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Entscheidungskompetenz verbessernFührungskräfte müssen tagtäglich Entscheidungen treffen, die für ihr Unternehmen, aber auch für sie selbst oftmals eine enorme Tragweite haben. Wie sich das Risiko einer Fehlentscheidung minimieren lässt, erklärt Nicole Jordan.

Eine weltweit durchgeführte Studie der Economist Intelligence Unit offenbart Erschreckendes: Ein Viertel der befragten Führungskräfte ist überzeugt, ihr Management treffe oft oder immer die falschen Entscheidungen. 50 Prozent der Befragten erklärten, eigene Entscheidungen ausschließlich aus dem Bauch heraus und spontan nach Ad-hoc-Besprechungen zu fällen.

Diese Befunde belegen: Unternehmen haben in Punkto Entscheidungsmanagement einen erheblichen Nachholbedarf. Insbesondere Führungskräfte müssen lernen, die Güte ihrer Entscheidungen zu optimieren, um diese später nicht bereuen zu müssen. Allerdings reicht es nicht, sich entweder auf das eigene Bauchgefühl (Intuition) zu verlassen oder Entscheidungen rein rational zu treffen. Die Forschung belegt inzwischen, dass wir Menschen vor allem dann klug und richtig entscheiden, wenn sowohl das Bauchgefühl als auch der Verstand beteiligt sind.

Wer sich nur auf seinen Verstand verlässt, verheddert sich schnell beim Abwägen der Vor- und Nachteile, Argumente und Gegenargumente – und macht sich damit selbst entscheidungsunfähig. Eine chronische Unentschlossenheit und eine Tendenz zu unbefriedigenden Entschlüssen können die Folge sein. Wer zu lange grübelt, muss zudem häufig feststellen, dass gute Gelegenheiten ungenutzt vorüberziehen oder Wettbewerber schneller sind. Das gilt im Job wie im Privaten. In komplexen Situationen scheint das Bauchgefühl dem Verstand oft überlegen. Voraussetzung ist jedoch, dass die betreffende Person bereits ähnliche Situationen erlebt hat und die Intuition somit auf verlässlichen emotionalen Erfahrungen beruht. Mangelt es an diesen Erfahrungen, kann auch das Bauchgefühl trügen.

Entscheiden lernen

Wichtig ist es daher, den „Entscheidungsmuskel“ zu trainieren. Mithilfe des Züricher Ressourcen Modells (ZRM) der promovierten Psychologin Maja Storch ist das einfach. Wer vor einer Entscheidung steht, sollte demnach grundsätzlich zunächst eine Bilanz seiner Gefühle erstellen und sich alle Handlungsmöglichkeiten vorstellen, die einfallen. Und zwar nacheinander, so lebendig wie möglich. Dann gilt es, sich jeweils ganz konkret zu fragen: Welche Gefühle löst diese Vorstellung in mir aus? Zum Beispiel: Was empfinde ich bei dem neuen Produkt, das auf den Markt kommen soll. Oder: Was empfinde ich bei dem Gedanken, einen bestimmten Bewerber einzustellen? Oder: Was fühle ich bei der Überlegung, einen neuen Standort aufzumachen?

Nicht jeder nimmt die eigenen Gefühlsreaktionen überhaupt wahr. Unentschlossenen etwa fällt das häufig schwer. Ändern lässt sich das mithilfe einer visuellen Technik, die es erleichtert, eine Gefühlsbilanz zu erstellen. Es empfiehlt sich dazu, die eigenen Körpersignale bewusster wahrzunehmen und diese zu verstehen. Brustenge, ein Druckgefühl im Bauch oder Emotionen wie Frust, Ärger oder Aufgeregtheit sind Indizien für negative Gefühle. Positive Signale können Wärmegefühle oder ein angenehmes Kribbeln sein. Wer Entscheidungen trifft, sollte sich für Körpersignale sensibilisieren. Diese Gefühle melden sich mitunter in Sekundenschnelle. Danach muss der Verstand sie zunächst hinsichtlich ihrer Bedeutung bewerten und beurteilen, ob sie für die Entscheidung eine Rolle spielen und wenn ja, welche.

Entscheidungen umsetzen

Ziel ist es letztlich, dass Verstand und Gefühlsimpulse zur selben Bewertung kommen. Dann handelt es sich um eine Entscheidung, der Verstand und Intuition zustimmen. Solange das nicht der Fall ist, sollte man sich laut dem ZRM immer wieder fragen: Warum widersprechen sich Kopf und Bauch? Habe ich Alternativen übersehen? Was genau steckt hinter meinen Zweifeln? Entwickeln Kopf und Bauch dieses innere Zwiegespräch, sind diejenigen, die eine Entscheidung treffen müssen, auf dem richtigen Weg.

Führungskräfte, die diesen Abgleich von Verstand und Bauchgefühl trainieren, bewerten fortan Optionen in Sekundenschnelle und entscheiden sehr viel leichter. Das Züricher Ressourcen-Modell ist nicht nur aus diesem Grund prädestiniert für Unternehmen. Ebenso wichtig ist, dass Entscheidungen, die von einem starken positiven Gefühl begleitet werden, überhaupt eine Chance haben, in Handlung umgesetzt zu werden. Gute Entscheidungen sind daher die, bei denen Verstand und Gefühle zu demselben Ergebnis kommen.

Entscheidungen, die weit reichen und folgenschwer sein können, sollten in Ruhe getroffen werden. Druck, den sich eine Führungskraft selbst macht, oder Druck von außen können die Angst erhöhen, einen Fehler zu machen. Das führt letztlich bei vielen dazu, lieber gar nicht zu entscheiden und alles auf den Sanktnimmerleinstag zu verschieben.

In sehr komplexen Situationen, in denen sehr viele Komponenten zu berücksichtigen sind, passiert genau dies häufig. Dann hilft es, sich bewusst zu werden, dass selbst mit mathematischen Formeln und einer Wahrscheinlichkeitsrechnung eine solche Situation nur annäherungsweise erfasst werden kann. Sofort fällt der Druck ab. Dass jede Entscheidung sowieso mit einem Rest an Unsicherheit verbunden ist, wusste etwa schon der Schriftsteller Karl Kraus, der diese Erkenntnis in einem Bonmot zusammenfasste: „Der Schwache zweifelt vor der Entscheidung; der Starke danach.“

(Bild: © peshkova – Fotolia.de)

Nicole Jordan

Nicole Jordan ist als Trainerin und Coach für das Beratungs- und Trainingsunternehmen partnerteams tätig. Das 17-köpfige Team berät, trainiert und coacht seit über 20 Jahren insbesondere in Service- und Dienstleistungsunternehmen. Neben der Vermittlung von Entscheidungskompetenzen gehören u.a. die Strategieberatung sowie Prozessbegleitung und Organisationsentwicklung bei Changeprojekten, HR-Projekte sowie Entwicklungs- und Coachingmaßnahmen für Führungskräfte zu den Tätigkeitsschwerpunkten.

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