Skip to main content

Eines der auffälligsten Erfolgskriterien bei den Hidden Champions des 21. Jahrhunderts sei deren extrem niedrige Mitarbeiter-Fluktuationsrate von durchschnittlich 2,7 Prozent, meint Unternehmensberater Hermann Simon in seinem neuen Buch.

In manchen Branchen liegt der jährliche Mitarbeiterschwund hingegen zwischen 25 und 50 Prozent. Wie will ein Unternehmen erfolgreich sein, wenn Jahr für Jahr die Hälfte seines wertvollsten Kapitals spurlos verschwindet? Dies verursacht nicht nur Wissens- und Produktivitätsschwund sowie hohe Kosten für das Finden und Einarbeiten der ‚Neuen‘, nein, schlimmer noch: Unternehmen, die eine hohe (natürliche oder betrieblich verordnete) Mitarbeiterfluktuation haben, werden auch viele Kunden verlieren. Denn Menschen pflegen Beziehungen zu Menschen und nicht zu Unternehmen.

Vor allem in kundennahen Bereichen wirkt sich Mitarbeiterschwund gravierend aus. Zu manch austauschbarem Dienstleister geht man ja nur wegen dieser einen freundlichen Person, die einen schon so lange kennt. Kunden sind also oft dem Mitarbeiter gegenüber treu und nicht dem Unternehmen. Und Verkäufer nehmen gerne ihre Kunden mit, wenn sie das Unternehmen wechseln. Neue Kunden wird man wohl schwerlich zu Stammkunden machen können, wenn diese immer nur auf Anfänger treffen. Ausnahmsweise kann das ja mal Charme haben, wenn ein Kunde den ‚Neuen‘ ständig sagen muss, wie die Dinge laufen, wo was zu finden ist und wen er warum ansprechen soll. Aber irgendwann nervt’s. Langjährige, gut geschulte Mitarbeiter verstehen es viel besser, Kunden zu loyalisieren. Und Kunden, die immer wiederkommen, bestätigen dem Mitarbeiter, im richtigen Unternehmen zu arbeiten. Das macht stolz! Und loyal!

Was Mitarbeiterloyalität heute bedeutet

Loyale Mitarbeiter sind ihrem Arbeitgeber (wenn auch heute nicht mehr auf Lebzeiten) treu, sie spüren eine emotionale Verbundenheit. Sie machen sich Gedanken um das Wohl und Wehe ihres Unternehmens. Sie identifizieren sich mit ihrer Firma und machen die unternehmerischen Interessen zu ihren eigenen. Sie sprechen oft und gut, begeisternd und leidenschaftlich gerne über ihre Firma – drinnen und draußen.

All dies bekommt ein Unternehmen freilich nicht geschenkt. Mitarbeiterloyalität muss man sich, genauso wie Kundenloyalität, immer wieder neu verdienen. Hierbei geht es natürlich nicht um den blinden Gehorsam und das selbstlose Pflichtgefühl früherer Zeiten, sondern vielmehr um eine mündige, freiwillige Form der Loyalität – nennen wir sie doch ganz trendig Loyalität 2.0. So sprechen wir auch nicht mehr von der guten alten Mitarbeiterbindung – weil das Wort Bindung versagt. Es hat so etwas Erzwungenes, fast möchte man an Fesseln denken. Selbst ‚goldene Handschellen‘ können am Ende keine Loyalität erzwingen. Sie funktioniert vielmehr wie eine Freundschaft: Man bekommt sie geschenkt.

Mitarbeiter-Loyalität bedeutet:

  • freiwillige, anhaltende Treue
  • hohes Engagement und Freude an der Arbeit
  • Ambitionen und unternehmerisches Handeln
  • Identifikation und emotionale Verbundenheit
  • aktive positive Mundpropaganda

So sind hiermit eben nicht die Mitarbeiter gemeint, die – seit zwanzig, dreißig Jahren ein Unternehmen bevölkernd – nur noch auf die Rente warten und sich lustlos jedem Wandel verschließen. Als in unserem Sinne loyale Mitarbeiter können wir nur diejenigen ansehen, die alle Aspekte der Definition erfüllen. Und wenn Sie solche Mitarbeiter haben: Analysieren Sie diese genau – denn von der Art wollen Sie mehr! Und Ihre Konkurrenz wünscht sich diese am meisten. Loyale Mitarbeiter sind zweifellos die wertvollsten Mitarbeiter eines Unternehmens. Und sie sind die besten Kundenloyalisierer. Denn Käufer- und Mitarbeiterloyalität stehen in einem engen Zusammenhang. Sie verstärken sich gegenseitig – im Positiven wie im Negativen.

Wie sich Mitarbeiterloyalität messen lässt

Eine Reihe von Indikatoren ermöglichen Rückschlüsse auf die Zufriedenheit und Motivation eines Mitarbeiters und damit auch auf seine Loyalität. Hierzu zählen beispielsweise:

  • die Aktivität in Workshops und Diskussionsrunden,
  • die Teilnahme an Projektgruppen und Fortbildungsmaßnahmen,
  • der Wunsch nach Aufstiegsmöglichkeiten,
  • das Interesse an Kundenbelangen,
  • das Einreichen von Verbesserungsvorschlägen,
  • die Bereitschaft zu Überstunden,
  • die Fehlerquote, die Nörgelhäufigkeit
  • sowie die Anzahl der Kranktage.

Ein weiterer Index: Mit welcher Freude tragen die Mitarbeiter sichtbare Zeichen der Zugehörigkeit wie etwa das Firmenlogo? Oder vermeiden sie dies, womöglich aus Scham und Angst vor unangenehmen Fragen und hämischen Bemerkungen ihrer Umgebung?

Unengagierte, illoyale Mitarbeiter sind die größten Umsatzvernichter eines Unternehmens. Sie hemmen dessen Innovationsfähigkeit, das organische Wachstum und die betrieblichen Zukunfts-Chancen. Denn (chronisch) unzufriedene Mitarbeiter sind nicht nur öfter krank, sondern vor allem auch destruktiv. Die auf diese Weise entstehenden Produktivitätseinbußen schätzt man auf 20 Prozent und mehr. Und weil solche Mitarbeiter durch ihr ständiges Gejammer einen Negativ-Strudel in ihrem Umfeld erzeugen, sinkt die Produktivität der Kollegen, die dies erdulden müssen, um geschätzte zehn Prozent. Das alles ist schon schlimm genug. Schlimmer noch ist, wenn Mitarbeiter draußen schlecht über die Firma reden und so Vertrauens- und damit schließlich Kundenschwund auslösen.

So hat das 2008er Arbeitsklima-Barometer des IFAK Instituts aus Taunusstein ermittelt, dass nurmehr 12 Prozent der Befragten eine hohe Verbundenheit zu ihrem Unternehmen verspüren, wohingegen 24 Prozent keine Bindung bekunden, also innerlich bereits gekündigt haben. Geht es um die Bereitschaft, ihr Unternehmen als Arbeitgeber weiterzuempfehlen, so tun dies 68 Prozent der Gebundenen, aber nur 5 Prozent der Beschäftigten ohne Bindung. Der Studie zufolge hat eine hohe Mitarbeiterbindung auch einen erheblichen Einfluss auf die positive Mundpropaganda: Lediglich 16 Prozent der ‚ausgeklinkten‘ Mitarbeiter sind gewillt, die Produkte oder Services ihres Arbeitgebers weiterzuempfehlen. Bei einer hohen Bindung hingegen tun dies stolze 82 Prozent.

Wenn man nun davon ausgeht, dass in manchen BtoC-Branchen nahezu Jeder als potenzieller Kunde infrage kommt, sind loyale Mitarbeiter in dreifacher Hinsicht Erfolgsmacher:

  • indem sie erstens ihre ganze Leistungskraft ins Unternehmen einbringen,
  • sowie zweitens als Motivator nach innen
  • und drittens als Botschafter nach außen agieren.

Weitere Artikel dieser Serie:

Mitarbeiterloyalität: Wie sie Unternehmen erfolgreich macht (Teil II)

(Buchtipp:Anne M. Schüller: Kundennähe in der Chefetage)

(Bild: © Blueminiu – Fotolia.de)

Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. 2015 wurde sie in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Ihre jüngsten Bücher heißen „Die Orbit-Organisation“ und „Querdenker verzweifelt gesucht“.

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

Leave a Reply