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Trouble Management: So führen Sie als Manager am besten unerfreuliche Gespräche!

Aggressives Verhalten: So führt man unerfreuliche GesprächeWährend meiner fünfzehnjährigen Zeit bei der Polizei bin ich immer wieder mit den verschiedensten Formen von Gewalt konfrontiert worden. Nicht minder oft habe ich unpopuläre Entscheidungen vermitteln müssen. Bevor ich zur Kriminalpolizei kam, war ich unter anderem auch zwei Jahre bei der Schutzpolizei tätig.

Die Entscheidung das aggressive Gegenüber aus dessen eigener Wohnung zu werfen, weil er seine Frau geschlagen hatte, jemanden die Festnahme zu erklären oder auch den für viele Menschen lebenswichtigen Führerschein einzuziehen, sind nur einige wenige Beispiele von unpopulären Entscheidungen, die Sie als Polizist tagtäglich treffen und dem Betroffenen vermitteln müssen. Obwohl diese Entscheidungen ein hohes Maß an Brisanz bergen, müssen Sie als Polizeibeamter dafür sorgen, dass Sie dem von Ihren Maßnahmen Betroffenen die Aggression nehmen und Eskalationen erst gar nicht entstehen lassen.

Aggressives Verhalten im Berufsleben nimmt zu

Gerade in der heutigen Zeit nehmen aggressive Verhaltensweisen im Berufs- und Privatleben immer mehr zu. Die Auslöser sind durchaus vielfältig. In vielen Fällen sind aber Unzufriedenheit im Beruf, Über- oder Unterforderung oder Hilflosigkeit im Umgang mit schwierigen Situationen ursächlich. Konfliktlösungskompetenz heißt daher heutzutage das Zauberwort. Welche Konfliktlösungskompetenz der einzelne Mensch hat, hängt insbesondere von Erziehung, Lebenserfahrung, Charakter und ethnischer Herkunft ab. Gerade auch letzter Punkt darf nicht übersehen werden, weil Konfliktlösung nicht in allen Ländern der Welt gleichermaßen funktioniert. Unterschiedliche Wertvorstellungen von Gesellschaften in Fragen des sozialen Zusammenlebens führen zwangsläufig zu unterschiedlichen Vorgehensweisen.

Als Führungspersönlichkeit kommen Sie immer wieder in die Situation, unpopuläre Entscheidungen vermitteln zu müssen. Für derlei Gespräche ist eine besondere Form und Taktik der Kommunikation essentiell, wenn das Gespräch erfolgreich verlaufen soll.

Schritt 1: Analyse der Gesprächspartnertypen auf charakterliche Merkmale

Zunächst einmal wichtig ist die richtige Vorbereitung. Hierfür sollten Sie sich genügend Zeit nehmen und im Zweifelsfall das Gespräch lieber vertagen. Sie sollten analysieren, welche Charaktereigenschaften die betroffenen Mitarbeiter haben.  Beispielsweise müssen Sie mit einem extrovertierten, einem introvertierten, einem dominanten oder cholerischen Gesprächspartner jeweils völlig unterschiedlich argumentieren und gesprächstaktisch vorgehen.

Schritt 2: Analyse der möglichen Verhaltensweisen und Gegenargumente Ihrer Gesprächspartner

Nachdem Sie sich nun damit befasst haben, mit welchen Arten von Gesprächspartner Sie voraussichtlich konfrontiert sein werden, ist es jetzt an der Zeit, sich in die Lage und Rolle der jeweiligen Gesprächspartner hineinzuversetzen. Stellen Sie sich die Frage, wie Sie an deren Stelle jeweils reagieren und argumentieren würden. Fertigen Sie sich zu jedem Gesprächspartner eine kleine Übersicht an und notieren Sie, wie Sie bei bestimmten Argumenten reagieren und gegenargumentieren würden.

Schritt 3: Ausarbeiten von Argumenten und Gegenargumenten im Kontext zu Ihrer Gesprächspartneranalyse

Nun überlegen Sie sich bitte im Voraus die bestmöglichen Argumente für Ihre Position. Dabei berücksichtigen Sie bitte den Kontext zwischen Charakter und Argumentationstaktik Ihres Gegenübers. Ein nüchterner Statistiker wird anders argumentieren als ein emotionaler Gerechtigkeitsfanatiker.

Daher müssen Ihre Argumente auch entsprechend für die jeweiligen Gesprächspartner passen. Es ist wie beim Radiohören: Empfänger und Sender müssen kompatibel sein. Vergessen Sie bitte auch nicht den sozialen Status oder Standesdünkel seitens Ihrer Gesprächspartner.

Wie wichtig ist es bei Ihrem Gesprächspartner, dass er sein Gesicht als Vorgesetzter oder als Fachmann wahren kann? Wenn Sie Ihrem Gesprächspartner keine goldene Brücke bauen, dann ist Aggression und Revierverhalten vorprogrammiert. Ein Entscheidungsträger etwa wird im Regelfall nicht kampflos nachgeben, wenn Sie ihm nicht eine attraktive Variante zur Gesichtswahrung anbieten können.

(Bild: © Dejan Jovanovic – Fotolia.de)

Schritt 4: Taktische Wahl von Zeit und Ort

Nun wählen Sie einen sinnvollen Zeitpunkt und eine passende Örtlichkeit für das Gespräch. Hierbei sollten Sie auch wieder nach taktischen Gesichtspunkten vorgehen. Handelt es sich bei Ihrem Gesprächspartner um eine Führungskraft, der sein Gesicht verlieren oder als Verlierer dastehen könnte? Dann führen Sie dieses Gespräch nicht vor den Augen seiner Mitarbeiter.

Könnte das Gespräch für Sie persönlich problematisch werden? Dann vermeiden Sie unnötige Zuhörer. Ist das Gespräch voraussichtlich sehr anspruchsvoll? Dann können Sie weder Zeitdruck noch Störungen gebrauchen, hier wäre ein günstiger Termin außerhalb Ihres Unternehmens, beispielsweise in einem angemieteten Tagungsraum, sicher eine wesentlich bessere Alternative zu Ihrem Büro.

Angst ist ebenfalls ein häufiger Stressauslöser, der zu Aggressionen führt. Soll Ihr Gesprächspartner sich beim Gespräch möglichst selbstsicher und wohl fühlen? Dann wählen Sie sein Büro für die Unterredung. Ist es hingegen wichtig, dass Sie aus einer möglichst selbstsicheren Position heraus auftreten, beispielsweise bei einem dominanten oder zur Aggression neigenden Gesprächspartner, dann nutzen Sie den Heimvorteil Ihres Büros.

Schritt 5: Gehen Sie taktisch psychologisch vor!

Sie haben sich nun also gut vorbereitet und gehen jetzt bestens gerüstet in ein problematisches Gespräch. Nun kommt es darauf an, nicht nur taktisch sondern auch psychologisch gut zu argumentieren.

Von Lao Tse stammt das berühmte Zitat:

„Das noch nicht Wogende ist leicht beruhigt, das noch Winzige ist leicht zerstreut. Begegne den Dingen, bevor sie da sind“.

Eine von mir in meiner polizeilichen Praxis oft erfolgreich eingesetzte Methode war es, meine Stimme bei einem aggressiven Gesprächspartner immer weiter zu senken. So war er gezwungen seine Stimme ebenfalls immer weiter zu senken, um meine Argumente überhaupt noch hören zu können. Frei nach dem Motto: „Ich will schon wissen, gegen was ich bin und warum ich mich aufrege!“ Das mag banal klingen, aber oft sind die einfachsten Dinge die erfolgreichsten.

Warum solche Taktiken so wirkungsvoll funktionieren ist ganz einfach zu erklären. Aggressive Menschen erwarten von ihren (vermeintlichen) Opfern ein bestimmtes Verhalten. Beispielsweise Aggression gegen Einschüchterung oder Aggression gegen Gegenaggression. Durch unkonventionelle Verhaltensweisen bringt man den Gesprächspartner aus dem Konzept und zwingt ihn dadurch mit sanften Mitteln zu einer kompletten taktischen Änderung. Gleichzeitig nachzudenken und seine Aggressionen aufrechtzuerhalten, ist aber eine kaum zu schaffende kognitive Herausforderung.

Auf dieser Erkenntnis baut auch die durch verschiedene US-Serien einer breiten Bevölkerung bekannt gewordene Good Cop/Bad Cop-Methode auf. Der gute Polizist verhält sich gegenüber dem Verbrecher für diesen völlig überraschend wie ein guter Freund, während der böse Polizist dem Erwartungsbild in überzeichneter Form entspricht.

Daher kann auch das freundliche Anbieten einer Zigarette oder eine nette Argumentationsweise oder eine für den aggressiven Gesprächspartner überraschende Inschutznahme, diesen von seiner aggressiven Haltung erfolgreich abbringen.

Empfehlenswert ist es auch in den meisten Fällen, eine neutrale von beiden Parteien akzeptierte dritte Person zu dem Gespräch hinzuzuziehen. Vielen Menschen macht es nichts aus, gegen einen erkannten Feind aggressiv vorzugehen, aber für die meisten Menschen ist es schlimm, vor einem Unbeteiligten durch unangebrachtes Auftreten das Gesicht zu verlieren. Zudem wird eine Zeugensituation geschaffen.

Bleiben Sie immer hart aber fair! Machen Sie sich aber auch niemals zum Esel, sonst wird Ihr Gesprächspartner schnell versuchen auf Ihnen herumzureiten. Bleiben Sie immer ruhig, gelassen und sachlich! Nur so wirken Sie auf Ihren Gesprächspartner souverän. Verlieren Sie hingegen Ihre Souveränität, zum Beispiel weil Sie auf emotionale Angriffe ebenso reagieren, dann schaffen Sie dadurch erst den Raum für Aggressivität. Machen Sie immer den Unterschied zwischen verhandelbaren und nicht verhandelbaren Positionen deutlich. Letztere werden nur begründet, aber nicht diskutiert!

Schritt 6: Ist ein Kampf unvermeidlich, dann bekämpfe nur eine Front und Bauernopfer vor Königsopfer!

Ist eine verbale Auseinandersetzung aber nicht zu vermeiden, dann beachten Sie ein paar grundlegende Regeln, die schon der berühmte Militärtaktiker Carl von Clausewitz propagierte.

  1. Der General gehört auf den Feldherrenhügel!
  2. Ein Mehrfrontenkrieg ist auf die Dauer nicht zu gewinnen!

Im Schlachtgetümmel verliert man den Überblick über das große Ganze und mehrere unpopuläre Entscheidungen gleichzeitig zu vermitteln, kann einen nur bei schwachen Gesprächspartnern vor der sicheren Niederlage bewahren. Lassen Sie daher gegebenenfalls einen vertrauten Mitarbeiter die unpopuläre Entscheidung verkünden und wirken Sie selbst dabei mehr in der Rolle des Mediators.

Ich darf hier das berühmte Schachspiel zu Demonstrationszwecken heranziehen. Im Zweifelsfall führt den ersten Schlag der Bauer, um den Offizier zu schonen. Greifen Sie niemals zu Beginn des Spieles gleich mit der Dame oder dem König an, dass kann nur ins Auge gehen!

So schützen Sie sich vor möglichen körperlichen Angriffen

In seltenen Fällen kann es nun aber auch aufgrund von Kurzschlussreaktionen zu körperlichen Übergriffen kommen. Daher sollte man hierzu ein paar grundlegende Regeln beachten, die ich in meiner Zeit bei der Kriminalpolizei gelernt habe, bei denen oft Verbrecher vor meinem Schreibtisch saßen, deren Verhalten nicht immer sicher abzuschätzen war:

Wenn Sie sich nun die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, für seltene Fälle von körperlichen Angriffen gewappnet zu sein, so ziehe ich hier den Vergleich mit dem Sicherheitsgurt im Auto. Auch wenn man selbst selten im Leben in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt sein wird, so reicht einmal bereits aus, damit sich das Anschnallen auszahlt. Heutzutage würde wohl kaum jemand auf das Anschnallen verzichten, nur weil schwere Verkehrsunfälle in der persönlichen Erfahrung selten sind.

Zudem sind die wichtigsten Präventionsmaßnahmen mit verhältnismäßig geringem Aufwand zu treffen. Sollte es aber doch zu einer Konfrontation kommen und Sie selbst bisher noch kein Sicherheitstraining für Manager absolviert haben, dann finden Sie nachfolgend ein paar grundlegende Tipps der Kampftaktik:

Einen sehr großen Überlegenheitsvorteil bringt es bei allen Gesprächssituationen, wenn man in der forensischen Gesprächstechnik geschult ist. Das sichere und rechtzeitige Erkennen von Lügen- und Manipulationssignalen lässt oftmals eine Gesprächstaktik zu, die eskalierende Situationen von vornherein erst gar nicht entstehen lässt.

Denken Sie an Lao Tse: Begegnen Sie den Aggressionen bereits, wenn sie noch klein sind, bevor sie überhaupt richtig entstanden sind, denn dann sind sie am besten beherrschbar.

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