„Hurra, eine Reklamation!“, solltest du froh und dankbar rufen, wenn ein Kunde eine Beschwerde hat. Jede ausgedrückte Reklamation, egal ob mündlich oder schriftlich vorgetragen, ist ein Kundengeschenk.
Und ein kostbarer Lerngewinn: Eine Chance, Schwachstellen aufzudecken, Fehler abzustellen, Verbesserungsprozesse einzuleiten, Innovationen anzustoßen, einen zaudernden Kunden zurückzuholen, negative Mundpropaganda zu vermeiden und seinen guten Ruf zu retten. Vor allem aber: Eine Chance, Kundenverluste zu vermeiden.
Denn was einen Kunden ärgert, das stört womöglich viele andere auch.
Und so reagierst du im Gespräch mit einem Kunden:
- Reklamation? Ruhe bewahren
- Verständnis zeigen
- Bei der Reklamation gut hinhören
- Nicht persönlich nehmen
- Reklamation: Entschuldige dich!
- Wiederhole wichtige Punkte
- Mängel aufschreiben
- Bedanke dich!
- Schnell und effizient auf die Reklamation reagieren
- Während der Reklamation kulant sein
- Alles wieder OK?
- Reklamation in die Datenbank
- Der nächste Kauf
- Reklamation: Die schriftliche Antwort
- Analysen der Reklamation erstellen
- Aus Fehlern lernen
Reklamation? Ruhe bewahren
- Reklamierende Kunden sind oft aufgeregt und sehr empfindlich. Denn ihnen ist – rein subjektiv betrachtet – großes Unrecht widerfahren. Reagiere geduldig und höflich.
- Wer verärgert und wütend ist, braucht Zeit, um sich wieder zu fangen.
- Suche einen ruhigen Ort auf. Vermeide Zuschauer! Sprich langsam und mit tiefer, beruhigender Stimme. Gehen, sitzen, etwas zu essen und zu trinken beruhigt.
EXTRA: Kundenbeschwerden in Umsatz verwandeln: 10 Tipps
Verständnis zeigen
- Aus Sicht des Kunden ist (fast) jede Reklamation sachlich und emotional begründet. Er fühlt sich also im Recht. Sag (und meine = signalisiere): „Ich kann Ihre Verärgerung gut nachvollziehen. Sie haben alles vorbereitet und dann ist … passiert. Herr XY, sagen Sie mir doch bitte ganz offen, wie es genau dazu kam.“
- Um bedeutende Reklamationen und Kunden sollte sich der Chef persönlich kümmern. Das signalisiert: Wichtig!
Bei der Reklamation gut hinhören
- Wer reklamiert, muss Dampf ablassen. Lass den Kunden unbedingt ausreden und höre aktiv hin (kurze, zustimmende Worte und Gesten). Zeige Anteilnahme, drücke Mitgefühl aus – aber ohne jede Übertreibung.
- Nicht mitjammern, nicht widersprechen, nicht bagatellisieren, nicht anzweifeln. Gib auch keine oberlehrerhaften Ratschläge. Mach keine Gegenvorwürfe.
- Und suche nie die Schuld beim Kunden, sonst entsteht Überdruck: Er explodiert und du hast ihn wahrscheinlich für immer verloren.
Buchtipp zum Thema „Retourenmanagement“
Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
Erscheinungsdatum: 24. September 2018
Auflage: 1
Verlag: GABAL
Preis: 22,90 €
Nicht persönlich nehmen
- Die Wut des Kunden betrifft eigentlich die Sache, auch wenn er persönlich wird und in seiner Wortwahl daneben greift. Mit Wut im Bauch zwingt uns unser evolutionäres Programm, zu verletzten. Früher haben wir dazu die Keule ausgepackt, zivilisierte Kopfarbeiter des 21. Jahrhunderts tun dies mit Worten.
- Reagiere nicht beleidigt, überhöre persönliche Angriffe. Schiebe alles Emotionale unkommentiert beiseite, um dich auf den Kern der Sache konzentrieren zu können.
EXTRA: 3 Tipps zum richtigen Umgang mit Emotionen
Reklamation: Entschuldige dich!
- Unbedingt, in jedem Fall und ehrlich gemeint („Es tut mir leid, dass Sie durch uns solche Unannehmlichkeiten hatten.“). Gestehe Fehler ohne Rechtfertigung ein, zeige dich kritikfähig.
- Und bitte: Keine Schuldzuweisungen an Kollegen oder andere Abteilungen, keine Tricksereien, keine Lügen!
Wiederhole wichtige Punkte
- Wiederhole die wichtigsten Punkte in eigenen Worten: „Habe ich Sie so richtig verstanden, dass…“ Dabei kannst du bereits entgiften, das heißt, du wählst ein wenig sachlichere Worte. Dies beruhigt, neutralisiert und schafft Übereinstimmung.
- Ein positives Gesprächsklima ist der erste Schritt zu einer konstruktiven Lösung.
Mängel aufschreiben
- Insbesondere bei gravierenden Beschwerden: Notiere handschriftlich, was der Kunde bemängelt und erfrage gezielt die Fakten. Durch Mitschreiben wird die Situation sofort sachlicher und konkreter.
- Erfolgt die Beschwerde telefonisch, dann signalisiere, dass du mitschreibst. Du kannst nun bei der Erledigung auf diese Informationen zurückgreifen. Und: Der Kunde merkt, dass du ihn ernst und sein Anliegen wichtig nimmst.
Bedanke dich!
- Und zwar in jedem Fall, denn eine Reklamation ist ein Geschenk. Der Kunde gibt mit seiner Reklamation Hinweise auf Schwachstellen im Unternehmen und zeigt Verbesserungsmöglichkeiten auf.
- Außerdem signalisiert er, dass er an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert ist, sonst würde er sich nicht die Mühe machen, zu reklamieren.
Schnell und effizient auf die Reklamation reagieren
- Betrachte dich als Eigentümer der Reklamation, reagiere selbst. Schnelligkeit geht vor Ausführlichkeit. So kann man bereits beim Kunden per Handy erste Instruktionen an den Innendienst geben.
- Erarbeite die Lösung am Besten mit dem Kunden gemeinsam. Auf die einlenkende Frage: „Was haben Sie sich, Herr Kunde, denn vorgestellt?“ schrauben die meisten Beschwerdeführer ihre Maximalforderung sofort zurück. Macht man sich als Unternehmen verletzbar, setzt beim Kunden eine Art Beißhemmung ein.
- Schließlich: Vergewissere dich, dass der Kunde von deiner Reaktion angetan ist. („Sind Sie mit der Regulierung auch wirklich zufrieden? Was hätten wir noch besser machen können?“) Zeige dich großzügig, vor allem bei der Erledigung von Kleinigkeiten.
- Herrscht Unsicherheit, was der Kunde nun eigentlich will, dann frage: „Was können wir tun, um dies wieder gut zu machen?“
- Halte dein Versprechen in jedem Fall voll und ganz ein. Rückrufe, die du zusagst, müssen erfolgen. Lösungen, die du ankündigst, muss der Kunde auch vorfinden.
EXTRA: Bedürfnisorientiertes Verkaufen: Was will dein Kunde?
Während der Reklamation kulant sein
- Neben dem tatsächlichen Schaden hat der Kunde auch einen emotionalen Schaden erlitten. Er hat sich aufgeregt, war enttäuscht oder verärgert. Somit sind Stresshormone durch seinen Körper gerauscht und die haben ja in der Tat einen Schaden verursacht. Auch dies muss behoben werden. Das nennen wir Kulanz, und die tut ganz besonders gut.
- Überrasche den Kunden also mit einer Kleinigkeit „on top“, mit der er gar nicht gerechnet hat. Betrachte dies als Investition in die Treue des Kunden bzw. als Beraterhonorar, denn Reklamationen sind externe Qualitätskontrolle.
- Kleinkariertheit und Knauserigkeit sind daher völlig fehl am Platz. Definiere die wenigen Fälle, in denen du eine Forderung zurückweisen musstest.
Alles wieder OK?
- Vergewissere dich, dass der Kunde mit deiner Reklamationsbearbeitung zufrieden gestellt wurde und dass alles nach Plan gelaufen ist.
- Signalisiere, dass du ihn als Kunden behalten willst („Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie auch beim nächsten Mal wieder bei uns kaufen.“).
Reklamation in die Datenbank
- Nimm jede Reklamation in die Kundenhistorie auf, sodass für alle Mitarbeiter auf den ersten Blick erkennbar ist, wer sich bereits wie oft und warum beschwert hat.
- Insbesondere der zuständige Verkäufer bzw. Betreuer muss über den Vorgang Bescheid wissen, damit er sich beim nächsten Kontakt kein blaues Auge holt.
- Reklamierende Kunden sind sensibilisiert. Behandle sie daher in Zukunft mit besonderer Sorgfalt. Informiere den Kunden über Verbesserungen und Neuerungen, deren Ideengeber er war. Bedanke dich mit einer Aufmerksamkeit.
Der nächste Kauf
- Biete dem Kunden baldmöglichst etwas zum Kauf an. Wie im wahren Leben reagieren wir nach einer angenommenen Entschuldigung meist wohlwollend und großherzig.
- Und schließlich: Vergewissere dich im Rahmen einer Nachfass-Aktion, dass der Beschwerdeführer tatsächlich dein Kunde geblieben ist.
Reklamation: Die schriftliche Antwort
- Verfasse bei schriftlichen Beschwerden eine schnelle, individualisierte und sensibel auf das Problem eingehende Antwort – mit plausiblen Erklärungen.
- Textbausteine werden von aufgeklärten Kunden schon längst erkannt und als entwürdigend erlebt. Lass jemanden aus dem Top-Management den Brief mitunterschreiben. Das schmeichelt.
- Versende, wenn nötig, einen Zwischenbescheid. Denn: Schriftliche Reklamationen sind besonders gefährlich. Der Kunde denkt meist sofort über einen Wechsel nach.
EXTRA: Wie du durch Coupons Kunden gewinnst und bindest
Analysen der Reklamation erstellen
- Analysiere systematisch die eingehenden Beschwerden auf Verbesserungspotenzial. Implementiere eine zentrale Datenbank mit allen aufgetretenen Problemen sowie den gefundenen Lösungen.
- Erstelle Statistiken mit den häufigsten Beschwerdegründen sowie periodische Vergleiche. Ermittle Kennzahlen, auch auf der Basis verschiedener Kundentypen. Bereite Reklamationsberichte grafisch auf und gib diese an das Top-Management weiter.
Aus Fehlern lernen
- Erarbeite mit den betroffenen Mitarbeitern gemeinsam konkrete Handlungsempfehlungen und sichere deren Umsetzung.
- Nutze das erworbene Wissen zur Prävention, so dass mögliche zukünftige Beschwerden bereits vorweggenommen werden können.
- Sorge für breite Akzeptanz. Definiere in Abstimmung mit den entsprechenden Abteilungen Vorgaben und Jahresziele. Knüpfe gegebenenfalls daran sinnvolle Prämien.
- Ein effizientes EDV-gestütztes Beschwerdemanagement mit Informationen, die von allen Abteilungen im Unternehmen sinnvoll genutzt werden, gilt als eine der wirkungsvollsten Stellschrauben zur Steigerung der Kundentreue und zum Vorbeugen von Kundenschwund. Leider ist der Umgang mit Beschwerden auch heute noch in vielen Unternehmen eine große Baustelle. So wird etwa vielfach der Vertrieb nicht automatisch informiert, wenn eine Reklamation eingeht. Oder Kunden mit einem eskalierten Beschwerdestatus werden munter weiter mit Mailings beschickt.
- Umso positiver fallen all diejenigen auf, die in Hinblick auf eine professionelle Reklamationsbearbeitung wahre Meister sind.