazu muss eine Flut von E-Mails gesichtet, verstanden, gelöscht, weitergeleitet oder beantwortet werden.
Daneben kommen von diversen uneinheitlichen IT-Anwendungen vorgegebene Workflows, die von der Führungskraft die Freigabe einer Vielzahl von Bestellvorgängen, externen Beauftragungen, Systemfreischaltungen oder Personalanforderungen erwarten. Darüber hinaus werden von Anrufern bei Abwesenheit telefonische Rückrufe erwartet. Vieles davon lässt sich dank mobiler Kommunikationsgeräte auch von unterwegs erledigen, doch leidet infolge der eingeschränkten Funktion der verkleinerten Geräte und geteilter Aufmerksamkeit des Benutzers die Qualität der Kommunikation.
Besprechungen finden häufig nicht am Arbeitsplatz statt. Für Wege geht dann zusätzlich Zeit verloren. Gesteuert werden diese Termine überwiegend über Einladungen im elektronischen Kalender. Besprechungen müssen vorbereitet werden, und aus den Besprechungen resultieren neue Aktivitäten und Beschlüsse, die delegiert und verfolgt werden müssen. Es gibt Arbeitstage mit bis zu 18 Stunden. Wo bleibt da die Souveränität zum Handeln?
Konzentration auf das Wesentliche
Durch dieses Getriebensein wird es im Arbeitsalltag immer schwerer, Prioritäten im Auge zu behalten. Auch Führungstheorien helfen da nicht weiter, wie sie auch heißen mögen: Autoritäre, Kooperative, Situative, Charismatische, Transformationale, Emotionale Führung… Hier geht es einfach um strategisches Selbstmanagement, welches man selten in einer Ausbildung findet. Der Schlüssel zum Erfolg ist, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und dafür nicht jede herangetragene Erwartung zu erfüllen. Vor jedem Tun steht die Entscheidung, mache ich es oder mache ich es nicht? Ebenso stellt man sich vielleicht folgende Fragen:
- Was passiert, wenn ich es nicht mache?
- Was mache ich dafür anderes?
- Muss ich wirklich jede E-Mail beantworten?
- Muss ich wirklich jeden erwarteten Rückruf tätigen?
- Muss ich wirklich jeder Besprechungseinladung folgen?
- Was müsste ich viel eher erledigen?
- Was bringt mich meinen eigenen Zielen näher?
Um das Wesentliche im Fokus zu behalten, ist das folgende einprägsame Führungsquadrat für vier strategische Handlungsfelder eine nützliche Hilfe.
Die vier strategischen Handlungsfelder
Für eine Führungskraft sind vor allem vier strategische Handlungsfelder von besonderer Bedeutung und ausschlaggebend für den Erfolg:
Dieses Führungsquadrat ist ein einfaches Bild der wichtigsten Handlungsfelder einer erfolgreichen Führungskraft. Dieses Bild sollte sich eine Führungskraft gut einprägen. Wenn diese vier Handlungsfelder bei allem Tun beachtet werden, bringt einen das in den wichtigen Aufgaben voran und sichert Resultate.
Die Führungskraft prüft jedes herangetragene Anliegen mit diesem einfachen Bild vor dem inneren Auge. Trägt es einen Nutzen zu einem dieser vier Felder bei? So konzentriert sich die Führungskraft auf das Wesentliche.
Das Führungsquadrat ist auch ein Instrument, um keines dieser vier wichtigen Handlungsfelder zu vernachlässigen. Es sorgt für Ausgewogenheit, wenn pro Zeiteinheit – also pro Tag oder pro Woche – in jedem Feld etwa gleich viele Aktivitäten anfallen.
1. Beziehungen
Es geht um Beziehungen zu Lieferanten, Vorgesetzten, Mitarbeitern, Kollegen, Prozesspartnern, Eigentümern und Kunden. Führung basiert auf Beziehungen und Kommunikation. Beziehungen sind entscheidend für Vertrauen, Unterstützung und für Nachsicht bei Fehlern, die in menschlichen Organisationen nun mal vorkommen. Alles, was die Beziehungen verbessert, ist ein weiterer Schritt zum Erfolg.
2. Prozesse & Tools
Prozesse und Tools bestimmen das erforderliche Know-how und die Motivation der Mitarbeiter, die Flexibilität, Effektivität und Effizienz der Unternehmenseinheit, die Qualität der Ergebnisse bzw. Produkte, die Produktivität und schließlich auch die Rendite. Schlanke und flexible Prozesse sowie Tools, die stumpfsinnige Routineaufgaben erübrigen, verbessern das Betriebsergebnis und die Wettbewerbsfähigkeit.
3. Ressourcen
Ressourcen sind die gelieferten Teile oder Informationen, das Know-how und die Fähigkeiten der Mitarbeiter und nicht zuletzt das zur Verfügung stehende Budget. Ressourcen bestimmen die Zufriedenheit der Mitarbeiter, die Prozesse und Tools, die Funktion und Zukunft der Unternehmenseinheit sowie die Qualität der Ergebnisse bzw. Produkte. Wenn Ressourcen verbessert werden können, wird eine positive Wirkung nicht ausbleiben.
4. Ergebnisse bzw. Produkte
Ergebnisse bzw. Produkte sind das Ergebnis der Leistung und motivieren Führungskräfte, Mitarbeiter, Vorgesetzte und Eigentümer. Ergebnisse bzw. Produkte sind entscheidend für die Zufriedenheit der Kunden, für Absatz, Umsatz und Gewinn, für die Positionierung im Markt und Wettbewerb. Alles, was zur Verbesserung von Ergebnissen bzw. Produkten und zu deren Beliebtheit bei den Abnehmern beitragen kann, sichert das Unternehmen bzw. die Unternehmenseinheit.
Umsetzung im Alltag
Die vier strategischen Handlungsfelder im Führungsquadrat helfen als Bild vor dem inneren Auge im Führungsalltag, um rasch Entscheidungen zu treffen, worauf man sein Tun richten sollte. Mit den vier strategischen Handlungsfeldern fokussiert man sich auf die Effektivität, denn es geht in erster Linie darum, die richtigen Dinge zu tun.
Anliegen, die in keines dieser Felder passen, um dort einen Mehrwert zu bringen, sollte eine Führungskraft ablehnen. Natürlich gehört dazu eine kurze Rückmeldung an denjenigen, der das Anliegen hatte, damit er versteht, welche Prioritäten die Führungskraft setzt.
Wenn sich die vier Felder durch an die Führungskraft herangetragene Aufgaben ungleich „füllen“, ist klar, welche Anliegen bevorzugt werden müssen. Außerdem wird es höchste Zeit, dass die Führungskraft in dem noch leeren Feld selbst eine Aktivität initiiert, um den eigenen Zielen näher zu kommen. Wem es zu Beginn schwer fällt, Anliegen abzulehnen, kann sich zur Unterstützung einen Coach nehmen. Ein Coach hilft dabei, das „Nein“-Sagen zu erlernen, ohne dabei ungute Gefühle zu haben.
Die vier strategischen Handlungsfelder sind ein Werkzeug für den Führungsalltag. Eine erfolgreiche Führungskraft wird aber auch von Zeit zu Zeit immer wieder langfristige strategische Überlegungen sowohl zur Markt- und Wettbewerbsposition als auch zur Kosten- und Kapitalstruktur des Unternehmens anstellen.
(Bild: © Heinz Jörg Kolitsch)
Vielen Dank für diesen tollen Beitrag – habe ihn gleich in meine Friday Five zum Thema „Selbstorganisation“ aufgenommen! (http://das-unternehmerhandbuch.de/2015/01/02/friday-five-tipps-fuer-eine-bessere-selbstorganisation/)