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Warum Kritiker gut für Chefs sind

Warum nehmen wir Kritik von weiblichen Chefs schlechter an?

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Mitarbeiter, die Abläufe und Prozesse in Unternehmen infrage stellen, gelten schnell als destruktive Nörgler und Querulanten. Doch Chefs sollten ihre eignen Kritiker als potenzielle Verbesserer sehen. Drei gute Gründe, warum Kritiker gut für Chefs sind.

1. Kritiker sehen nicht das eigene Wohl, sondern das des Unternehmens

Wer kennt sie nicht, die unliebsamen und unbequemen Mitarbeiter und auch Kollegen, die ständig nörgeln, an allem etwas auszusetzen haben: der Chef war heute wieder unmöglich, nichts hat ihm gepasst und habt ihr schon gehört, jetzt soll ich auch noch mein Büro mit einem neuen Kollegen teilen, und niemand hat mich gefragt, ob ich das überhaupt will. Wer kennt sie nicht die Sätze, die nur indirekt vage angedeutet in täglichen Gesprächen mit den Vorgesetzten aufs Tablett kommen, oder heimlich in der Teeküche in den Pausen auf Kollegen einprasseln.

Im Gegensatz dazu sind Ja-Sager in den Augen vieler Vorgesetzter viel angenehmer. Sie nicken ab, auch wenn alle denken, kann doch nicht sein, völlig inkompetente Aussage des Chefs und der Kollege mit Projektverantwortung sitzt da und sagt dazu nichts.

Ja-Sager kratzen nicht am Ego des Chefs, Kritiker schon.

Denn wer einmal offen Kritik geäußert hat, und damit den Chef am falschen Fuß erwischt hat, hat womöglich seiner Karriere großen Schaden zugefügt. Kritik ist jedoch, wenn sie nicht von notorischen Nörglern kommt, und fachlich mit Argumenten untermauert ist, als Hinweis zu sehen, Unternehmenswohl zu garantieren. Wer sich als Kritiker offenbart, erkennt Missstände und benennt ganz klar Fehlentscheidungen, um rechtzeitig Fehlentwicklungen entgegenzusteuern und damit auch den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.

Kritiker kritisieren vor allem auch, weil sie die Tragweite von falschen Entscheidungen abschätzen können, und um ihre eigenen Arbeitsplätze fürchten. Wer das Unternehmenswohl riskiert, nimmt auch Stellenabbau in Kauf.

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2. Kritiker sind nicht falsch, sondern ehrlich

Wie viel Ehrlichkeit vertragen Vorgesetzte? Wer traut sich eigentlich offen und ehrlich in Meetings seine eigene Meinung kundzutun, wenn ganz klar ist, dass der Chef eine völlig andere Einschätzung zu einer Thematik hat, als man selbst.

Wenige Mitarbeiter sind so mutig, Vorgesetzten zu widersprechen, vor allem in öffentlichen Sitzungen.

Einfacher ist es noch in fast privaten Gesprächen hinter verschlossenen Türen, nach dem Motto: „Darf ich Ihnen mal meine ganz persönliche Einschätzung dazu sagen?“ Aber selbst das erfordert Mut, wenn Mitarbeiter die Erfahrung gemacht haben, der Chef hat immer Recht; auch wenn er Unrecht hat. Und selbst wenn er Unrecht hat, hat er Recht, weil es sein Recht ist, Recht zu haben.

Für kritikunfähige Vorgesetzte ist es irrelevant, ob Mitarbeiter mit ihrer Kritik richtig liegen oder bzw. ob die Kritik auch noch im Sinne des Unternehmenswohl liegen könnte, Kritik trifft sie so hart, dass die Ratio und Sachargumente hinter den Emotionen verschwinden. Und tiefe negative Emotionen von Vorgesetzten können das Ende der Karriere von Mitarbeitern bedeuten, die eigentlich nur ehrlich sind. Eine Persönlichkeitseigenschaft von Menschen, die ein hohes, aber rares Gut geworden ist.

Ehrliche Worte sind im Zweifel aber für das Unternehmen wichtiger als vermeintliche Harmonie. Denn Vorgesetzte sollten nicht vergessen: In der Regel wissen ihre Mitarbeiter besser über einzelne Details im Unternehmen Bescheid als sie selbst. Mitarbeiter mit langjähriger Firmenzugehörigkeit besitzen ein Detailwissen, das Vorgesetzte vor allem in großen Unternehmen gar nicht haben können.

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3. Kritiker kritisieren nicht wirklich, sie geben Feedback

Kritische Stimmen im Unternehmen werden oft in ihren Aussagen falsch interpretiert. Ihre scharfe und bissige Zunge lässt sie, wenn es denn aus ihnen herausbricht, als unangenehm und als Zumutung für andere angesehen. Wo sich die Kollegen nicht trauen, schlägt der Kritiker entgegen aller Regeln zu: Er sagt was er denkt. In unpassenden Momenten und unpassenden Situationen. Wer diesen Typus Mensch jedoch gut kennt, weiß, dass er das Herz auf der Zunge trägt und seine Worte eigentlich von Wohlwollen und Sorge getragen sind.

Wer gut zuhören kann, erkennt darin wertvolle Rückmeldungen für das Unternehmen.

Allerdings sind diese gefühlsmäßigen Äußerungen in einem Wirtschaftsunternehmen etwas unpassend, nicht vom Inhalt, sondern der Art und Weise wie sie passieren.

Das hat den Hintergrund, dass es in Unternehmen oft aufgrund fehlender Feedbackkultur wenig Möglichkeiten gibt, in einem adäquaten institutionellen Rahmen Feedback zu äußern. Mangels an Alternativen platzt manchen Menschen sprichwörtlich der Kragen.

Zu einer gesunden, zeitgemäßen Unternehmenskultur gehört jedoch eine entwickelte Feedbackkultur. Probleme, aber auch Statusmeldungen zu laufenden Projekten sind offen zu kommunizieren. Das Ziel sollte eine vertrauliche Atmosphäre sein, in der jeder Mitarbeiter Störfaktoren ansprechen darf. Wenn an dieser Stelle nicht wirklich Feedback erwünscht ist, wird auch keine Feedbackkultur entstehen, und damit keine offene vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre. Mitarbeiter, aber auch Vorgesetzte bleiben mit ihren jeweiligen Problemsituationen alleine. Der eine, weil er keine Kritik zulässt, der andere, weil es aus ihm herausplatzt, und er zum Außenseiter wird.

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