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„Scheitere schnell, früh und kostengünstig!“ – Interview zum Innovationsmanagement

Andreas Fehr

Andreas Fehr, Mitgründer des Workshopkonzepts NOVIGO

Planspiele haben den Nachteil, dass lediglich aus vorgegebenen Möglichkeiten ausgewählt werden kann. „Das geht flexibler“, dachte sich Andreas Fehr und entwickelte mit drei Mitstreitern NOVIGO – ein Workshopkonzept, wie sie es sich selber wünschen würden! Im Interview mit unternehmer.de verrät er nicht nur, wie der Workshop funktioniert, sondern auch, wie das Innovationsmanagement der Zukunft aussehen kann.

Was ist Design Thinking?

unternehmer.de: Hi Andreas, ihr habt ein Workshop-Konzept entwickelt, das Prinzipien des „Design Thinking“ mit Elementen des klassischen Innovationsmanagements kombiniert. Zunächst einmal: Was ist überhaupt „Design Thinking“?

Andreas Fehr: Es ist ein Konzept zur kreativen Problemlösung, das von David Kelley (Gründer der Design- und Innovationsagentur IDEO), dem Informatiker Terry Winograd und Larry Leifer von der Stanford University entwickelt wurde. Der Grundgedanke des Design Thinking ist der, dass insbesondere interdisziplinäre Teams echte, herausragende Innovationen erschaffen können. Denn durch möglichst unterschiedliche Erfahrungen, Meinungen sowie Perspektiven und einem iterativen Designprozess entstehen bessere Lösungen. Design Thinking strebt nach einem Wechselspiel von Beobachten, Interpretieren, Aufstellen von Hypothesen sowie Ausprobieren und dem daraus resultierenden Annähern und Erreichen einer Lösung. Dieser Prozess beinhaltet auch ein schnelles, frühes Scheitern – sozusagen ein Mantra „scheitere schnell, früh und kostengünstig“.

unternehmer.de: Hat denn das klassische Innovationsmanagement ausgedient?

Andreas Fehr: Nein, auf keinen Fall! Es geht viel mehr darum Raum und Möglichkeiten für disruptive, den Markt verändernde Innovationen zu schaffen. Hier stößt das klassische Innovationsmanagement an seine Grenzen, denn es ist zu starr und auf das Bewahren bestehender Strukturen ausgerichtet. Die Zukunft hat bereits begonnen und es gilt agiler in den Prozessen zu werden. Blickt man auf die Start-Up Szene nach Amerika, erkennt man eine hohe Risikobereitschaft (auch in Sachen Finanzierung), wandlungsfähige Unternehmen und eine starke Intrapreneurship-Kultur, die viel besser die Bedürfnisse von den beteiligten Akteuren widerspiegelt als in der „old economy“. Sie machen gerade den etwas schwerfälligen, global aufgestellten Konzernen das Leben schwer und sind ernstzunehmende Konkurrenten geworden, da sie mit einer viel höheren Geschwindigkeit auf Veränderungen reagieren. Des Weiteren hat der technologische Fortschritt und die Globalisierung dem Konsument wesentlich mehr Macht verliehen und eine fast unendliche Auswahlmöglichkeit geschaffen. Mit dieser Entwicklung geht auch eine verstärkte Bedürfnis- und Erlebnisorientierung einher. Auch gewinnt das Thema Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung. Das zwingt Unternehmen zu mehr Transparenz, Kundenorientierung und Veränderungsbereitschaft.

Neue Impulse im Innovationsmanagement!

Das Workshopkonzept setzt auf einen Networking- und Eventcharakter

unternehmer.de: Wie sieht für dich das Innovationsmanagement der Zukunft aus?

Andreas Fehr: Um zukunftsfähig zu sein, muss im gesamten Unternehmen ein Kulturwandel einsetzen. Denn nur wenn sich die Mitarbeiter einbezogen fühlen und auch unternehmerisch denken, sind sie bereit Veränderungen mitzugehen. Somit wird sich Innovationsmanagement zu einem geführten Co-Creation Prozess verändern, der sowohl klassische Management Methoden wie den „Stage-Gate-Prozess“, als auch neue Ansätze wie „Lean Running“ und eben auch „Design Thinking“ beinhaltet.

unternehmer.de: Erklär‘ uns doch bitte kurz die Idee hinter eurem Workshop!

Andreas Fehr: Wir sind ein interdisziplinäres Team aus zwei Innovationsmanagern und zwei Design Thinking Trainern. Zusammengefunden haben wir über eine Veranstaltungsreihe, die ich in Nürnberg organisiere. In unserem eigenen Alltag merkten wir, dass die meisten Unternehmen die kontinuierliche Weiterentwicklung von bestehenden Produkten noch ganz gut hinbekommen, sich jedoch mit der Identifizierung von marktverändernden Trends und der erfolgreichen Umsetzung von neuen Produkten und Dienstleistungen sehr schwer tun. Daher haben wir ein Workshop-Format entwickelt, so wie wir es selbst gern gehabt hätten. Mit den wesentlichen Methoden, erlebbar, kompakt und effektiv.

unternehmer.de: Und wie funktioniert das genau?

Andreas Fehr: Unser Workshop lässt Innovation in Teamarbeit erlebbar werden und kombiniert dabei bewährte aber auch neueste Methoden und Techniken. Durch das gemeinsame Erlebnis entsteht ein Verständnis für den Umgang mit Veränderung. Die Vorteile der Simulation für Unternehmen sind vielseitig. Sie bietet Zeit- und Kostenersparnis durch kompaktes und intensives Training, sowie eine gesteuerte Lernumgebung die das Umdenken fördert. Das Workshop-Konzept ist dabei für einzelne Mitarbeiter aber auch größere Gruppen geeignet und bietet einen einzigartigen Networking- bzw. Eventcharakter. Damit Neues gelingt, müssen alle an einem Strang ziehen. Mitarbeiter müssen nicht nur verstehen, sondern vor allem fühlen warum es sich lohnt Zeit und Energie in neue Produkte und Dienstleistungen zu stecken. An diesem Punkt setzt das neuartige Workshop-Konzept an.

unternehmer.de: Inwieweit lassen sich Erfahrungen, die man in einer Simulation sammelt, aber auf den realen Unternehmensalltag übertragen?

Andreas Fehr: Im Rahmen eines ein- bis zweitägigen Workshops führen die Teilnehmer im Team ein Unternehmen über einen fingierten Zeitraum von fünf Jahren. Wir simulieren dabei einen sich verändernden Markt mit neuen Technologien, Anbietern und Lösungen bei gleichzeitig steigendem Margendruck der bestehenden Produkte. Ziel ist es, Marktveränderungen zu erkennen, richtig einzuschätzen und das Ergebnis des Unternehmens durch Innovationen dauerhaft zu steigern. Unter Verwendung der vermittelten Methoden gilt es, bestehende Produkte strategisch weiterzuentwickeln oder gänzlich neue Lösungen erfolgreich am Markt zu platzieren. Im Hintergrund simuliert ein mathematisches Modell die resultierenden Reaktionen des Marktes. Im Gegensatz zu klassischen Planspielen können die Teilnehmer jedoch nicht nur unter vorgegebenen Optionen wählen, sondern sind vollkommen frei in Ihren Entscheidungen. Kurz zusammengefasst: die Teilnehmer wenden neue Methoden direkt in der Simulation an, erleben die Wirkung dieser in einem geschützten Raum und können sie so im Unternehmensalltag sofort einsetzen. Das praxisorientierte Lernen geht weit über die Simulation hinaus.

unternehmer.de: Warum sind Innovationen überhaupt so wichtig für ein Unternehmen?

Andreas Fehr: Wir leben und bewegen uns in einer sich immer schneller verändernden Welt. Die Rahmenbedingungen sind ebenso im Wandel wie die Erwartungen der Mitarbeiter und Bedürfnisse des Konsumenten. Wenn Unternehmen sich dieser Tatsache verschließen, sind sie bald nicht mehr existent. Beispiele sind Kodak oder Quelle.

Es fehlt eine „Kultur des Scheiterns“!

unternehmer.de: Aber warum tun sich Unternehmen mit Innovationen so schwer?

Andreas Fehr: Dies zu erörtern bedarf es eines eigenen Buches, dass zum Glück schon von dem großen Vordenker und Philosophen Gunter Dueck geschrieben wurde. Es trägt den Titel „Das Neue und seine Feinde“ und ist für uns so eine Art Bibel. Auf den Punkt gebracht sind die größten Hürden wir selbst. Unser Streben nach Sicherheit, Gewohnheit, Verlässlichkeit und Berechenbarkeit stehen Neuerungen immer im Weg! Des Weiteren gibt es bei uns in Deutschland keine „Kultur des Scheiterns“, wir werden dazu erzogen ja keine Fehler zu begehen! Daher bedarf es neben einer Veränderung in der Führungskultur, auch eine neue Form der Zusammenarbeit. Ein Weg dies zu etablieren ist Design Thinking, mit seinem interdisziplinären Ansatz, der Bedürfnisorientierung, Raum für Kreativität und Querdenker!

Empathie ist der Schlüssel zur erfolgreichen Veränderung!

Im Workshop ist vor allem Teamarbeit der Schlüssel zum Erfolg

unternehmer.de: Wie reagieren deiner Erfahrung nach Mitarbeiter auf Veränderungen?

Andreas Fehr: Veränderungen bedeuten immer Abschied nehmen von Gewohnheiten und das fällt den meisten Menschen schwer. Es werden auch automatisch Ängste freigesetzt. Ist mein Job noch sicher? Wie sieht es unter den neuen Rahmenbedingungen mit meiner Karriere aus? Und so weiter… Daher ist es kaum verwunderlich, dass die meisten Mitarbeiter ablehnend reagieren.

unternehmer.de:  Und welche Rahmenbedingungen müssen Unternehmen dann schaffen, um Innovationen in ihrem Unternehmen zu fördern?

Andreas Fehr: Natürlich gibt es immer gewisse Zweifel. Gerade wenn eine Veränderung nicht in Zeiten absoluter Notwendigkeit wie einer wirtschaftlichen Schieflage des Unternehmens vorgenommen wird. Viele Mitarbeiter fragen sich „Was soll das bringen? So wie es bisher war lief es doch gut!“Unternehmen und ihre Mitarbeiter funktionieren wie ein Organismus, das Fremde wird erst einmal abgewehrt. Das Zauberwort für einen Veränderungsprozess lautet: Empathie! Das Management muss sich in die Mitarbeiter, ihre Lebensumstände, Ängste und Pläne hineinversetzen, sie verstehen. Dann finden sie auch die richtigen Argumente, Ansätze und Führungsstrategien für den Veränderungsprozess. Transparenz und Vertrauen sind die Schlüssel um im besten Fall Begeisterung für eine Innovation zu entfachen. Beziehen Sie ihre Mitarbeiter ein, nehmen Sie ihnen ihre Ängste und geben Sie ihnen das Gefühl wertvoll zu sein, dann gelingt Veränderung!

unternehmer.de: Wir bedanken uns für das informative Interview und wünschen euch viel Erfolg mit eurem Konzept!

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