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Die Broken-Windows-Theorie hat ihren Ursprung in der amerikanischen Kriminalitätsbekämpfung. Im öffentlichen Sektor hat sich dieser Ansatz erfolgreich bewährt. Welche Rolle die Broken-Windows-Theorie für den Bewerbungsprozess eines Unternehmens spielt und welche Auswirkungen Recruiting-Fehler auf Bewerber haben:

Worum geht es bei der Broken-Windows-Theorie?

Die Theorie der „zerbrochenen Fenster“ argumentiert, dass Vandalismus nicht die Folge von schwereren Vergehen ist, sondern deren Ursache. Demnach entsteht durch das Dulden von Bagatelldelikten wie Graffitis und zerbrochenen Fenstern in der Bevölkerung der Eindruck, dass solche Vorfälle normal sind. Tatsächlich sinkt die Kriminalitätsrate, wenn Vandalismus rigoros verfolgt und auch kleinere Schäden schnell beseitigt wurden. Das bedeutet:

Wer sich nicht um kleinere Verfehlungen kümmert, signalisiert seinem Umfeld, dass ihm diese egal sind.

In der öffentlichen Wahrnehmung wird dieses Verhalten also akzeptiert. Das wiederum sagt viel über Werte aus – im öffentlichen Leben genauso wie in der Geschäftswelt.

Warum ist die Theorie auch für Unternehmen relevant?

Manchmal drücken Unternehmen bei kleineren Verfehlungen ein Auge zu, z.B. beim Einsatz von Tankkarten oder beim Abzweigen von Büromaterial. Häufig geht es auch „nur“ um unpassendes Verhalten gegenüber Geschäftspartnern oder Kollegen, das nicht unterbunden wird. Allein dadurch kann der Eindruck entstehen, dass hier auch größere Vergehen toleriert werden.

Manche Mitarbeiter fühlen sich regelrecht wie Kleinkinder motiviert die Grenzen des Machbaren auszutesten.

Irgendwann machen alle Mitarbeiter mit, weil es alle anderen Kollegen schließlich auch so machen. Bei der Broken-Windows-Theorie geht es um die Wirkung der Wahrnehmung. Es geht darum was Menschen bei einer anderen Person beobachten und welche Schlussfolgerungen sie daraus ziehen. Für Unternehmen ist diese Außenwahrnehmung enorm wichtig.

Erfolg oder Scheitern können in hohem Maße davon abhängen, wie Kunden oder potenzielle Geschäftspartner das Unternehmen wahrnehmen.

Die Wirkung der Broken-Windows-Theorie: 4 Recruiting-Fehler

Bei Stellenausschreibungen und Bewerbungsverfahren geht es heute mehr denn je darum, die besten Bewerber für das eigene Unternehmen zu gewinnen. In einigen Branchen und Berufen können sich Bewerber bereits ihren Wunscharbeitgeber aussuchen. Unbewusste Nachlässigkeiten können da schnell verehrende Folgen für das Unternehmen haben.

1. Recruiting-Fehler: Bewerbern keinerlei Rückmeldung geben

Erhalten Bewerber auf ihre Bewerbung keine Absage wird es früher oder später aus der persönlichen Liste akzeptabler Arbeitgeber gelöscht. Es zeigt:

„Vielleicht kümmert sich dieses Unternehmen gut um die Bewerber, die zu einem Gespräch eingeladen werden. Die Zuständigen interessieren sich aber überhaupt nicht für diejenigen, die nicht auf diese konkrete Stelle passen.“

Somit wird aber auch ignoriert, dass ein Bewerber vielleicht in einem Jahr die perfekte Besetzung für eine andere offene Stelle ist.

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2. Recruiting-Fehler: Der Vorgesetzte kommt unentschuldigt zu spät

Ein anderes Szenario: Der Bewerber ist zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und der künftige Vorgesetzte kommt 20 Minuten zu spät. Laut der Empfangsdame ist ein dringendes Telefonat mit einem Geschäftspartner dazwischengekommen. Ein möglicher Gedanke des Bewerbers:

„Hier ist das Geschäft wichtiger als die Menschen.“

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3. Recruiting-Fehler: Der Raum für das Bewerbungsgespräch wurde nicht vorbereitet

Während der Wartezeit sitzt der Bewerber alleine in einem leeren Besprechungszimmer. Am Tisch stehen benutzte Kaffeetassen vom letzten Meeting. Das vermittelt: Diesem Unternehmen ist es wirklich egal, was Bewerber von ihnen halten. Die kümmern sich nicht einmal um eine saubere und ordentliche Arbeitsumgebung. Wer weiß, worum sie sich noch alles nicht kümmern?“ Ein Blick in den Raum zeigt ein Flipboard mit Notizen der letzten Besprechung mit einem Kunden. Das bedeutet:

„Die kümmern sich hier nicht einmal um die Vertraulichkeit ihrer Kundeninformationen.“

4. Recruiting-Fehler: Fehlplanung? Oder wurde überhaupt nichts geplant?

Der Vorgesetzte ist da und nun geht es darum eine Präsentation, die bereits zu Hause vorbereitet werden sollte, vorzustellen. Geplant war, dass der Bewerber diese Präsentation vor den neuen direkten Arbeitskollegen vorstellt. Leider hatte wohl niemand dem Team etwas von diesem Termin an einem Freitagnachmittag gesagt. Eine gestresste Assistentin schafft es schließlich, den Raum mit einigen Mitarbeitern aus anderen Abteilungen zu füllen. Immerhin geben sie sich freundlich und interessiert. Der potenzielle zukünftige Vorgesetzte tippt allerdings die ganze Zeit unter dem Tisch auf seinem Blackberry. Dieses Verhalten zeigt:

„Diesem Menschen sind die eigenen Mitarbeiter völlig egal.“

Bei all diesen Vorfällen handelt es sich zwar um Kleinigkeiten. Ja, ein vielbeschäftigter Manager kann schon mal zu spät zu einem Gespräch kommen. Sowas passiert. Aber so lange es Unternehmen gibt, die ihre Einstellungsprozesse besser im Griff haben, so lange transportieren diese Kleinigkeiten nur eine Botschaft:

„Es ist uns egal, was Du über das Unternehmen denkst.“

Haben Bewerber die Wahl, werden sie sich sicherlich nicht für dieses, sondern für ein anderes Unternehmen entscheiden.

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Was können Unternehmer & Recruiter daraus lernen?

Es gibt immer wieder zahlreiche Beispiele für kleine negative Signale, die Unternehmen an ihre Kunden aussenden. Anrufer hängen ewig in Warteschleifen oder müssen sich bei der Telefonhotline durch endlose Menüs hangeln. Es erfolgen zugesagte Rückrufe nicht. Produkteigenschaften oder Leistungspakete werden ohne ausreichende Vorankündigung geändert oder missmutige Verkäufer vergraulen die letzten kaufwilligen Kunden im lokalen Einzelhandel. Gleichzeitig gibt es erfolgreiche Unternehmen, die die Zufriedenheit ihrer Kunden zu ihrer obersten Priorität machen. Beispiele aus beiden Gruppen verbreiten sich durch die sozialen Medien heute rasend schnell.

Daher bist Du als Unternehmer gut beraten, Dich regelmäßig an die Broken-Windows-Theorie zu erinnern:

Kümmere Dich auch um die kleinen Anzeichen einer schlechten Kultur, denn andere schließen daraus auf das ganze Unternehmen!

Dagmar Recklies

Dagmar Recklies ist Mitgründer und Geschäftsführer der Recklies Management Project GmbH. Sie unterstützt Unternehmen auf dem Gebiet der Unternehmensstrategie, der strategischen und Finanzplanung sowie der strategischen Positionierung und Kommunikation, insbesondere im Internet. Außerdem erstellt sie seit 2001 Webseiten für eigene Projekte und im Kundenauftrag. Dagmar Recklies arbeitet mit Unternehmen der produzierenden Wirtschaft sowie aus dem Finanz- und Dienstleistungssektor zusammen.

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3 Comments

  • Mia Gehrs sagt:

    Dagmar Recklies hat hier sehr überzeugend herausgearbeitet, dass Unternehmen sich Nachlässigkeiten heute immer weniger leisten können. Beim Recruiting und beim On-Boarding neuer Mitarbeiter sowie auch bei der Mitarbeiterbindung allgemein kommt es auf ein durchdachtes Vorgehen an. Wie das am besten funktioniert, erfahren Unternehmer in den zahlreichen TAB-Unternehmerboards, die es in Deutschland gibt (TAB steht für „The Alternative Board“). Das Besondere ist, dass Unternehmer verschiedener Branchen sich hier gegenseitig beraten, auf Grundlage ihres Wissens und ihrer Erfahrung. Jeder hat eigene Ideen und kann eigene Erfahrungen einbringen, die für die anderen von großem Nutzen sind. Und nicht nur das Recruiting kommt zur Sprache, sondern jede unternehmerische Herausforderung, die es für ein Board-Mitglied gibt.

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