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Ultima ratio in der Krise: Kündigungen aussprechen oder Aufhebungsverträge abschließen?

Mit Kurzarbeit versuchen zurzeit viele Unternehmen, die wirtschaftliche Flaute zu überbrücken. Bleiben aber in den kommenden Monaten ihre Auftragsbücher leer, müssen wohl oder übel auch diese Firmen ihre Personalkosten senken.

Eine Alternative zum Kündigen ist dann oft das Abschließen von Aufhebungsverträgen – gerade für mittelständische Betriebe, die den Personalabbau möglichst reibungslos gestalten möchten.

Aufgrund der Wirtschaftskrise sind zurzeit die Auftragsbücher vieler Unternehmen relativ dünn. Deshalb können sie ihre Mitarbeiter nicht mehr auslasten und vielfach nur noch mit Mühe bezahlen.

Also führten zahlreiche Betriebe in den zurückliegenden Monaten Kurzarbeit ein. Einerseits, um mit staatlicher Hilfe ihre Lohnkosten zu senken. Andererseits, um nicht Mitarbeiter entlassen zu müssen, die sie eventuell bald wieder brauchen.

Wirtschaftskrise: Das Prinzip Hoffnung

Denn noch regiert in den meisten Betrieben die Hoffnung: In zwei, drei Monaten sind unsere Auftragsbücher wieder voll. Sollte diese Hoffnung sich aber nicht erfüllen, werden auch sie Mitarbeiter entlassen müssen. Um ihre Zahlungsfähigkeit zu gewährleisten und um zugleich die Strukturen ihrer Organisation den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.

Betriebsbedingte Kündigungen aussprechen – diesen Schritt scheuen gerade viele Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen sehr. Denn für die meisten Klein- und Mittelbetriebe gilt: Zwischen den Unternehmensführern und den Mitarbeitern bestehen oft enge persönliche Bande, die zuweilen über Jahrzehnte gewachsen sind.

Außerdem sinkt, wenn ein Unternehmen einen Personalabbau verkündet, automatisch die Arbeitsmotivation der Mitarbeiter. Damit geht eine geringere Produktivität einher – und diesen Verlust an Produktivität können sich Klein- und Mittelbetriebe meist über einen längeren Zeitraum nicht leisten.

Deshalb denken gerade deren Inhaber und Geschäftsführer, wenn ein Personalabbau unumgänglich ist, meist intensiv darüber nach: Was könnte eine Alternative zum Aussprechen betriebsbedingter Kündigungen sein? Und nach längerem Überlegen gelangen sie vielfach zum Schluss: Es wäre sinnvoller, den überzähligen Mitarbeitern das Abschließen eines Aufhebungsvertrages, also eine einvernehmliche Trennung anzubieten – garniert mit dem Angebot: „Wenn Sie das Unternehmen freiwillig verlassen, erhalten Sie eine Abfindung und …“.

Kündigungen auszusprechen birgt Risiken

Dass gerade mittelständige Betriebe, die aufgrund ihrer Größe zu einer Sozialauswahl verpflichtet sind, bei einem Personalabbau gerne auf Aufhebungsverträge setzen, hat auch folgenden Grund: Mit den Instrumenten Frühpensionierung, Altersteilzeit und Nichtverlängern befristeter Verträge allein können sie meist die Personalkosten nicht wie gewünscht senken. Also müssen sie Mitarbeiter entlassen.

Mit jeder Kündigung geht aber das Risiko einher, dass der Arbeitnehmer hiergegen klagt. Die Dauer von Arbeitsgerichtsprozessen ist jedoch meist unkalkulierbar und ihr Ausgang ungewiss. Außerdem kehrt, solange die Prozesse andauern, meist keine Ruhe im Betrieb ein.

Ein weiterer Nachteil von betriebsbedingten Kündigungen, gerade bei Betrieben, die zur Sozialauswahl verpflichtet sind, ist: Das Unternehmen muss, wenn es mehrere Mitarbeiter mit vergleichbarer Qualifikation beschäftigt, zunächst denen kündigen, für die der Arbeitsplatzverlust die am wenigsten gravierenden Konsequenzen hat. Zum Beispiel, weil sie noch recht jung sind und keine Familie haben. Das Unternehmen kann also nicht frei entscheiden, wen es (nicht) entlässt.

Kündigungen: Sozialauswahl und Kündigungsfrist „umschiffen“

Die Folge: Mit den Kündigungen ist die Gefahr verbunden, dass das Unternehmen gerade die Mitarbeiter verliert, die zum Beispiel

Hingegen bleibt eine Reihe von Mitarbeitern an Bord, von denen die Geschäftsführung, wenn sie sich frei entscheiden könnte, sagen würde: Auf diese Mitarbeiter könnten wir am ehesten verzichten.

All diese Probleme können Unternehmen umschiffen, wenn es ihnen gelingt, mit ausreichend vielen Mitarbeitern Aufhebungsverträge abzuschließen. Denn ein freiwilliges Ausscheiden können Arbeitgeber jedem Mitarbeiter offerieren – unabhängig von dessen formaler Qualifikation und Familienstand.

Und bei Aufhebungsverträgen müssen auch nicht die gesetzlichen Kündigungsfristen beachtet werden – selbst wenn diese zum Beispiel aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit sechs Monate und mehr betragen.

In einem Aufhebungsvertrag sollten folgende Punkte geregelt sein:

Kündigungen: Hilfe und Beratung für die Ausscheidenden

Vor dem Formulieren des Aufhebungsvertrags sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zudem darüber verständigen: Was steht im Arbeitszeugnis? Des Weiteren darüber: Welche Unterstützung bietet der bisherige Arbeitgeber bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz – zum Beispiel in Form einer Out- beziehungsweise Newplacementberatung.

Das Einschalten von Karriere- sowie Newplacementberatern ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen sollen, sich schon lange nicht mehr beworben haben. Dann sind die betreffenden Mitarbeiter oft unsicher, wo und wie sollte ich mich bewerben, um möglichst schnell eine neue Stelle zu finden.

Entsprechend zögerlich sind sie mit der Annahme eines Aufhebungsvertrags. Außerdem signalisiert das Management auf diesem Weg: Wir tragen Sorge für unsere Mitarbeiter – selbst wenn wir uns von ihnen trennen müssen. Das erhält die Leistungsbereitschaft der verbleibenden Belegschaft.

Erwägt ein Unternehmen, Personal mittels Aufhebungsverträgen abzubauen, sollte es zunächst sein Vorhaben mit einem Arbeitsrechtler besprechen. Gibt dieser „grünes Licht“, kann das geplante Vorgehen konkretisiert werden. Anschließend gilt es, dieses mit dem Betriebsrat abzustimmen – sofern ein solcher existiert. Danach können die Mitarbeiter informiert werden.

Kündigungen: „Sprinter-Prämie“ kann die Trennung beschleunigen

Häufig lehnen die Mitarbeiter, denen ein freiwilliges Ausscheiden offeriert wird, das Abschließen eines Aufhebungsvertrags zunächst ab. Zum einen, weil sie ihre mittel- und langfristigen (Verbleib-)Chancen im Unternehmen überschätzen. Zum anderen, weil sie sich hilflos fragen: Was wird dann aus mir? In dieser Situation helfen oft Out- beziehungsweise Newplacementberater weiter, die zum Beispiel in Einzelgesprächen mit den betreffenden Mitarbeitern herausarbeiten,

Ein weiteres Instrument, um die Entscheidung zu beschleunigen, kann eine „Sprinter-Prämie“ sein. Das heißt: Wer sich rasch entscheidet, erhält eine höhere Abfindung.

Generell sind Unternehmen, die Personal abbauen, an einer schnellen Trennung von den überzähligen Mitarbeitern interessiert. Denn ein langer Trennungsprozess verhindert das, was sich die Betriebe zu diesem Zeitpunkt am sehnlichsten wünschen: Neu durchstarten mit einer an die veränderten Rahmenbedingungen angepassten Mannschaft.

(Bild: © hati – Fotolia.de)

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