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Personalabbau: So gehst du als Chef mit Kündigungen um

Personalabbau: So gehst du als Chef mit Kündigungen um

© jirsak - stock.adobe.com

Wenn Unternehmen Personal abbauen, dann kommt auf ihre Führungskräfte eine Mehrbelastung zu – auch emotional. Auf diese Stresssituation sind insbesondere die jungen Führungskräfte in der Regel schlecht vorbereitet. Denn sie stehen meist erstmals vor der Führungsaufgabe Personalabbau.

„Wir bauen Personal ab.“

Das haben in jüngster Zeit viele Unternehmen verkündet oder werden noch verkünden. Also steht eine wachsende Zahl von Führungskräften vor den Fragen:

Denn dies ist die Crux, speziell wenn Großunternehmen einen Personalabbau beschließen: Dann beginnt meist eine monatelange Hängepartie, bevor feststeht, wer gehen muss und die Trennung vollzogen ist.

Dieser Schwebezustand lähmt das gesamte Unternehmen. Denn unter dem Beschluss Personalabbau leiden letztlich alle MitarbeiterInnen der Organisation. Deshalb sollten EntscheiderInnen in Unternehmen, wenn ein Personalabbau schon unvermeidbar ist, wenigstens möglichst schnell agieren, damit die Hängepartie bald beendet ist und der Blick wieder nach vorne gerichtet werden kann.

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Außerdem sollte die Unternehmensführung die Führungskräfte, die ihre Personalabbau-Entscheidung umsetzen müssen, bei ihrer Arbeit unterstützen. Denn sie durchleben ein Wechselbad der Gefühle – speziell wenn sie befürchten müssen, dass auch ihnen mittelfristig gekündigt wird. Und auf sie kommt mit dem Beschluss „Wir entlassen MitarbeiterInnen“ eine deutliche Mehrbelastung zu – emotional, denn sie stehen im direkten Dialog mit den betroffenen MitarbeiterInnen, und arbeitsmäßig, denn mit einem Personalabbau sind zahlreiche Zusatzaufgaben verbunden.

Auf diese Herausforderung sind insbesondere die jungen Führungskräfte in der Regel schlecht vorbereitet. Denn sie sind meist erstmals mit der Führungsaufgabe Personalabbau konfrontiert. Entsprechend unsicher sind sie. Deshalb wäre in dieser Stressphase eine systematische Unterstützung nötig – zum Beispiel in Form von Trainings, in denen die Führungskräfte Verhaltensstrategien für die verschiedenen Phasen des Personalabbauprozesses entwickeln. Oder in Form von moderierten Treffen, in denen sich die Führungskräfte im Kollegenkreis über ihre aktuellen Aufgaben und emotionalen Probleme austauschen und gemeinsam Handlungsstrategien entwickeln.

Eine solche Unterstützung wird den Führungskräften selten gewährt. Denn wenn ein Unternehmen Personal abbaut, befindet es sich meist in einer Krise. Die Unternehmensführung kämpft also zugleich an mehreren Fronten. Entsprechend wenig Zeit und Muße hat sie, sich mit den Problemen der Führungsmannschaft zu befassen. Dabei übersieht sie jedoch oft: Vom Verhalten der Führungskräfte hängt es weitgehend ab, wie reibungslos der Personalabbau verläuft und wie schnell und dynamisch das Unternehmen danach wieder durchstartet.

Mit der Ungewissheit leben

Deshalb hier einige Tipps, wie Führungskräfte sich verhalten sollten, wenn ein Personalabbau ansteht. Angenommen der Vorstand deines Unternehmens hätte gerade öffentlich verkündet:

„Wir bauen aus Kostengründen zehn Prozent unseres Personals ab.“

Dann solltest du dich speziell in Kapitalgesellschaften darauf einstellen, dass du selbst auf Nachfrage keine näheren Infos erhältst. Denn es existieren noch keine genauen Pläne. Wie der Personalabbau vonstatten geht, muss erst noch (mit dem Betriebsrat) ausgehandelt werden. Zugleich musst du dich aber darauf einstellen, dass deine MitarbeiterInnen, wenn sie vom Personalabbau erfahren, in große Aufregung geraten. Das heißt, sie bestürmen dich mit Fragen. Und diesen Fragen musst du dich stellen – selbst wenn du keine Antworten hast.

In dieser Phase solltest du deinen MitarbeiterInnen signalisieren, dass du ihre Ängste und Befürchtungen, Wut und Enttäuschung verstehst; des Weiteren, dass ihre Sorgen und Emotionen berechtigt sind. Keinesfalls solltest du mit Killerphrasen wie „Das wird alles nicht so schlimm“ darauf reagieren. Nimm die Gefühle deiner MitarbeiterInnen ernst. Und versprich ihnen nichts, was du nicht sicher halten kannst. Versprich ihnen aber, dass du sie informierst, sobald du genauere Infos hast.

Das Gespräch mit den Mitarbeitern suchen

Den Gesprächen mit den MitarbeiterInnen sollten du dich nicht nur stellen. Du solltest diese aktiv suchen. Achte in den Gesprächen aber darauf, dass du kein Unverständnis für die Entscheidung der Unternehmensleitung äußerst und eventuell sogar wie deine MitarbeiterInnen auf „die da oben“ fluchen. Denn dein Job als Führungskraft wird es sein, die Entscheidung der Unternehmensführung umzusetzen. Und wenn du sagst, dass du die Entscheidung, Personal abzubauen, „eher kritisch“ siehst, dann verkündet der Flurfunk in deinem Unternehmen bald: „Auch unser Chef ist dagegen.“ Doch nicht nur dies! Deine MitarbeiterInnen werden dich immer wieder mit deiner Aussage konfrontieren – zum Beispiel, wenn du mit ihnen Trennungsgespräche führen.

Bewährt hat es sich, wenn der Personalabbau frisch verkündet wurde, mit den MitarbeiterInnen zu vereinbaren:

„Lasst uns in zwei Tagen nochmals zusammensetzen und darüber sprechen. Dann habe ich vielleicht schon etwas mehr Information.“

Denn zwei, drei Tage nach der Ankündigung des Personalabbaus hat sich meist der erste Sturm der Entrüstung gelegt. Denn die MitarbeiterInnen konnten hierüber schlafen und für sich analysieren: Was könnte die Entscheidung für mich bedeuten? Deshalb sind nun sachlichere Gespräche möglich. Nun sind die MitarbeiterInnen zumeist auch für Argumente offen wie:

„Leute, dass etwas geschehen würde, war klar – bei den Zahlen, bei der Marktsituation. Da musste der Vorstand reagieren. Wenn er nicht reagiert hätte, hätten wir im nächsten Jahr vermutlich alle geklagt: Warum hat der Vorstand nicht früher reagiert?“

Dies solltest du den MitarbeiterInnen auch sagen. Zugleich solltest du ihnen aber vermitteln, dass du es als angemessen erachtest, wenn sich jeder Gedanken über seine persönliche Situation macht. Außerdem solltest du ihnen versprechen, dass du im Rahmen deiner Möglichkeiten alles tun wirst, um den Prozess des Personalabbaus möglichst fair zu gestalten.

Wird ein Personalabbau publik, sinkt die Leistung der MitarbeiterInnen meist stark – zumindest für ein, zwei Wochen. Danach steigt sie häufig wieder leicht. Unter anderem, weil viele MitarbeiterInnen versuchen zu beweisen, wie wichtig ihre Arbeitskraft ist – in der Hoffnung, dass dann das Schicksal „Kündigung“ an ihnen vorüber geht.

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Kündigungs- und Trennungsgespräche gut vorbereiten

Diese Übergangsphase solltest du nutzen, um für dich Kriterien zu entwickeln, nach denen du entscheidest, auf wessen Mitarbeit du am ehesten verzichten würdest und wen du auf alle Fälle halten möchtest. Denn selbst wenn in Unternehmen die Auswahlkriterien aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Sozialauswahl weitgehend vorgegeben sind, gibt es immer wieder Grenzfälle geben, in denen du entscheiden musst: Mache ich mich für Herrn Mayer oder für Frau Müller stark?

Wenn feststeht, welche deiner MitarbeiterInnen das Unternehmen verlassen müssen, ist es in der Regel dein Job, dies den Betroffenen mitzuteilen – und zwar bevor die Kündigungsschreiben in den Briefkästen liegen. Kündigungsgespräche zu führen, ist nicht leicht; diese Aufgabe bereitet Führungskräften oft schlaflose Nächte. Entsprechend gut solltest du dich darauf vorbereiten. Rede im Gespräch nicht um den heißen Brei herum. Nenne das Kind nach ein, zwei einleitenden Sätzen beim Namen, um anschließend die Entscheidung beziehungsweise Auswahl zu begründen.

Bei einer Sozialauswahl ist das Begründen recht einfach. Dann kannst du dich auf deren Kriterien berufen. Anders ist dies, wenn Fertigkeiten, Einstellungen oder Leistungsunterschiede (mit-)entscheiden. Dann musst du beim Begründen Fingerspitzengefühl beweisen – um die zu kündigenden MitarbeiterInnen nicht unnötig zu verletzen und damit die Kündigungen nicht juristisch anfechtbar werden.

Auf die Mitteilung ihrer Kündigung reagieren die Betroffenen unterschiedlich: Manche gefasst, manche geschockt, manche hysterisch. Andere versuchen zu verhandeln und mit dir die Auswahlkriterien zu diskutieren. Dann ist Vorsicht angesagt. Denn wenn du nicht aufpasst, diskutieren sie schnell über die Kündigung selbst.

Zumindest wenn die Gekündigten auf die Hiobsbotschaft nicht gefasst reagieren, solltest du im Kündigungsgespräch selbst mit den Betroffenen nicht über die Trennungsmodalitäten sprechen. Schlage ihnen vor, sich zwei, drei Tage später nochmals zusammenzusetzen, um zu besprechen, wie der Zeitraum bis zum endgültigen Ausscheiden gestaltet wird.

Für eine geordnete Übergabe sorgen

Zuweilen werden MitarbeiterInnen nach der Kündigung bis zum Ende der Beschäftigung freigestellt. Der Vorteil ist: Den „Survivors“, also den MitarbeiterInnen, die bleiben, und den Gekündigten wird ein regelmäßiges weiteres Zusammentreffen erspart und im Unternehmen kehrt schneller wieder Ruhe ein. Ob ein Freistellen möglich ist, obliegt aber meist nicht der freien Entscheidung der Führungskräfte, welche die Kündigungs- und Trennungsgespräche führen – gerade wenn viele MitarbeiterInnen entlassen werden.

Ein sofortiges Freistellen ist oft auch nicht sinnvoll. Denn dann kann keine geordnete Übergabe der Aufgaben an die verbleibenden KollegInnen erfolgen. Wie die Übergabe erfolgt, sollte ein zentrales Thema im Trennungsgespräch sein. In ihm begehen Führungskräfte oft den Fehler, dass sie den gekündigten MitarbeiterInnen sozusagen freie Hand geben, wie sie die noch verbleibenden Arbeitstage gestalten – meist weil sie (unbegründet) ein schlechtes Gewissen plagt. Dies solltest du nicht tun. Überlege dir vor dem Gespräch, was du noch von dem Mitarbeiter oder Mitarbeiterin erwartest – schließlich bezieht er/sie weiterhin Gehalt. Im Gegenzug kannst du ihm/ihr anbieten, ihn oder sie bei der Suche nach einem neuen Job, soweit möglich, zu unterstützen.

Die „Survivors“ im Blick behalten

Den „Survivors“ wird bei einem Personalabbau meist die wenigste Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei will das Unternehmen mit ihnen die Zukunft meistern. Die „Survivors“ durchleben im Personalabbauprozess ein Wechselbad der Gefühle. Zunächst plagt sie selbst die Angst: Was wird aus mir? Danach bedauern sie die Betroffenen, mit denen sie teils jahrelange (Arbeits-)Beziehungen verbinden, und würden gerne etwas für sie tun. Auf der anderen Seite wollen sie aber gegenüber dem Unternehmen loyal bleiben, und oft haben sie nach einiger Zeit auch ein gewisses Verständnis für die Personalabbauentscheidung, während die Betroffenen weiterhin auf die Firma und dessen Management schimpfen.

Dieses Hin- und hergerissen sein führt bei den „Survivors“ zu Verhaltensänderungen. Denn solange der Personalabbau nicht vollzogen ist, ist ihr Kopf nicht frei. Deshalb ist auch ihre Arbeitsmotivation und -leistung geringer als normal.

Wie stark die Verhaltensänderung ist, hängt stark davon ab,

Deshalb solltest du, wenn feststeht, wer das Unternehmen verlässt, gezielt das Gespräch mit den „Survivors“ suchen – nicht nur, um sie über den Stand der Dinge zu informieren.

Mindestens ebenso wichtig ist es, dass du

Das heißt, gerade in der Zeit, in der die Gekündigten noch im Unternehmen sind, musst du als Führungskraft eine hohe Präsenz zeigen. Denn so lange hält auch die innere Zerrissenheit der „Survivors“ an.

Die neue gemeinsame Zukunft planen

Doch dann kommt jedoch endlich der ersehnte Tag, an dem alle Gekündigten das Unternehmen verlassen haben. Dann kann man meist bei allen Verbliebenen ein tiefes Durchatmen spüren: Endlich ist die emotional belastende Zeit vorbei. Diese Situation solltest du nutzen.

Setze dich nochmals mit den „Survivors“ zusammen und sprich mit ihnen über die zurückliegende Zeit. Verleihe zunächst noch einmal deinem Bedauern über den Personalabbau Ausdruck, um dann zum Resultat zu gelangen, wie froh du bist, dass nun endlich diese für alle Beteiligten wenig erquickliche Phase endgültig vorüber ist. Danach solltest du den Blick in Richtung Zukunft richten. Das heißt, du solltest den MitarbeiterInnen nun nochmals aufzeigen, welche Chancen sich aufgrund des vollzogenen Personalabbaus für das Unternehmen ergeben, bevor du schließlich mit ihnen festlegst, wie ihr nun gemeinsam die Zukunft gestaltet.

Und noch ein Tipp: Einen Bereich oder eine Abteilung in einer Phase des Personalabbaus zu führen, ist eine der schwierigsten Führungsaufgaben – vor allem emotional. Achte deshalb in dieser Zeit auf dein körperliches und psychisches Wohlbefinden und sorge für einen emotionalen Ausgleich.

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