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Gründungsmentalität: Natalie Brüne im Experten-Interview

Gründungsmentalität: Natalie Brüne im Experten-Interview

Ist Deutschland gründungsfeindlich oder fehlt es uns einfach an den richtigen Gründungspersönlichkeiten? Natalie Brüne ist Startup Coach und Entrepreneurship-Expertin. Sie ist selbst Mehrfachgründerin und Doktorandin zum Thema Entrepreneurship Education für Kinder und Jugendliche.

Frau Brüne, gibt es diese musterhafte Gründerpersönlichkeit? Welche Soft-Skills bringt sie mit?

Natalie Brüne: Zunächst ist es mir wichtig zu sagen, dass aus jeder Person eine Gründerpersönlichkeit werden kann. Auch ich hätte mich noch vor zehn Jahren nicht als musterhafte Gründerin beschrieben. Mittlerweile habe ich eine große Entwicklung hinter mir, die jede und jeder andere auch erleben kann, sofern der Wille groß genug ist.

Natürlich sind nicht alle Gründerinnen und Gründer von der Persönlichkeit her gleich, doch zeigen die Forschungen und auch die Podcast-Interviews, die ich mit namhaften Unternehmerinnen und Unternehmern führe, dass es mit Blick auf bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten Überschneidungen gibt. Drei davon, gerade am Anfang wichtig, sind:

Außerdem ist es wichtig, stets offen zu sein für neue Ideen und Innovation. Eine gewisse Risikobereitschaft sollte ebenfalls nicht fehlen.

Worauf muss man als Startup Ihrer Meinung nach am meisten achtgeben?

Natalie Brüne: Aus meiner Sicht gibt es vor allem zwei zentrale Erfolgsfaktoren. Zum einen das persönliche Netzwerk. Gründer sollten darauf achtgeben, dass sie sich mit den richtigen Menschen vernetzen. Der Kontakt zu anderen Startups und Unternehmerinnen hält die eigene Motivation aufrecht und vereinfacht den Prozess. Ein Umfeld, bestehend aus Menschen, die ihre Erfahrungen oder Skills einbringen, beschleunigt das Unternehmenswachstum, da man beispielsweise aus ihren Fehlern lernen kann und die nicht auch machen muss. Gleichgesinnte und „Mentoren“ kann man auf Veranstaltungen, Events sowie auf Social Media finden.

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Mein persönlicher Tipp hierbei: Werde zum „Menschen Magneten“ mit besonderem Charakter, dem man gerne zuhört und den man gerne unterstützt. Meine eigene Persönlichkeitsentwicklung der letzten Jahre zeigt, dass es möglich ist, sich bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten anzutrainieren. Ich habe beispielsweise irgendwann angefangen, aus meiner Komfortzone rauszugehen und mich in Coachings weiter zu bilden. Das tue ich heute nach wie vor.

Der zweite wichtige Faktor ist das Thema Finanzen. Am Anfang ist es wichtig, eine Struktur zu etablieren und die Ausgaben im Blick zu haben. Viele Startups scheitern an den Steuervorauszahlungen im zweiten Jahr der Selbstständigkeit oder an Krisen, wie der aktuellen Corona Krise. Startups können sich ein finanzielles Polster aufbauen und mit sogenannten „barter agreements“ (Tauschverträgen mit Kooperationspartnern) arbeiten.

In Deutschland sucht man bis dato vergeblich nach einem Mark Zuckerberg oder Elon Musk – warum haben wir hierzulande keine vergleichbaren Visionäre?

Natalie Brüne: In vielen Fällen konzentrieren sich deutsche Gründerinnen und Gründer darauf, Lücken im Markt zu füllen beziehungsweise in einem vorhandenen Markt einen anderen USP unterzubringen. Dass neue Märkte mit außergewöhnlichen Produkten häufig in den USA geschaffen werden, liegt auch daran, dass die Gründermentalität in den USA eine ganz andere ist als in Deutschland.

Alle Gründerpersönlichkeiten mit mittlerweile großem Namen haben beispielsweise auf ihrem Weg hin und wieder ein Scheitern verzeichnen müssen. Dennoch haben sie immer weitergemacht. Die Deutschen sehen Scheitern – auch heute noch – nicht gerne. Das führt bei vielen zu Angst. Ängste halten Menschen davon ab, mit außergewöhnlichen Ideen an die Öffentlichkeit zu gehen. Das erlebe ich auch immer wieder bei meinen Coaching-Klienten.

Ein weiterer Grund liegt auf der Hand: Das deutsche Bildungssystem vermittelt kein Gründungswissen, und auch außerhalb der Schule bekommen die wenigsten Kinder unternehmerische Eigenschaften und selbstständiges Handeln mitgegeben. Es sind aber auch deutliche Fortschritte zu verzeichnen, und ich freue mich immer sehr, wenn ich auf die Startup-Szene gucke, die mittlerweile auch das „fail fast, fail forward“-Prinzip verinnerlicht hat. Ich arbeite zum Beispiel mit der Lean-Startup-Methode, bei der das Produkt schnell getestet wird, um so herauszufinden, ob es einen Markt dafür gibt und wie sich dieser verhält. Wenn die Gründerin oder der Gründer mit dem Produkt dann scheitert, ist es wichtig, dass sie daraus lernen und mit den Erkenntnissen weitermachen.

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