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Wechselbereitschaft bedroht Stabilität

Wechselbereitschaft: Eine Person hält eine Lupe über eine Figur im Anzug.

Wechselbereitschaft bedroht Stabilität - Foto: © Jürgen Fälchle - stock.adobe.com

Vieles hat sich in den vergangenen drei Jahren tiefgreifend verändert. Im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel deutet sich nun eine Zeitbombe an: die Wechselbereitschaft nimmt rapide zu. Stabile Arbeitsfähigkeit in wichtigen Funktionen ist in Frage gestellt. Über die besonderen Herausforderungen mit den Generationen Y und Z (heute ca. 20-40 Jährige) wurde schon vorher gesprochen.

Eine Studie des Trendence HR-Monitor November 2023 zeigt die Wechselbereitschaft auf überraschend hohem Niveau. An zweiter Stelle mit 25% wird Mitarbeiterbindung als die zweitgrößte Herausforderung in 2024 angesehen – der Zusammenhang ist evident. Was jeder spürt: die Bindung nimmt als Phänomen unserer Zeit immer mehr ab. Das Eigeninteresse rückt angesichts unsicherer Zukunftsperspektiven in den Fokus.

Besonders bedrohlich ist das für die Qualifikationen, die schon jetzt besondere Aufmerksamkeit verdienen: IT-Spezialisten für Digitalisierung und KI-Anwendungen. Besonders für mittelständische Unternehmen ist das eine Herausforderung. Was tun?

Was begründet Wechselbereitschaft?

Ein besseres Entgelt wird natürlich als erstes genannt. Oft versteckt sich dahinter aber ein Anteil „Schmerzensgeld“ für mangelnde Führungsqualität und schlechtes Unternehmensklima. Ab einer bestimmten Gehaltssumme kommt es nicht mehr auf 1000€ mehr im Monat an. Wenn Führung und Zusammenarbeit, Klima und Zukunftsaussichten woanders mehrversprechend sind, reichen 1000€ Schmerzensgeld nicht.

Wenn aber schlechte Stimmung im Team und schlechte Mitarbeiterführung mit einer kritischen Lage des Unternehmens zusammenkommen, wird es eng. Ein Grund, über das grüne Gras anderswo nachzudenken. Die Besten werden woanders mit Handkuss genommen. Das ist die Chance für KMU, die MitarbeiterInnen eher das Gefühl von „Heimat“ geben als Konzerne.

Was können Unternehmen tun?

Party, Incentives, Erfolgsboni? – die klassischen Rezepte von HR-Arbeit werden nicht reichen. „Man heuert bei einem Unternehmen an – verlassen tut man seinen Chef.“ Auch wenn es nicht ganz so einfach ist, lenkt diese Management-Weisheit den Blick in die richtige Richtung: Es geht um Qualitäten zwischenmenschlicher Verbindung wie Authentizität, offene Kommunikation, Sinn (Mission/Vision) und Team (Verbindlichkeit, Verlässlichkeit, Unterstützung) und ein Gefühl von Familie, Zugehörigkeit, Heimat. Die jüngeren Generationen (Y, Z) legen darauf viel mehr Wert. Besonders diese bringen am ehesten mit, was für die kommenden IT-Herausforderungen gebraucht wird: „eingefleischte“ digitale Kompetenzen.

Führungsqualität

Bevormundende Führungsstile (diktatorisch, patriarchalisch) sind schon aus dem Rennen. Aber auch ein bloß ergebnisorientierter, nüchterner „managerial“ Stil erreicht die beschriebenen Werte auch nicht.

Jenseits davon liegen persönlich interessiertere Führungsqualitäten wie der

Jan Carlsson (Ex-SAS-Chef) hatte das exemplarisch vorgeführt: SAS war wiederholt zur besten Fluglinie der Welt gekürt worden: alles Service – auch intern: Nicht Sie sind der Boss, MitarbeiterInnen sind Ihr interner Kunde. Sie liefern, was er/sie objektiv und subjektiv braucht. Das zusammen mit einer Vision fürs Unternehmen kann begeistern, und die Wechselfrage stellt sich im besten Fall gar nicht.

Natürlich darf sich die passende Art von Umgang auch im ganzen System des Unternehmens wiederfinden. Operativ ist die hierarchische Pyramide auf den Kopf zu stellen: Verantwortung an die Operative übertragen, Effiziente Meetings usw. Keine Bange: Disziplinarisch ändert sich nichts. Das wird aber seltener benötigt, weil alle wirklichen Spaß an dieser Art von Erfolg haben.

Aber es muss ganz oben beginnen, sonst wird es eine Form von New Work, wo junge Führungskräfte sich unten beweisen dürfen, in kritischen Fragen aber alleingelassen werden – das habe ich selbst erlebt und bin (auch als externer Trainer) gegangen.

Ressourcendenken oder Mitarbeiter entwickeln

In jedem Fall wird ein Führungsmodell wie Situativ Führen als Grundhaltung hilfreich sein. Warum das oft nicht angewandt wird? Weil es zwar vermittelbar, aber nicht antrainierbar ist. Führungskräfte, die maximal im managerial Level komfortabel sind, kriegen die coachenden Führungsstile nicht hin: „supportive“ ist nicht so ihr Ding, wie fachliche und methodische Optimierung.

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