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Laterale Führung: Führen ohne Machtbefugnis

Laterale Führung: Führen ohne Machtbefugnis

© fizkes – stock.adobe.com

Je netzwerkartiger die Arbeitsstrukturen und -beziehungen in den Unternehmen werden, umso häufiger müssen ihre MitarbeiterInnen Personen führen, deren Vorgesetzte sie nicht sind. Dieses sogenannte laterale Führen bereitet ihnen oft Schwierigkeiten.

Die Organisationsstrukturen der Unternehmen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Dasselbe gilt für die Art, wie sie ihre Leistungen erbringen. In den tayloristisch organisierten Betrieben der Vergangenheit standen die Bereiche weitgehend unverknüpft, gleich Säulen nebeneinander. Und jeder Bereich hat sein klar definiertes Aufgabenfeld. Ebenso war dies bezogen auf die MitarbeiterInnen. Auch von ihnen hatte jeder klar umrissene Aufgaben, die entweder in seiner Stellenbeschreibung definiert oder ihm von seiner oder seinem Vorgesetzten übertragen worden waren.

Anders ist dies heute zumindest in High-Performance-Organisationen. Sie sind weitgehend netzwerkartig strukturiert. Und die Bereichsgrenzen sowie Hierarchiestufen spielen in ihrer Alltagsarbeit eine immer geringere Rolle – unter anderem, weil die Leistungen zunehmend in bereichs- und oft sogar unternehmensübergreifenden Arbeitsteams erbracht werden.

Damit stößt auch das klassische Führen an seine Grenzen, das weitgehend auf der qua Position verliehenen disziplinarischen Macht und Weisungsbefugnis beruht. An Bedeutung gewinnt hingegen das sogenannte laterale Führen, das auf Vertrauen und Verständigung beruht und danach strebt, durch das Schaffen eines gemeinsamen Denkrahmens die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten soweit möglich tragfähig zu verbinden. Diese Art von Führung muss sich, da die disziplinarische Weisungsbefugnis als Machtquelle entfällt, auf andere Machtquellen stützen – zum Beispiel:

Merkmale von lateraler Führung

Dabei stellt der Begriff „Laterale Führung“, zumindest ausgehend vom klassischen Führungsverständnis, ein Oxymoron, also ein Widerspruch in sich selbst, dar. Denn ihm zufolge ist Führung untrennbar mit einer hierarchischen Weisungsbefugnis und Unterordnung verbunden. Trotzdem ist laterale Führung zunehmend eine typische Erfordernis der heutigen Organisationswelt, die durch bereichsübergreifende Kooperationen, Vernetzungen, flache Hierarchien sowie Team- und Projektarbeit gekennzeichnet ist.

Wichtig ist dabei festzuhalten: Lateral führen bedeutet mehr als koordinieren.

Denn während Koordination primär auf ein Aufeinander-abstimmen zum Beispiel von Interessen, Aufgaben oder Tätigkeiten abzielt, beinhaltet Führung auch ein Einwirken auf andere Personen oder Organisationen, damit sie in eine gewünschte Richtung handeln. Zentrales Ziel von lateraler Führung ist also nicht das Aushandeln oder Vereinbaren tragfähiger Kompromisse, sondern das Erreichen der eigenen oder übergeordneten Ziele (zum Beispiel des Unternehmens), wozu wiederum der Kompromiss ein Instrument sein kann.

Entsprechend schwierig ist laterale Führung in der Praxis, da die an diesem Prozess beteiligten Personen zum Beispiel aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktion und Position in der Organisation häufig divergierende Auffassungen und Interessen haben.

Anlässe für laterale Führung

Dessen ungeachtet gewinnt aufgrund der heutigen Organisation von Unternehmen das Thema laterale Führung an Bedeutung. Einige Beispiele, wann laterale Führung häufig gefragt ist, seien genannt.

Von hoher Bedeutung ist laterale Führung auch beim Treffen und Herbeiführen von Entscheidungen in Kollegialgremien (wie zum Beispiel Vorständen oder Präsidien) sowie in bereichs- und unternehmensübergreifenden Veränderungsprozessen (wie zum Beispiel Fusionen).

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Instrumente des lateralen Führens

Da beim Lateralen Führen das Erteilen von Anweisungen entfällt, bedarf es anderer, eher informeller Instrumente der Führung. Diese lassen sich vier Komplexen zuordnen.

1. Denkgebäude öffnen, um Verständigung herzustellen:

2. Kommunikation verbessern:

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3. Vertrauen erzeugen und erhalten:

4. Macht arrangieren

Oberstes Ziel: Zielerreichung

Die vier Steuerungsmechanismen „Kommunikation verbessern“, „Verständigung erreichen“, „Machtgefüge arrangieren“ und „Vertrauen aufbauen“ greifen ineinander und lassen sich im Unternehmens- und Führungsalltag schwer trennen. Sie laufen immer gleichzeitig und können sich gegenseitig stützen, behindern oder ersetzen.

Laterale Führung folgt besser einer Logik der Kontingenz statt Konsequenz.

Das heißt, laterale Führungskräfte halten sich für die Auffassungen und Interessen der Anderen offen. Laterale Führung lässt zudem in der Entscheidungsfindungsphase offen, welches Entscheiden und Handeln das richtige oder beste ist („Es könnte so gehen, aber auch anders – jedoch nicht beliebig!“). Denn wichtig ist es nicht, den (scheinbar) „besten“ Weg durchzusetzen, sondern das übergeordnete Ziel zu erreichen. Und hierfür gibt es zumeist mehrere Wege.

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