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Verantwortung verteilen bei UnternehmenswachstumFür erfolgreiche Unternehmen ist es fast ein Naturgesetz: Sie wachsen. Was für die Gründer zunächst eine prickelnde Bestätigung ihrer Vision ist, wird dann oft auch zum Problem. Das Mehr an Mitarbeitern, schwergewichtige Projekte und die Masse an Kundenkontakten will organisiert werden. Bislang hatten ein oder zwei Personen an der Spitze die Fäden sicher im Griff, jetzt geht immer häufiger der Überblick verloren.

Kay Eberl kennt dieses Phänomen. Seine Firma entwickelt Mobile Applikationen und erlebte nach den ersten drei Jahren einen gewaltigen Schub: Der erfolgreiche Abschluss eines großen Projekts zog weitere Kunden an, zusätzliche Spezialisten mussten ins Boot geholt und Projekte parallel organisiert werden. Schleichend wurden Krisenerscheinungen sichtbar: Fehlende Übersicht über die vielen Aktivitäten, ein Hin- und Herschieben von Zuständigkeiten, verschleppte Entscheidungen, verpasste Abgabetermine. Das führte zu Frustration in der Belegschaft und zu Unzufriedenheit bei Kunden. Eberl selbst merkte, dass die Arbeitstage immer länger wurden und ihm kaum noch Zeit zur Erholung blieb – er fühlte sich dauermüde und unzufrieden. Höchste Zeit, die Reißleine zu ziehen.

Statt des Versuchs, durch immer mehr persönlichen Einsatz die Firma auf Kurs zu halten, ist spätestens bei den ersten roten Ampeln der Zeitpunkt gekommen, Verantwortung klug auf mehrere Schultern zu verteilen. Doch wie gelingt das insbesondere dann, wenn vor allem Fachkräfte im Unternehmen sind, aber kaum Mitarbeiter mit längerer Führungserfahrung?

Der Vorschlag: Stellen Sie sich diesen Fragen:

1. Was hat uns bisher erfolgreich gemacht?

Was ein Unternehmen nach vorne bringt, kann vielfältig sein und ist oft nicht allen bewusst. Denn es funktioniert häufig intuitiv und durch eine (vor-)gelebte Kultur. Ist es das besondere Händchen, mit unseren Kunden umzugehen? Ist es die Art unser Wissen zu teilen und die Geschwindigkeit, mit der wir Innovationen in die Welt bringen? Welches Detail unterscheidet unsere Produkte von denen der Konkurrenz? Was macht gerade unsere Firma für Mitarbeiter sexy? Darüber explizit Klarheit zu gewinnen, hilft der künftigen vergrößerten Führungsmannschaft, diesen Unternehmensgeist bewusst vorzuleben, ihn zu fördern und weiterzuentwickeln.

2. Wo soll die Reise hingehen?

Gerade in Umbruchzeiten – und damit haben es Unternehmen immer zu tun, wenn Verantwortung auf neue Schultern übertragen wird – ist es wichtig, den Mitarbeitern gute Leitplanken und griffig formulierte Ziele zu geben. Wenn sie wissen, wo es hingehen soll, macht das neugierig und spornt zum gemeinsamen Loslegen an. Und mit realistischen Etappenvorgaben erhöht sich die Chance, später auch unter veränderter Führung Erfolge zu feiern.

3. Wer kann zügig Verantwortung übernehmen?

Die (verborgenen) Führungstalente im eigenen Haus sollten zuerst für Führungspositionen in Erwägung gezogen werden. Denn Personen mit Stallgeruch können schneller im Sinne der Unternehmensleitung mit gestalten. Für sie, aber auch wenn Externe an Bord kommen, ist gezielt zu ermitteln, welche Führungsqualifikationen noch zu erlernen sind. Passende Entwicklungsangebote sind zügig umzusetzen, statt durch Versuch und Irrtum Misserfolgserlebnisse bei der neuen Führungskraft und Unsicherheit bei den Mitarbeitern entstehen zu lassen.

4. Wie wird das Neue funktionieren?

Mit einer neuen Führungsstruktur muss das Unternehmen so stabilisiert werden, dass es weiter auf Erfolgskurs bleibt. D.h. bereits aufgetretene Schwächen und Fallstricke sind zu beseitigen und Arbeitsabläufe und Verantwortlichkeiten zu justieren. Die Mitarbeiter können die Führungscrew dabei mit Ihren Erfahrungen unterstützen, denn oft wissen sie am besten, wo es hakt: Wo sind Regeln und Abläufe anzupassen, wo alte Rituale abzuschaffen oder neue zu etablieren? Ziel- und themenbezogen können mit geeigneter Moderation die Arbeitsbedingungen neu gestaltet werden. Ein guter Effekt: Was man sich selbst ausgeschwitzt hat, wird meist auch umgesetzt.

5. Wie fördern wir Akzeptanz für das Vorhaben?

Um Veränderungen wirksam umzusetzen, ist es wichtig, mit den Betroffenen zu reden und ihnen zuzuhören. Wenn deren Bedenken und Ideen genutzt werden, akzeptieren sie auch das gesteckte Ziel bereitwilliger und machen es im Idealfall zu ihrem eigenen. Die wichtigsten Fragen, die dabei zu beantworten sind, sind: „Was soll das Ganze?“ und „Was hat das mit mir zu tun?“. Über unterschiedliche Kanäle, z.B. Teammeetings, Informationsbörsen, Dialogveranstaltungen oder Pressemitteilungen sollten nicht nur Interne, sondern auch Externe, wie Kunden oder Aktionäre einbezogen werden.

Ändern sich Führungsstrukturen in Unternehmen, löst das nicht automatisch Begeisterungsstürme aus, davon kann auch Kay Eberl ein Lied singen. Umso wichtiger ist es, dem Vorhaben, das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen, ausreichend Zeit einzuräumen und die Mitarbeiter unter Berücksichtigung der genannten fünf Punkte einzubeziehen. Eine zielstrebige Projektsteuerung verhindert das Versanden des Vorhabens, und der punktuelle Einsatz externer Change-Management- und Coaching-Expertise bringt bei Durchhängern wieder Spannung und klare Sicht und hilft Widerstände in Veränderungsenergie umzuwandeln.

(Bild: © Antrey – Fotolia.de)

Antoinette Beckert

Dipl. Ing. (FH) Antoinette Beckert ist Management-Executive Coach und Change Managerin. Pragmatisch, mit Entdeckergeist und einem guten Bauchgefühl unterstützt Sie Fach- und Führungskräfte – vornehmlich in technologieorientierten Unternehmen – dabei, die eigenen Kräfte zu mobilisieren, um Veränderungen erfolgreich voranzubringen. Weitere Informationen unter: www.antoinette-beckert.de

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